Ski-Ikone wird 60 Jahre alt Olympia-Held Markus Wasmeier liebt jetzt seine Schweine
09.09.2023, 06:57 Uhr
Markus Wasmeier nach seinem seinem Olympiasieg im Super-G am 17. Februar 1994 in Kvitfjell. Ein halbes Leben ist dieser Tag nun her.
(Foto: picture-alliance / dpa)
In Lillehammer gewann Markus Wasmeier 1994 Olympia-Gold im Super-G und Riesenslalom. Heute ist er Landwirt, Bierbrauer und Manager. Dabei bleibt "Wasi" genügsam. Nur an eine Aufgabe traut sich die deutsche Ski-Legende nicht ran.
Im suppigen Matsch zwischen Eberhard und Kunigunde fühlt sich Markus Wasmeier wohl. Die bulligen Wollschweine gehören mittlerweile zu den treuesten Begleitern der deutschen Ski-Legende. "Die Viecher sind der Wahnsinn. Die hören auf dich wie ein Hund", sagt Wasmeier und greift mit den Händen in das borstige Fell. Fast täglich spaziert der Doppel-Olympiasieger mit seinen tierischen Weggefährten durch sein Freiluftmuseum am Schliersee. "Das ist jetzt meine Heimat. Früher hatte ich eine andere. Aber ich bin und bleib der Wasi", stellt der bayerische Naturbursche klar.

"Die Viecher sind der Wahnsinn", sagt Wasmeier über seine Schweine Eberhard und Kunigunde.
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Mit Steilhängen, Riesenslalom-Stangen und 30-Meter-Sprüngen hat das heutige Leben Wasmeiers nichts mehr zu tun. Den griffigen Schnee hat der Outdoor-Freak längst gegen braunen Schlamm eingetauscht. Die deutschen Ski-Fans haben seine Wintermärchen aber auch Jahrzehnte später nicht vergessen. An diesem Samstag wird Wasmeier 60 und feiert "ganz gemütlich daheim mit der Familie". Genügsam war Wasi schon immer.
Fast 30 Jahre nach seinem Karriereende lebt Wasmeier heute am Schliersee. Seit 2007 betreibt er dort ein altbayerisches Dorf, in dem er Handwerkstraditionen erlebbar macht. "Ah, der Held höchstpersönlich", ruft ein Besucher und zückt die Kamera für ein Selfie. Schnell bildet sich eine kleine Schlange. "Wenn ich den Wasi schon mal treffe, brauch' ich natürlich ein Autogramm", sagt ein anderer Gast aufgeregt.
Eine Sache meidet Wasmeier
Zweimal Olympia-Gold 1994, ein WM-Titel 1985 und neun Weltcupsiege - und trotzdem ist Wasmeier nie abgehoben. Der Oberbayer ist bodenständig und tief verwurzelt in seiner Heimat geblieben. Über Begegnungen mit Fans freut er sich noch heute. "Letztens kam erst jemand, der das WM-Rennen in Bormio damals auf seinem kleinen Schwarz-weiß-Fernseher verfolgt hat und mich seitdem unbedingt treffen wollte", erzählt Wasmeier.
Während die Alpin-Legende über ihre Karriere sinniert, erwacht der Hof zum Leben. Die Hühner wuseln gackernd durch die Gassen, der Hofbäcker backt frisches Brot. "Es wird geschustert, geschmiedet und Bier wie vor 300 Jahren gebraut", sagt Wasmeier über sein Lebensprojekt nach der Ski-Karriere. 18 Häuser hat er auf dem rund sechs Hektar großen Gelände in traditionelle Handwerksstuben transferiert. "Ich bin jetzt Wirt, Schnapsbrenner, Manager oder Hausmeister", berichtet der ehemalige Skirennfahrer über seine neuen Rollen. Nur an die Buchhaltung traut er sich nicht ran. "Da gibt's Bessere. Ich muss nur wissen, um was es geht", sagt Wasmeier und muss lachen.
Sein heutiges Leben bezeichnet der Deutsche zwar als "komplett anders", Parallelen zu seiner aktiven Zeit sieht er trotzdem. "Ich habe schon immer verschiedene Aufgaben gebraucht. Ich wäre nie ein Skirennfahrer gewesen, der nur eine Disziplin fährt. Ich wollte immer alle fahren", sagt Multitalent Wasmeier. Titel holte er sich sowohl in der Abfahrt und dem Super-G als auch im Riesenslalom und in der Kombination. Der Drang, sich verschiedenen Herausforderungen zu stellen, ist geblieben. Ebenso die Liebe zum Skifahren.
Wasmeier wünscht sich einen grüneren Rennkalender
Auf die schmalen Bretter treibt es Wasmeier noch jeden Winter. "Wenn ich mal drei, vier Fahrten freie Bahn habe, der Schnee schön griffig ist und ich meine Schwünge ziehen kann, dann komme ich mir vor wie zu damaligen Zeiten", sagt die Alpin-Legende und ergänzt schulterzuckend: "Es kommt mir leider nur so vor." Hier und da zwickt es dann doch. "Die Technik ist noch da, aber der Körper nicht mehr ganz so. Wenn ich ein paarmal fahre, merke ich schon: Hoppala, die Knie brennen ein wenig", berichtet Wasmeier. Immerhin: "Die Hüfte funktioniert trotz zwei künstlicher Gelenke sensationell."
Obwohl Wasmeier die Weltcup-Rennen längst nicht mehr für die deutschen TV-Sender begleitet, bleiben ihm die besorgniserregenden Entwicklungen im Kalender nicht verborgen. "Einfach pures Chaos, seit (Präsident) Johan Eliasch an der Spitze des Weltverbandes ist", meint Wasmeier. Ein Saisonstart im Oktober und zwei USA-Reisen bei den Männern haben für den Experten "absolut nichts" mit Nachhaltigkeit zu tun. "Der checkt's einfach nicht. Was soll das Hin und Her. Der Eliasch fährt das ganze Ding an die Wand und verschwendet keinen Gedanken an ökologische Dinge", kritisiert Wasmeier weiter.
Hätte er einen Wunsch zum 60. Geburtstag frei, würde sich Wasmeier wohl einen grüneren Rennkalender wünschen. "Und dass meine Liebsten einfach alle gesund bleiben", sagt der Oberbayer. Besondere Pläne für die nächsten Jahre hat er nicht. "Vielleicht geht's paarmal zu meinem Sohn nach Indonesien. Gibt ja schlechtere Ziele", findet Wasmeier. Dann muss er in die nächsten Kameras lächeln. Die Fans warten schon.
Quelle: ntv.de, Jordan Raza, dpa