Olympia-Tür noch nicht zu Pechstein darf weiter hoffen
24.01.2010, 14:24 UhrDie Spekulationen über eine Teilnahme der wegen Blutdopings gesperrten Eisschnellläuferin Claudia Pechstein an den Olympischen Winterspielen in Vancouver erhalten neue Nahrung. Doch während DOSB-Präsident Thomas Bach eine nachträgliche Nominierung weiter für möglich hält, sieht DESG-Boss Gerd Heinze die Zeit davonlaufen.
Der "Notfallplan" sieht sogar ein Last-Minute-Ausscheidungsrennen für Claudia Pechstein vor, doch Verbandspräsident Gerd Heinze verliert die Zuversicht. Mit jeder vergehenden Stunde sinken die Chancen der Berlinerin auf einen sechsten Olympia-Start. "Die Tragik wird nur hinaus gezögert, meine Hoffnungen sind nicht mehr sehr groß", räumte Heinze, Präsident der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG), ein und machte überraschend schon den kommenden Mittwoch als letzte "Galgenfrist" für die bis zum 8. Februar 2011 gesperrte Olympiasiegerin aus. "Zwar ist erst am 29. Januar offiziell Meldeschluss für Olympia. Aber wenn die Schweizer Richter bis zum 27. ihre Sperre nicht aussetzen, wäre das rein logistisch für Olympia wohl nicht mehr zu managen", so Heinze bei der Shorttrack-EM in Dresden.
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und sein Präsident Thomas Bach halten die Nach-Nominierung Pechsteins dagegen weiter bis zum 29. Januar für möglich. "Ich spekuliere nicht über den Ausgang des Gerichtsentscheids und auch nicht über den Zeitpunkt. Aber ich kann nur einräumen: Bis zum 29. Januar sind Nominierungen möglich. Und dazu wäre auch ein schriftlicher Vorschlag der DESG nötig", sagte Bach. Zumindest bis dahin ist das Thema für die Sportführung nicht vom Tisch. Noch immer hofft Pechstein die erlösende Reaktion des Schweizer Bundesgerichts auf ihren Eilantrag herbei, die ihr einen Start bis zum Hauptverfahren einräumen könnte. "Ich bin froh, dass mir der DOSB die Tür noch bis Freitag offenhält, um mich vielleicht doch noch zu nominieren", sagte sie.
Kein Disput mit dem DOSB
Doch Heinze glaubt kaum noch an ein positives Ende der zähen Hängepartie. Einen Konflikt mit dem DOSB nach Differenzen um einen Nominierungs-Vorschlag seines Verbandes sieht er auch nicht. "Alle Schritte waren vertrauensvoll mit dem DOSB abgestimmt. Und das hieß: So lange die Schweizer nicht entscheiden, ist der Fall Pechstein nicht akut. Wie ich das dann medial verkaufe, ist allein eine Frage der Interpretation", sagte Heinze. Seit Saisonbeginn stehe Pechstein in einer Excel-Datei der DOSB-Leistungsplaner, die stetig aktualisiert werde. Daher sei bisher kein Extra-Papier nötig gewesen.
"Eine große Verwirrung hat es nie gegeben. Und wir lassen auch nicht zu, dass ein Keil zwischen uns und den DOSB getrieben wird", so Heinze, der zuvor jedoch von "spitzfindigen Formulierungen und einer außenpolitischen Darstellung des DOSB" gesprochen hatte. Bach hatte bei der Nominierungs-Pressekonferenz erklärt, es läge keine DESG- Antrag zum Fall Pechstein vor.
Ausscheidungsrennen bei Starterlaubnis
"Ich habe Thomas Bach vergangenen Donnerstag bei der Einkleidung des Olympia-Teams gesprochen. Dabei haben wir geklärt, wie mit dem Fall umgegangen wird, damit es keine adhoc-Entscheidung gibt", berichtete Heinze. Somit werde sich die DOSB-Präsidialkommission des Falles annehmen, falls die Richter noch einmal die Tür für Pechsteins Start in Vancouver öffnen. Auch zwischen Bach und Pechstein bestünde ein individueller Kontakt. Sollten die Schweizer noch für eine Überraschung sorgen, würde im Olympic Oval in Richmond ein Rennen über ihren Olympia-Einsatz im Team oder auf den langen Strecken entscheiden, offenbarte Heinze.
Doch selbst mit einer Olympia-Nominierung ist der Fall nicht ausgestanden. Die Entscheidung über den Eilantrag bedeutet keinen Freispruch für Pechstein. Bisher haben Bundesgerichte nur im Fall des argentinischen Tennis-Profis Guillermo Canas ein Urteil der obersten Sportgerichtshofes CAS revidiert. "Und selbst wenn der DOSB Claudia nominieren würde, weiß keiner, wie das IOC darauf reagiert", bedenkt Heinze. Der Eislauf-Weltverband ISU hält sich bedeckt. "Ich könnte viel sagen. Aber manchmal ist es besser, nichts zu sagen. Kein Kommentar", sagte der ISU-Repräsentant Jan Dijkema in Dresden.
Quelle: ntv.de, sid/dpa