Starke Indizien für Blutdoping Pechstein gesperrt
03.07.2009, 18:43 UhrDie fünfmalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein ist von der Internationalen Eislauf-Union (ISU) wegen Blutdopings für zwei Jahre gesperrt worden. Da die Sperre nicht auf einem positiven Testergebnis beruht, sondern nur auf Indizien, will Pechsteins Anwalt beim Internationalen Sportgerichtshof CAS Einspruch gegen das Startverbot einlegen.
Wie die ISU mitteilte, wurden bei der 37-Jährigen im Februar bei der Mehrkampf-WM im norwegischen Hamar auffällige Blutwerte festgestellt. Die Berlinerin wurde deshalb für zwei Jahre bis zum 9. Februar 2011 gesperrt. Pechstein, die Deutschlands erfolgreichste Winterolympionikin ist, könnte damit nicht an den Spielen 2010 in Vancouver teilnehmen.
Ihr Anwalt Simon Bergmann kündigte allerdings bereits an, die Sperre vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne anzufechten: "Es hat keinen positiven Dopingbefund gegeben. Claudia ist anhand von Indizien verurteilt worden. Wir legen natürlich Einspruch vor dem CAS ein."
Anomale Blutwerte
Die ISU verwies in ihrem Statement auf "auffällige Werte und auffällige Veränderungen der Werte in einer Serie von Tests (vor allem in den Tests, die während der Mehrkampf-Weltmeisterschaften am 7. und 8. Februar 2009 in Hamar durchgeführt wurden)". Nach Angaben der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) handelt es sich um eine erhöhte Anzahl von Retikulozyten, einer Vorstufe der roten Blutkörperchen.
In der Disziplinarkommission der ISU, die die Sperre aussprach, hatten sich drei Funktionäre zu einem Urteil durchgerungen - obwohl auch einige Gutachter eingeräumt hatten, dass die anomalen Blutwerte Pechsteins auch durch andere Ursachen hervorgerufen werden könnten.
"Wenn die ISU es mitteilt, wird es wohl stimmen", reagierte Gerd Heinze, Präsident der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG), gegenüber der dpa betroffen: "Es ist eine große Tragik, aber das ist noch nicht das Ende. Deshalb will ich im Moment nicht mehr sagen." In einer offiziellen Stellungnahme kündigte die DESG inzwischen gemeinsam mit Pechsteins Anwälten an, die Sperre anzufechten. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gelte für die Athletin die Unschuldsvermutung.
Geheimnisvolle Bluterkrankung als Ursache
Anwalt Bergmann erklärte, dass die Veränderungen im Blutprofil möglicherweise mit einer nicht näher benannten genetischen Blutkrankheit zu erklären seien, unter der Pechstein möglicherweise leide. Ein Test auf diese Krankheit dauere bis zu einem Dreivierteljahr.
Erste Doping-Verdächtigungen gegen die deutsche Läuferin waren im vergangenen Winter aufgetaucht, als sie einen im Vergleich zu den Vorjahren großen Leistungssprung machte. Beim Weltcup in Moskau siegte sie erstmals seit Jahren wieder mit Top-Zeiten. Im Januar gewann sie bei den Mehrkampf-Europameisterschaften im niederländischen Heerenveen nach 1998 und 2006 zum dritten Mal den Titel.
Vorzeitiges Saisonende
Die Titelkämpfe in Hamar brach Pechstein nach dem ersten Wettkampftag vorzeitig ab. Als Grund für ihren Verzicht auf die 1500 und 5000 Meter gab sie damals eine grippale Erkrankung an. Nach ihrer vorzeitigen Abreise aus Hamar absolvierte Pechstein kein einziges Rennen mehr und sagte auch ihre Teilnahme am Saisonhöhepunkt, der Einzelstrecken-WM in Vancouver, ab. Offizielle Begründung: Trainingsrückstand.
In der Olympiastadt Vancouver sorgte dann die niederländische TV-Moderatorin Ria Visser mit Dopinganschuldigungen gegen das deutsche Team für Aufsehen. Namentlich nannte sie Pechstein, ohne allerdings stichhaltige Beweise vorlegen zu können. Die DESG verwahrte sich gegen die Anschuldigungen und drohte mit einer Klage gegen die Ex-Eisschnellläuferin, zu der es aber nie kam.
Der Eisschnelllauf ist in den vergangenen Jahren von spektakulären Dopingfällen verschont geblieben. Die einzigen größeren Fälle waren die der weißrussischen Sprinterin Angelika Kotjuga im Jahr 2005 und der Russin Sevtlana Fedotkina im Jahr 1996. Vor kurzem sorgte in den Niederlanden ein 15-Jähriger Nachwuchsläufer für Schlagzeilen, in dessen Körper ein um das 35fache erhöhter Nandrolon-Wert festgestellt wurde.
Quelle: ntv.de, dpa/sid