Ehrgeizig, bodenständig und auch zickig Pechstein von Siegen gekrönt
25.11.2009, 17:18 Uhr
Pechstein ist rückwirkend vom 8. Februar 2009 bis zum 7. Februar 2011 gesperrt.
(Foto: AP)
Im Training konnte sie sich quälen wie einst nur die große Gunda Niemann-Stirnemann. Lange galt sie als eines der typischen Produkte des DDR-Sports: Claudia Pechstein war immer dann topfit, wenn es darauf ankam. Nicht umsonst ist sie mit fünf Olympiasiegen und vier weiteren Medaillen die erfolgreichste Winter-Olympionikin Deutschlands. Auch Rekorde sammelte sie wie am Fließband: Bis zu ihrer Sperre errang sie als einzige Athletin der Welt bei jeder Einzelstrecken-WM eine Medaille, stellte sechs Weltrekorde auf.
53 mal Edelmetall bei Olympia, Welt- und Europameisterschaften erkämpfte die 37-jährige Berlinerin, die seit Jahren mit ihrem Mann in einem Einfamilien-Haus im brandenburgischen Diensdorf-Radlow am Scharmützelsee lebt, in ihrer über 20 Jahre währenden Sportkarriere. Eine Bilanz, die keine andere Eisschnellläuferin aufweisen kann.
Schon als Teeny Weltspitze

Pechstein nach dem Gewinn der Goldmedaille über 5000 Meter während der Olympischen Spiele 2002.
(Foto: dpa)
Pechsteins Laufbahn beginnt mit vier Jahren, als sie ihre Mutter zum regelmäßigen Eiskunstlaufen in die Berliner Eissporthalle nach Hohenschönhausen mitnimmt. Sechs Jahre später wechselt sie die Kufen: Als Eisschnellläuferin geht sie den Weg über die Kinder- und Jugendsportschule, die in der DDR übliche Talente-Sichtung bei "Spartakiaden" und ist schon im Junioren-Alter Weltspitze.
Mit 19 Jahren startet sie in ihrer Heimatstadt erstmals bei einem Weltcup und qualifiziert sich auf Anhieb für die EM 1991. Erstmals in den Fokus der Öffentlichkeit läuft sich Pechstein durch den Gewinn von Olympia-Bronze in Albertville. Zwei Jahre später ist sie ganz oben angekommen: Bei den Olympischen Winterspielen in Lillehammer gelingt Pechstein über ihre Spezialdistanz von 5000 Metern auf der Bahn in Hamar der Überraschungserfolg über Top-Favoritin Gunda Niemann. Auch bei der ersten Einzelstrecken-WM 1996 steht sie an gleicher Stelle zwei Jahre später auf dem höchsten Treppchen des Siegerpodests. Insgesamt fünf weitere WM- und drei EM-Titel folgen in den kommenden zwölf Jahren.
Erfolgreichste Winter-Olympionikin Deutschlands
Ihre Sternstunde erlebt Claudia Pechstein im Februar 2002 in Salt Lake City: Mit dem dritten Olympia-Gold über 5000 Meter und dem erstmaligen Gewinn der 3000 Meter - beide Strecken in Weltrekordzeiten - krönt sie sich mit nunmehr insgesamt vier Olympia-Triumphen zur erfolgreichsten deutschen Winter-Olympionikin und sticht dabei auch die Erzrivalin Anni Friesinger aus.
Der "Zickenkrieg" zwischen den beiden deutschen Top-Läuferinnen beschäftigt über Jahre die Eisschnelllauf-Welt. Über die Medien greifen sich die Stars ständig gegenseitig an und scheffeln Aufmerksamkeit, die beiden später Werbe-Millionen in die Taschen spült wie noch nie einem deutschen Athleten der Randsportart Eisschnelllauf. Von "Claudia Goldstein" schreiben die Zeitungen, nachdem Pechstein mit einer schwarz-rot-goldenen Perücke ihre Ehrenrunden im Olympic Oval von Salt Lake City dreht.
Spekulationen um Leistungsschub
Nach dem fünften Olympiasieg 2006 - diesmal in der Team-Verfolgung sogar gemeinsam mit Friesinger - wird es ruhiger um Pechstein. Nachdem ihr langjähriger Coach Joachim Franke in Pension geht und im deutschen Verband eine Zentralisierung der Trainingsgruppen bei Damen und Herren erfolgt, schließt sich die Berlinerin der norwegischen Auswahl unter Führung von Trainer Peter Mueller an. Doch vierte und fünfte Plätze stellen sie nicht zufrieden.
Als "Wiedergeburt" wird daher der Weltcup in Moskau im November 2008 angesehen, als Pechstein plötzlich mit Traumzeiten über 1500 und 5000 Meter für Aufsehen sorgt. Konkurrenten werden durch diese Zeiten stutzig und streuen hinter vorgehaltener Hand Gerüchte, dass die Leistungen von einer 36-Jährigen nicht unter regulären Bedingungen zustande gekommen sein könnten. Diese Leistungssteigerung untermauert Pechstein mit ihrem triumphalen dritten EM-Erfolg in Heerenveen: Mit 36 Jahren ist sie die älteste Europameisterin der EM-Geschichte. Die Spekulationen um ihren Leistungsschub gehen weiter, bis sie wenige Wochen später wegen erhöhter Werte aus dem Verkehr gezogen wurde.
Quelle: ntv.de, Frank Thomas, dpa