Sport

Kein versehentlicher Schuss Polizist unter Totschlagsverdacht

Der 32 Jahre alte italienische Verkehrspolizist Luigi Spaccarotella, der am Sonntag auf einer Autobahnraststätte in der Nähe der toskanischen Stadt Arezzo den Fußballfan Gabriele Sandri erschossen hat, gerät immer stärker unter Druck. Nach Angaben von Innenminister Giuliano Amato habe sich der Schuss doch nicht aus Versehen aus der Waffe des Beamten gelöst. Gegen Spaccarotella werde nun wegen möglichen Totschlags ermittelt.

Die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Ordnungshüter von der anderen Seite der Autobahn mit ausgestreckten Armen geschossen habe, erklärte Amato in einer Ansprache vor dem Parlament. Zeugen hatten berichtetet, dass Spaccarotella mit gestrecktem Arm auf das Auto mit dem Fan von Lazio Rom geschossen hatte, vermutlich um die Reifen zu treffen.

Der Polizist hatte bislang behauptet, dass sich der zweite, tödliche Schuss aus seiner Dienstwaffe versehentlich gelöst habe. Nach dem Tod von Sandri war es im Land des Weltmeisters zu einer Welle von Gewalt durch Hooligans gekommen.

Stopp der Serie A gefordert

Italiens Nationalmannschaftsmanager Gigi Riva forderte einen kompletten Stopp der Serie A. "In Italien ist es zu Situationen wie in einem Bürgerkrieg gekommen. Wir müssen die Meisterschaft abbrechen, bis man das Problem der Gewalt gelöst hat", sagte Riva.

Der italienische Fußball-Verband FIGC hatte am Montag auf Drängen von Sportministerin Giovanna Melandri am kommenden Wochenende eine Spielpause für die Serie B und C beschlossen. Die Serie A hat wegen der EM-Qualifikation ohnehin spielfrei. Insgesamt fallen 56 Spiele aus.

"Umstürzlerische Kreise"

Die italienische Regierung hält die Gewalt-Exzesse von Fußball-Hooligans am Sonntag für gezielte und geplante terroristische Aktionen. Innenminister Giuliano Amato sprach von "umstürzlerischen Kreisen, die Jugendliche als bewaffnete Kämpfer gegen die Polizei einsetzen". Allein am Dienstagvormittag wurden laut Amato 18 weitere Hooligans in Gewahrsam genommen.

Nach einem Bericht des Innenministeriums sei es "offensichtlich, dass die Hooligans Propaganda für eine gewalttätige Opposition zum institutionellen System machen". Die Polizei sprach nach dem Angriff von rund 400 Hooligans auf eine Polizeikaserne in Rom von einer "fast militärischen Präzision mit einer offensichtlich einstudierten und umgesetzten Strategie".

Den in Rom festgenommenen Randalierern drohen derweil Haftstrafen von fünf bis zehn Jahren. Das berichtet die "Gazzetta dello Sport". Die Staatsanwaltschaft in Rom hatte am Montag erstmals Fußball-Anhänger wegen "terroristischer Aktionen" angeklagt.

Stars drohen mit Weggang

Auch Italiens Fußballstars wollen die Zerstörung ihres Sports durch kriminelle Fans nicht länger hinnehmen und drohen mit einer Abwanderung ins Ausland. "Basta! Diese Ausschreitungen töten unseren Sport", warnte AC Mailands Brasilianer Kak und drohte den Tifosi: "Die Stars werden aus Italien weggehen".

Die italienischen Nationalspieler wollen sich ebenfalls nicht länger zu "Geiseln radikaler Fans" machen lassen. Nationaltrainer Roberto Donadoni verurteilte die Krawalle nach dem Tod des Lazio-Anhängers auf das Schärfste: "Das ist zum Kotzen!"

Keine Kinder mit ins Stadion

"Ich hatte gedacht, mit der Tötung des Polizisten Filippo Raciti im Februar in Catania sei der Tiefpunkt erreicht gewesen, aber unser Job wird immer schwieriger", klagte Nationalstürmer Vincenzo Iaquinta im Trainingslager vor dem entscheidenden EM-Qualifikationsspiel am Samstag in Schottland, bei dem der Weltmeister nicht verlieren darf.

Iaquinta geht es wie vielen echten Fans: "Ich würde heutzutage kein Kind mehr mit ins Stadion nehmen".

Quelle: ntv.de

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