UCI gegen Wada-"Schauprozess" Rasmussen will weitermachen
27.07.2007, 10:48 UhrDer von der Tour de France ausgeschlossene Michael Rasmussen hat einen Rücktritt vom Profi-Radsport kategorisch ausgeschlossen. "Ich kann versichern, dass ich meine Karriere als Fahrer nicht beenden werde", sagte Rasmussen der dänischen Tageszeitung "Politiken". Zur Entkräftung aller Vorwürfe heuerte Rasmussen derweil einen dänischen Spitzenanwalt an. Wie die zuständige Kopenhagener Kanzlei bestätigte, soll der Prominentenanwalt Karoly Nemeth Rasmussen vertreten. Der Däne war vor zwei Tagen als Träger des Gelben Trikots von Rabobank entlassen worden, weil er zur Umgehung von Dopingkontrollen falsche Angaben über seinen Aufenthaltsort gemacht haben soll.
Aus der Anwaltskanzlei wurde weiter mitgeteilt, dass erst in einigen Tagen geklärt sei, in welcher Weise Rasmussen juristisch vorgehen will. Bislang wollten weder der Profi selbst noch Nemeth sich äußern. Der Däne hatte die Vorwürfe von Rabobank zurückgewiesen und erklärt, er sei zum fraglichen Zeitpunkt wie angegeben in Mexiko gewesen. Zeugen wollen ihn in dagegen in Italien gesehen haben.
Konsequent uneinsichtig
"Ich bin immer noch sehr, sehr betrübt. Ich kann immer noch nicht verstehen, was passiert ist", betonte Rasmussen. Er warf den Team-Verantwortlichen vor, ihm den Gesamtsieg bei der Frankreich-Rundfahrt "geraubt" zu haben. "Es ist kein Geheimnis, dass ich wütend auf Rabobank-Teammanager Theo de Rooy bin. Die Entscheidung beruhte allein auf seiner Initiative", erklärte der Däne.
Rasmussen sagte, er fühle sich nicht verpflichtet, öffentlich über seinen Aufenthalts-Ort während der Tour-Vorbereitung im Juni Auskunft zu geben. Ihm wird vorgeworfen, er habe entgegen seiner Angaben nicht in Mexiko trainiert, sondern in Italien. Wegen dieser Verschleierung sei er suspendiert worden, erklärte das Team Rabobank.
Dubioser Exot
In dänischen Medien widersprach Rasmussen jedoch erneut den gegen ihn erhobenen Anschuldigungen. Gegenüber der Zeitung "Berlingske Tidende" beteuerte der Däne: "Ich bleibe dabei, dass ich in Mexiko war. Das ist, was ich dem Team gesagt habe. Und ich will betonen, dass ich während der Tour 15 mal negativ getestet worden bin."
Rasmussen gilt als Exot im Profi-Radsport. Der ehemalige Mountainbike-Weltmeister stammt aus dem Flachland - und ist seit drei Jahren der stärkste Kletterer auf der Große Schleife. Im Kampf Rasmussen gegen alle war der dünne Däne im Gebirge stets der Stärkere geblieben und hatte fast ein Abonnement auf das gepunktete Trikot. Diesmal wollte er sich in Paris zum dritten Mal in Folge zum "Bergkönig" krönen lassen - und zum neuen Triumphator in Gelb.
Kein Test nirgends
Seine Eigenwilligkeit in sportlichen Dingen überträgt er auch auf den organisatorischen Bereich. Aus Trainingsaufenthalten in Mexiko, wo seine Familie lebt, resultierte 2006 eine Mitgliedschaft in der dortigen Radsport-Föderation. Das europäische Doping-Kontrollsystem war fern. Auch 2007 hat der in Italien am Gardasee lebende Däne eine eher "exotische" Profilizenz gelöst.
Er hat beim monegassischen Verband angeheuert. Mexiko und Monaco - nicht unbedingt Verbände mit großer Erfahrung im Profiradsport oder gar im aktuellen Anti- Dopingkampf. Bei der Tour gestand er, in den letzten drei Jahren weder in Mexico noch Monaco je kontrolliert worden zu sein.
Dem Weltverband UCI war Rasmussen jedoch nicht erst durch die verpassten Kontrollen seines Landesverbandes aufgefallen, wofür er insgesamt vier Mal verwarnt wurde. In Italien wurde er zuvor schon öfter beobachtet, wie er in neutralem Dress trainierte - angeblich, um sich vor Belästigungen durch Cyclo-Touristen zu schützen. Die UCI wertete das als Versteckspiel vor den Kontrolleuren. Dasselbe Katz-und-Maus-Spiel war auch dem Astana-Team vorgeworfen worden.
Moreni droht Kündigung
Der bei der Tour des Testosteron-Dopings überführte Italiener Cristian Moreni ist am Donnerstag von der französischen Polizei mehrere Stunden verhört. Der Italiener war nach der elften Etappe der Frankreich-Rundfahrt positiv getestet worden und muss nun mit weiteren Ermittlungen der französischen Justiz rechnen.
Morenis Arbeitgeber, das Cofidis- Team, kündigte an, den Vertrag mit dem 35-Jährigen aufzulösen. Der Rennstall, der zur acht Team umfassenden "Allianz der Sauberen" gehört, war wegen des Dopingvergehens aus der Tour ausgestiegen.
Krisengipfel oder Kampagne?
Unterdessen sorgt der von der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA initiierte Anti-Dopinggipfel für den Radsport für großen Unmut beim Radsport-Weltverband UCI. Man werde sich nicht an einem "Schauprozess" beteiligen, hieß es in einer UCI-Stellungnahme.
Aus WADA-Sicht sei der Gipfel "dringend erforderlich", um nach den zahlreichen Skandalen der letzten Zeit nach Wegen zu suchen, die die Glaubwürdigkeit des Sports wieder herstellen könnten. Man wolle in den nächsten Tagen dazu die UCI sowie Veranstalter, Teams, Profis und Mediziner einladen, kündigte WADA-Direktor David Howman an.
Für eine derartige "Farce" werde man sich aber nicht zur Verfügung stehen, hieß es in der UCI-Erwiderung. Die WADA stelle den Weltverband dafür an den Pranger, dass seine effektiven Kontrollen zur Überführung von Dopingsündern geführt hätten. WADA-Chef Dick Pound setze seine Kampagne gegen den Radsport fort, obwohl er erst jüngst in einem Leserbrief an die britische Zeitung "The Guardian" die Anstrengungen der UCI ausdrücklich gewürdigt habe.
Quelle: ntv.de