Ohne Abschied in den Urlaub Reimann gefeuert
27.05.2004, 13:16 UhrFünf Tage nach dem Abstieg in die zweite Fußball-Bundesliga hat Eintracht Frankfurt Konsequenzen gezogen und Trainer Willi Reimann mit sofortiger Wirkung entlassen. Reimann erfuhr es beim Frühstück auf seiner Urlaubsinsel Sylt, wohin ihm Vorstandschef Heribert Bruchhagen hinterhergeflogen war.
"Wir müssen einen Neuanfang starten. Nach einer gründlichen Analyse sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir dies mit einem neuen Trainer machen wollen", erklärte Eintrachts Vorstandsboss Heribert Bruchhagen.
Da Reimann bei der Eintracht noch einen Vertrag bis 30. Juni 2005 besitzt, muss der künftige Zweitligist tief in die Tasche greifen. Die Abfindung beläuft sich auf etwa 380.000 Euro. Bruchhagen wollte sich zum finanziellen Aspekt der Entlassung nicht äußern.
Ein Nachfolger für den 54 Jahre alten Reimann, der die Eintracht im Sommer 2002 übernommen und ein Jahr später in die Bundesliga geführt hatte, steht noch nicht fest. "Wir haben bisher mit keinem einzigen Trainer gesprochen und werden uns bei der Suche die nötige Zeit nehmen", erklärte Bruchhagen. Die Eintracht strebt in der 2. Bundesliga den sofortigen Wiederaufstieg in die Beletage des deutschen Fußballs an. Dafür war Reimann nach Ansicht des Vorstands nicht der geeignete Mann.
Der Eintracht-Chef fand zum Abschied zwar einige lobende Worte für den Coach, doch die Basis für eine weitere Zusammenarbeit war längst nicht mehr gegeben. "Einige Dinge, die er gemacht hat, waren nicht okay", sagte Bruchhagen im Rückblick. So hatte sich Reimann nach dem letzten Bundesligaspiel am vergangenen Samstag beim Hamburger SV (1:2) den Unmut der Mannschaft und Führungsetage zugezogen, als er eine Stunde nach Spielschluss ohne Verabschiedung in den Urlaub nach Sylt aufgebrochen war. Bruchhagen: "Das war keine kluge Entscheidung von Herrn Reimann."
Auch die Mannschaft hatte sich zuletzt unverhohlen gegen Reimann ausgesprochen. Spielmacher Ervin Skela machte eine Vertragsverlängerung sogar von einem Trainerwechsel abhängig. Die Spieler klagten zuletzt nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand über gravierende Kommunikationsprobleme mit dem Ex-Profi.
Reimann hatte in der abgelaufenen Saison kaum ein Fettnäpfchen ausgelassen und sich zunehmend ins Abseits manövriert. Negativer Höhepunkt war der Ausraster gegen den vierten Schiedsrichter beim 0:2 in Dortmund, wofür der oft stur wirkende Westfale fünf Spiele Innenraumverbot erhielt. Dadurch konnte er der Mannschaft in der vorentscheidenden Saisonphase nicht helfen. Nachdem auch die Fans verstärkt die Ablösung des Trainers gefordert hatten, war der Druck auf den Vorstand immer größer geworden.
Bruchhagen muss nun einen Trainer finden, der einerseits in das niedrigere Gehaltsgefüge passt und andererseits die hohen sportlichen Ziele der Frankfurter verwirklichen kann. Reimann verdiente bei der Eintracht 32.000 Euro im Monat. Zu einer Stellungnahme war er am Donnerstag nicht erreichbar. So blieb zum Abschied nur Bruchhagens Einschätzung: "Ich hatte den Eindruck, dass er enttäuscht war."
Quelle: ntv.de