Sport

Nach 14 Jahren wieder eine Deutsche im Wimbledon-Finale Sabine Lisicki eifert Steffi Graf nach

Happy End im Halbfinal-Krimi: Sabine Lisicki schlägt Agnieszka Radwanska.

Happy End im Halbfinal-Krimi: Sabine Lisicki schlägt Agnieszka Radwanska.

(Foto: AP)

Serena Williams hat sie vom Platz gefegt, Kaia Kanepi niedergerungen, und jetzt dieser Halbfinal-Krimi: Im dritten Satz muss Sabine Lisicki weite Wege gehen, um schließlich die Polin Agnieszka Radwanska aus dem Turnier zu werfen. Damit kann der Traum aller deutschen Tennis-Fans nun wahr werden: wieder eine Wimbledon-Siegerin bejubeln zu können.

Mit einem Schlag löste sich die ganze Anspannung. Die Last der Geschichte, der Erwartungsdruck, die nervliche Belastung des Halbfinalkrimis - alles fiel von Sabine Lisicki ab. Mit einer gezielten Vorhand hatte sie ihren zweiten Matchball gegen Agnieszka Radwanska verwandelt und war 14 Jahre nach Steffi Graf ins Finale von Wimbledon eingezogen. In ihrer Box feierten die Eltern Richard und Elisabeth das 6:4, 2:6, 9:7 ihrer Tochter. Nur noch ein Schritt fehlt Lisicki, um nach Cilly Aussem und Graf als dritte Deutsche das bedeutendste Tennisturnier der Welt zu gewinnen.

"Ich kann nicht glauben, dass ich im Finale stehe", sagte Lisicki und strahlte übers ganze Gesicht. "Die letzten Spiele waren so aufregend, wir haben beide so hart gekämpft. Es war eine Schlacht da draußen, aber ich habe immer daran geglaubt, dass ich das Match gewinnen kann. Egal wie der Spielstand war."

Die Glückwünsche von allerhöchster Stelle folgten prompt. "Super Sabine! Unglaublicher Kampf, toll wie Sabine Lisicki gegen Agnieszka Radwanska ihre Ruhe und Nerven behalten hat und selbst nach einem Rueckstand von 0:3 im dritten Satz wieder zu ihrem Spiel gefunden hat", schrieb Steffi Graf auf Facebook. "Wir werden alle im Finale mitfiebern und drücken ihr fest die Daumen!!!" "Sabine Lisicki rocks!!!! Aber du musst es noch einmal machen baby", twitterte Wimbledon-Champion Boris Becker.

Briten feiern "Boom Boom Bine" und "Doris Becker"

Im Endspiel am Samstag (14.00 Uhr MESZ) gilt die blonde Berlinerin als Favoritin, auch wenn die Französin Marion Bartoli in ihrem Halbfinale wie ein Wirbelwind über die angeschlagene Kirsten Flipkens aus Belgien hinwegfegte. Nur 62 Minuten brauchte die Finalistin des Jahres 2007 für den 6:1, 6:2-Erfolg und damit 66 Minuten weniger als Lisicki. Die hat in diesen Tagen von Wimbledon jedoch nicht nur Titelverteidigerin Serena Williams und nun Vorjahresfinalistin Radwanska aus dem Turnier geworfen, sie hat auch das Publikum auf ihrer Seite.

Radwandska brachte es nicht übers Herz, Lisicki in die Augen zu schauen.

Radwandska brachte es nicht übers Herz, Lisicki in die Augen zu schauen.

(Foto: REUTERS)

Die Briten feiern "Boom Boom Bine" bei jeder Gelegenheit und preisen die aufschlagstarke Deutsche aufgrund ihrer emotionalen Auftritte auf dem Court als "Doris Becker". Gegen Bartoli hat Lisicki zudem eine positive Bilanz. Dreimal schlug sie die Nummer 15 im Ranking bisher, nur die erste Begegnung, 2008 in Wimbledon im zarten Alter von 18 Jahren, verlor Lisicki. Für diese Niederlage revanchierte sich Lisicki im Viertelfinale 2011, als sie erstmals das Halbfinale im All England Club erreichte. Damals verpasste sie den großen Wurf gegen Maria Scharapowa, nun war sie bereit und revanchierte sich damit auch für ihre Fed-Cup-Kollegin Angelique Kerber, die im vergangenen Jahr das Halbfinale gegen Radwanska verloren hatte. Die 24-Jährige war tief  enttäuscht und würdigte Lisicki nach dem Match keines Blickes: "Mir  war einfach nicht danach", erklärte sie ihren Abgang: "Soll ich nach so einem Match etwa tanzen?"

Die 15.000 Zuschauer auf dem Centre Court, unter ihnen Sir Cliff Richard in der königlichen Loge, staunten zu Beginn der Partie nicht schlecht, als Lisicki zu Beginn der Partie ihr gewohntes Power-Tennis mit Elementen mixte, die man eher von der spielfreudigen Radwanska erwartet hatte. Sie streute die Kombination "Stopp-Lob" ein und spielte Winkelbälle, um die an beiden Oberschenkeln bandagierte Polin zum Laufen zu bringen. Ihren vierten Breakball verwandelte sie zum 4:3 und sicherte sich Satz eins. "Komm jetzt", feuerte sie sich selbst an. Bundestrainern Barbara Rittner klatschte erleichtert.

In der Heimat ist der Teufel los

Auch in der Heimat fieberten die Fans mit, der Lisicki-Hype war längst hinübergeschwappt. Bei ihrem Klub Rot Weiß in Berlin-Grunewald saßen 50 Fans vor dem Bildschirm. Seit 2000 ist Lisicki, die eigentlich in Bradenton/Florida lebt, in dort gemeldet, "bereitet sich hier auf Turniere vor und muss immer viel Fanpost abholen", wie Eberhard Wensky, langjähriger Turnierdirektor der German Open, verriet. Auch in Troisdorf, Lisickis Geburtsort, hatten sich die Mitglieder des TC Rot-Weiß im Klubhaus vor dem Fernseher versammelt. Dort hatte Lisicki noch vor zehn Jahren aufgeschlagen.

Als Radwanska Satz zwei gewann, stieg die Nervosität. Lisicki produzierte mit ihrem offensiven Stil mehr Fehler als Gewinnschläge, Radwanska spielte solide weiter. Der Weltranglistenvierten unterliefen wie gewohnt kaum unnötige Fehler und so ging sie im dritten Satz 3:0 in Führung. Lisicki kannte die Situation, sie hatte diesen Rückstand schon einmal umgebogen - im Achtelfinale gegen die Weltranglistenerste Williams. Und wieder gelang es ihr, weil sie bis zum Umfallen kämpfte und dabei auch schon mal einen Balljungen umrannte.

Quelle: ntv.de, sid

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen