Sport

Kunst und Kommerz zur EM Sammelbilder heiß begehrt

Es braucht nur ein paar bunte Bildchen, um aus braven Kindern knallharte Geschäftsleute werden zu lassen. Seit im April der Nettetaler Hersteller Panini sein neues Album zur Fußball-Europameisterschaft veröffentlicht hat, regieren auf den Schulhöfen zwischen Flensburg und Füssen wieder die unbarmherzigen Marktgesetze von Angebot und Nachfrage.

Wer die noch freie Fläche auf der Seite des deutschen Nationalteams über dem Namen "Michael Ballack" füllen will, muss Glück am Kiosk haben - oder dafür mindestens drei Bilder von Spielern aus Tschechien oder Österreich hergeben. Auch von Deutschlands Torsten Frings gibt es laut Internet-Tauschbörse klebebildchen.de unzählige "Doppelte".

Tauschverbot an Schulen

An einigen Hamburger Schulen haben die Rektoren das Tauschen der Bilder vor der Europameisterschaft sogar verboten. Um gewalttätige Auseinandersetzungen unter den Schülern zu verhindern, heißt es. Ein paar hundert Kilometer weiter südlich, im rheinischen Nettetal, herrscht dagegen Zufriedenheit, angesichts des Geschäfts mit den Bildern.

Die Startauflage von 40 Millionen Päckchen fünf Bilder zum Preis von 60 Cent sei wenige Tage vor Turnierbeginn allein in den Ländern Deutschland und Österreich bereits nahezu verkauft, meldet der Produktmanager für Fußball-Bilder, Jens Presche. 5,5 Millionen Alben seien im Umlauf gebracht worden, die meisten davon kostenlos.

Im Vergleich zu vor zwei Jahren, als zur Weltmeisterschaft in Deutschland 160 Millionen Tütchen über den Ladentisch gegangen waren, ist das wenig. "Das war eine Sondersituation, die so wohl nicht noch einmal kommen wird", sagt Presche. Damals hätten sogar Leute fanatisch die Konterfeis von Fußballern getauscht, die zuvor noch nie ein Stadion von innen gesehen hatten. Dennoch sei der Trend weiter steigend. "Das Album ist quasi der Start für den Fan, sich mental auf die EM vorzubereiten", sagt er.

Fußball und Kunst

F ür Silvan Glanzmann im schweizerischen Luzern spielt noch eine ganz andere Komponente mit: Er will zusammen mit seien Mitstreitern den Fußball und die Kunst zusammenbringen - und nutzt dafür ebenfalls ein Album. 18 Künstler aus Deutschland und der Schweiz schufen mit unterschiedlichen Techniken Bildnisse der Spieler - elf aus jedem Teilnehmerland.

Die Stars aus Tschechien etwa wurden aus Marzipan modelliert, andere wurden gehäkelt. Die deutsche Mannschaft wurde als Plakat geschaffen, die Gesichter von Michael Ballack und Kollegen sind teils verwischt. "Das soll die Vergänglichkeit der Helden von heute dokumentieren", sagt Silvan Glanzmann.

Er sieht sein Angebot - mit einer Auflage von 3000 Exemplaren im Vergleich zum Platzhirsch Panini eher eine Randerscheinung - keineswegs als Konkurrenz. Herausgeber ist ein Verein, der keine Gewinne erzielen dürfe. "Wir sehen uns eher als Ergänzung zu Panini", sagt Glanzmann. Den Vorwurf, die Idee sei vom deutschen Buch "Fußballhelden" geklaut, will er nicht auf sich sitzen lassen. "Wir haben das natürlich gekannt, und finden das auch toll. Aber es ist ein ganz anderes Konzept", erklärt der 32-Jährige.

Schwierige Lizenzverhandlungen

W ährend Glanzmanns Verein aus Luzern nur seine Zeichner bezahlen muss, fechten die Geschäftsleute bei Panini in Nettetal und beim Mutterkonzern in Italien mindestens genauso hart wie ihre Kunden auf dem Schulhof. Es geht um die Lizenzen für die Bilder der Fußball-Stars. Die deutsche Bundesliga hat den Nettetalern bereits den Rücken gekehrt.

Produktmanager Presche geht dennoch davon aus, dass das offizielle Album zur WM 2010 in Südafrika wieder von Panini kommt. Immerhin mussten beim aktuellen Album keine Spieler wegen ungeklärter Lizenzrechte ausgelassen werden, so wie das vor vier Jahren noch bei Oliver Kahn der Fall war.

Diesmal hatten die Album-Planer nur das Problem, das sie immer haben. "Wir wissen im Januar noch nicht, wen die Nationaltrainer aufstellen werden." Für Bernd Schneider, Roberto Hilbert und Timo Hildebrandt etwa gibt es Bilder, obwohl sie gar nicht beim Turnier dabei sind. Auch Tomas Rosicky (Tschechien) und Clarence Seedorf (Niederlande) strahlen aus dem Album, obwohl sie kein EM-Ticket gelöst haben.

Von Michael Donhauser, dpa

Quelle: ntv.de

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