"Paul of Fame" spielt im Finale Scholes mit Stammplatz
30.04.2008, 12:46 UhrEs schien so, als habe Paul Scholes neun lange Jahre an aufgestauter Enttäuschung in diesen einen Schuss gelegt. Aus 25 Metern nahm der Rotschopf Maß, der Ball schlug im rechten Torwinkel ein - und im Theater der Träume hatte Scholes seinen persönlichen Albtraum endgültig verarbeitet.
Mit seinem Siegtreffer (14.) zum 1:0 (1:0) gegen den FC Barcelona hat der 33-Jährige Manchester United nicht nur ins Finale der Champions League katapultiert und das erste englische Endspiel in Europas Königsklasse perfekt gemacht, sondern sich vor allem späte Genugtuung für seine Sperre beim spektakulären Triumph 1999 gegen Bayern München verschafft.
Während der introvertierte Held schwieg, hob Teammanager Sir Alex Ferguson nach dem denkwürdigen Fußball-Abend vor 75.060 Zuschauern in Old Trafford zur Laudatio an - und Scholes in den Adelsstand. "Paul ist einer der größten Spieler von ManU. Dieses Tor hat er sich für den richtigen Moment aufgehoben. Es war einfach wunderbar, fantastisch", sagte Ferguson und stellte Scholes für das Finale am 21. Mai in Moskau eine Stammplatzgarantie aus.
"Paul of Fame"
Damit hat sich Scholes sein lang ersehntes Endspiel in der Champions League doch noch selbst beschert. Vor neun Jahren, als Teddy Sheringham und Ole Gunnar Solskjaer die Bayern in der Nachspielzeit aus allen Titelträumen gerissen hatten, war der Offensivspieler wegen einer Sperre zum Zuschauen verdammt gewesen.
"Erlösung!", titelte die "Daily Mail": "Neun Jahre Wartezeit sind endlich vorbei." Englands Boulevardblatt "The Sun" ernannte Scholes kurzfristig zum "Paul of Fame", nachdem er einen Fehlpass des italienischen Weltmeisters Gianluca Zambrotta ausgenutzt und Barcas Torwart Victor Valdes (14.) überwunden hatte. Es war das 21. Tor für den ehemaligen Nationalspieler in der Champions League und der entscheidende Treffer nach dem 0:0 im Hinspiel in Barcelona.
Damit greifen die Red Devils zum dritten Mal nach der Krone in Europa. Erstmals hatten Bobby Charlton, George Best und Co. ManU vor 40 Jahren durch ein 4:1 gegen Benfica Lissabon als erstes englisches Team im Landesmeister-Wettbewerb zum Titel geführt. Nun sollen Scholes und seine Teamkollegen für einen erneuten Coup sorgen.
"Diese Mannschaft verdient es, im Finale zu stehen", meinte Ferguson ungeachtet der vielen vergebenen Torchancen von Barcelona und fügte selbstbewusst hinzu: "Wir haben alle Trümpfe in der Hand - völlig egal, wie der Gegner lautet."
Die Zeitungen waren mit Blick auf das erste englische Finale aus dem Häuschen. "Fegt den Kaviar vom Menu und ersetzt den eisgekühlten Wodka durch warmes, englisches Bier", schrieb der Daily Telegraph.
Barca noch nicht qualifiziert
Während Manchester die Chance auf das Double in der Champions League und der englischen Meisterschaft wahrte, hat Barcelona die letzte Möglichkeit auf einen Titel in dieser Saison verspielt. In der Primera Division haben die Katalanen, die in der Königsklasse zuvor unter anderem den VfB Stuttgart und Schalke 04 ausgeschaltet hatten, als Tabellendritter keine Chance mehr auf die Meisterschaft und müssen sogar um die direkte Qualifikation für die Champions League bangen.
Barca-Coach Frank Rijkaard forderte den Klub im Saisonendspurt deshalb zu Geschlossenheit auf. "Wir müssen jetzt noch einmal alle ganz eng zusammenrücken", erklärte der Niederländer, der von einem Rücktritt nichts wissen will: "Ich habe nicht vor, zu gehen. Es wäre etwas anderes, wenn die Spieler nicht mehr mit mir zusammenarbeiten wollen, aber das ist nicht der Fall."
Als sicher gilt aber, dass es in Barcelona einen Umbruch geben wird. "Dieses Barca ist am Ende", titelte Spaniens Zeitung "Marca". Als ein Hoffnungsträger für die kommende Saison gilt der deutsche Nationalspieler Philipp Lahm. Angeblich ist der Wechsel des 24 Jahre alten Außenverteidigers von München perfekt und soll in den nächsten Tagen bekanntgegeben werden.
Von Alex Griffiths, sid
Quelle: ntv.de