Reiseziel Stuttgart Simaks PR-Tour in eigener Sache
18.03.2008, 16:17 UhrVorspielen vor über 80.000 Fans im Dortmunder Fußball-Tempel: Jan Simak ist wieder auf der ganz großen Bühne angekommen. Mit dem Einzug in das DFB-Pokalhalbfinale mit Zweitliga-Underdog Carl Zeiss Jena hat der ehemalige tschechische Nationalspieler beste Eigenwerbung betrieben, zweite Liga und Cup-Wettbewerb als Sprungbrett für ein Bundesliga-Comeback genutzt. Nach dem Absturz vom Ausnahme-Talent zum Alkoholiker winkt dem 29-Jährigen im zweiten Anlauf nun doch noch ein steiler Karrieresprung, denn der deutsche Meister VfB Stuttgart will ihn offenbar verpflichten.
"An mir kann der Wechsel nicht mehr scheitern", kommentierte Simak seine Sicht der Dinge nach einem Treffen mit Stuttgarts Trainer Armin Veh und Manager Horst Heldt. Zuvor war der VfB unter maßgeblicher Mithilfe des Mittelfeld-Dirigenten im Viertelfinale nach Elfmeterschießen (Simak traf als vorletzter Jenaer) von den Thüringern sensationell aus dem DFB-Pokal geworfen worden.
Auch Hannover und Karlsruhe interessiert
Zwar kündigte der VfB unterdessen Verhandlungen mit Jena an, aber dort bleibt Manager Carsten Linke gelassen: "Bei uns liegt bisher keine Anfrage aus Stuttgart vor. Jan Simak hat einen Vertrag bis 2009. Der gilt für die 2. und die 3. Liga. Mal sehen, wie sich die Dinge entwickeln." Linke weiß, dass seine Nummer 19 mit den wehenden blonden Haaren und dem großen Ballgefühl auch anderswo Begehrlichkeiten ausgelöst hat. Vom Karlsruher SC war ebenso Interesse signalisiert worden wie von Hannover 96.
Dort hatte die Karriere des aus Tabor in Südböhmen stammenden Ausnahme-Talentes 2000 begonnen. Mit 27 Toren in 58 Zweitligaspielen schoss Simak die Niedersachsen zurück in die Bundesliga, wechselte danach für über sechs Millionen Euro zu Bayer Leverkusen, wo er am Ende auf der Auswechselbank landete. Der ohnehin labile Supertechniker mit dem Faible für Partys, Alkohol und Nikotin schaffte den Durchbruch beim Spitzenteam nicht.
Gartenarbeit für 100 Euro
Sein Absturz in den Abgrund von Depressionen und Alkoholsucht war tief. Simak tauchte ab, war wochenlang unauffindbar, kickte ab 2004 wieder bei Sparta Prag und unterzog sich dann einer dreimonatigen Entziehungskur, in der er Gartenarbeit verrichtete und ein symbolisches Gehalt von etwa 100 Euro bezog.
Aber der Tscheche, der mit seinem Talent laut Bayers Ex-Manager Reiner Calmund bei Real Madrid hätte landen müssen, schaffte die Wende. Seit 2005 lebt er abstinent, hat eine feste Partnerin, einen kleinen Sohn, gewöhnte sich das Rauchen ab und nahm im Sommer 2007 die Offerte aus dem kleinen Jena an.
Dort entwickelte sich der zunächst wegen Übergewicht und großem Trainingsrückstand in der Kritik stehende Simak vom Wechselspieler der ersten Wochen zum Dreh- und Angelpunkt im Mittelfeld. Fünf Tore und vier Torvorlagen in 23 Spielen: Jan Simak fühlt sich reifer, erwachsener und diesmal rundum fit für die große Bühne Bundesliga.
Von Peter Stracke, sid
Quelle: ntv.de