Pilotprojekt Jugendspiele Singapur als Favorit
20.02.2008, 12:05 UhrOlympia-Premiere für Singapur oder mit Moskau zurück in die Zukunft: Das Wahl-Finale zwischen dem asiatischen Stadtstaat und der russischen Hauptstadt um die Ausrichtung der ersten olympischen Jugendspiele im Sommer 2010 hat dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) den gewünschten Zweikampf zwischen neuen Absatzmärkten und Tradition beschert. Singapur ist siegessicher im Duell gegen den Olympia-Gastgeber von 1980 und darf als großer Favorit auch mit der Zusage rechnen, wenn IOC-Präsident Jacques Rogge am Donnerstag in Lausanne das Ergebnis der postalen Abstimmung unter den IOC-Mitgliedern bekanntgibt.
"Kleine Städte sind wie maßgeschneidert für die Werte der Jugendspiele", sagt Singapurs Bewerbungschef Teo Ser Luck, in der Hoffnung, dass die Olympier nach der Vergabe der Olympischen Winterspiele 2014 an die russische Schwarzmeerstadt Sotschi diesmal eher den asiatischen Zukunftskontinent als idealen Schauplatz für die erste Ausgabe der Jugendspiele sehen. Moskaus Bürgermeister Juri Luschkow lobt die "überwältigende Unterstützung der Öffentlichkeit".
Pflichtbesuch von Anti-Dopingseminaren
Rogges Vermächtnis an die Olympische Bewegung wurde im Schnelldurchlauf durchgepeitscht. Ein sechsköpfige Evaluierungs-Kommission unter dem Vorsitz von Sergej Bubka (Ukraine) hat die Liste der ursprünglich neun Bewerber im Eilverfahren auf zwei reduziert. Die wesentliche Vorarbeit hat dann eine Arbeitsgruppe des Darmstädters Klaus Schormann geleistet. So hat das Jugend-Festival trotz reichlicher Kritik nur siebeneinhalb Monate nach der Geburtsstunde längst konkrete Formen erreicht.
Jugendliche zwischen 14 und 18 werden sich in 197 Wettbewerben messen. Zudem gab die IOC-Ausschreibung des "Wettbewerbs für Sport, Kultur und Erziehung" genau die 26 Sportarten vor, die bei den Olympischen Spielen 2012 in London ausgetragen werden. Die Athletenzahl ist bei der 12-tägigen Veranstaltung auf 3500 begrenzt, und die Besten werden nicht zu Olympiasiegern ernannt, sondern als "Sieger der Olympischen Jugendspiele" ausgerufen. Der Besuch von Anti-Doping- und Drogenseminaren ist Pflicht.
"Die Olympische Bewegung brauchte Stimulation, und die bekommt sie durch diese Jugendspiele", meint IOC-Mitglied Kevan Gosper Singapurs Etat liegt bei 75 Millionen Dollar. 19 von 24 Wettkampfstätten sind bereits vorhanden, vier sind temporär konzipiert, eine Reitanlage müsste gebaut werden. Moskau sieht dagegen ein Budget von 180 Millionen Dollar vor. Allein 76 Millionen Dollar sind für ein Erziehungs- und Kulturprogramm vorgesehen. Sämtliche Wettkampfstätten existieren bereits, und das Sponsorenprogramm will Kreml-Chef Wladimir Putin mit dem von Sotschi verbinden. Beide Städte bieten dem IOC staatliche Garantien für eintretende Verluste.
Ambitioniertes Pilotprojekt
"Ein Teil der IOC-Mitglieder ist bestrebt, dass Jugendspiele nur an solche Länder vergeben werden, die rein organisatorisch nicht in der Lage sind, olympische Spiele auszurichten, umso den olympischen Gedanken noch breiter zu streuen", sagt IOC-Vizepräsident Thomas Bach, "ein anderer Teil hat im Bewusstsein, dass Moskau im Jahr 1998 bereits ein Art Jugendspiele unter dem Patronat des IOC mit großem Erfolg ausgetragen hat."
Rogges ambitioniertes Pilotprojekt, dem 2012 die erste Winterversion folgen wird, soll den Olympionismus "in eine neue Dimension" führen. Auf Hymnen und nationale Flaggen wird verzichtet, der spielerische Gedanke und erzieherische Maßnahmen sollen im Vordergrund stehen. Eine noble Idee, aber die Eigendynamik einer globalen Veranstaltung unter den olympischen Ringen lässt sich trotz aller guten Vorsätze nicht planen. Neben drohendem Gigantismus und unerfreulichem Kinderdrill könnten Leistungsdruck und Doping noch früher einsetzen. Joseph Blatter, Präsident des Fußball-Weltverbandes FIFA, hatte das olympische Zusatzangebot bereits bei der einstimmigen Verabschiedung durch die 119. IOC-Vollversammlung in Guatemala eine "Frühgeburt" genannt.
Von Sven Busch, dpa
Quelle: ntv.de