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Bemerkenswerte WM-Geschichte Die drei Deutschen, die aus der Versenkung kommen

Jonas Stockinger (l.) und Anton Grammel waren beim DSV zwischenzeitlich aussortiert worden.

Jonas Stockinger (l.) und Anton Grammel waren beim DSV zwischenzeitlich aussortiert worden.

(Foto: Jens Büttner/dpa)

Drei Deutsche kämpfen sich derzeit im Riesenslalom Richtung Weltspitze vor. Zwei waren schon aussortiert. Aber aufgeben? Nein. Anton Grammel und Jonas Stockinger nahmen Geld in die Hand, 25.000 bis 30.000 Euro pro Saison investierten sie in sich.

Ältere mögen sich erinnern. 40 Jahre ist es nun schon her, dass ein Blondschopf vom Schliersee namens Markus Wasmeier in Bormio zu WM-Gold im Riesenslalom fuhr, ohne Mütze und Brille - beides war ihm unterwegs davongeflogen. Eine WM-Medaille in dieser Disziplin hat es seitdem nicht mehr gegeben für deutsche Männer.

Anton Grammel, Fabian Gratz und Jonas Stockinger werden das am Donnerstag (9.45/13.15 Uhr/ZDF und Eurosport) nicht ändern können - und Parallel-Weltmeister Alexander Schmid ist verletzt. Aber manche Dinge gehen eben nicht von heute auf morgen, und deswegen sind vor allem Grammel und Stockinger schon froh, dabei zu sein in Saalbach-Hinterglemm. Sie waren bereits abgeschrieben, rausgeflogen aus den DSV-Kadern, sie standen vor dem Nichts.

Aber aufgeben? Nein. Grammel und Stockinger nahmen Geld in die Hand, 25.000 bis 30.000 Euro pro Saison investierten sie in sich, bezahlten davon Trainer, Training, Unterkunft Essen. Sie lebten von ihrem Gehalt bei der Bundeswehr, aber trotzdem mehr oder weniger am Limit und von der Hand in den Mund. "Und jetzt", sagt Stockinger beim Treffen im Mannschaftshotel in Saalbach, "stehe ich bei der WM, wo ich vor vier Jahren rausgeflogen bin und nicht wusste, ob ich wiederkomme". Der Anruf am Tag nach der WM 2021 in Cortina d' Ampezzo sei "ein Schock" gewesen, berichtet er.

"Dann mal drauf geschissen"

Stockinger schloss sich einem der unabhängigen Rennteams an, nur bei Rennen übernahm der DSV noch die Kosten. Dass er so viel Geld in die Hand nehmen musste, um weiter Ski fahren zu können, "hat mich eine Zeit lang belastet", sagt Stockinger. Irgendwann hat er "dann mal drauf geschissen". Dann lief es.

Stockinger war zwei Jahre lang bei seinem Rennteam, Grammel ein Jahr. Beide sagen: Gut, dass es so gekommen ist. "Ich habe einen anderen Drive entwickelt", erzählt Stockinger, vergangene Saison gewann er im Europacup die Riesenslalom-Wertung. Auch Grammel war nach seinem Rauswurf nach der WM 2021 erst mal "geschockt" und "wütend", nun spricht er von "der Kehrtwende meiner Karriere".

Unabhängige Rennteams fördern die Eigenverantwortung. Grammel stellte fest, dass auf das "Selbstbewusstsein eines Athleten eingewirkt wird". Das ist auch zu hören. "Mit Top-15- oder Top-20-Ergebnissen", sagt er, "kann man sich Anfang der Saison zufriedengeben, aber jetzt müssen wir unsere Ziele und unsere Ansprüche auch mal höher setzen." Auch Gratz, selbst nie rausgeflogen aus dem DSV-Kader, nickt bei diesen Worten. "Ziel ist es", fährt Grammel fort, "in der absoluten Weltspitze mitzumischen. Das halte ich für realistisch für uns alle drei - in zwei, drei Jahren."

So gut wie nie

In diesem Winter sind sie gut wie nie. Grammel hat als bestes Resultat im Weltcup einen elften Rang stehen, Stockinger einen 18., Gratz einen 19. Das liest sich nicht berauschend, für Grammel und Stockinger aber ist es der Beweis, dass sich die Mühen der Ebene gelohnt haben. Gratz wiederum betont, dass es als und im Team nun leichter vorangeht. "Wir pushen uns gegenseitig", sagt er, "wir haben alle einen Schritt gemacht, den wir früher erwartet hätten." Grammel ergänzt: "Es wird Zeit, mal wieder eine Medaille zu gewinnen."

Das gegenseitige Pushen gilt auch für den Zeitvertreib: Stockinger hat eine mobile Dartscheibe mitgebracht nach Saalbach. Zu Wasmeiers Zeiten hätten sie Schafkopf gespielt.

Quelle: ntv.de, tno/sid

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