Chinas menschliche Seite Special Olympics in Schanghai
08.10.2007, 11:49 UhrChina präsentiert sich derzeit anders, als es die Welt aus Medienberichten gewohnt ist: mit Menschlichkeit. Bei den erstmals in Asien abgehaltenen Sommerspielen für Menschen mit geistiger Behinderung in Schanghai will China beweisen, dass es sich um die Schwachen in seiner Gesellschaft kümmert. Noch bis Donnerstag treten unter der Schirmherrschaft der US-amerikanischen Special-Olympics-Organisation fast 7500 Athleten aus 164 Nationen in gegeneinander an.
Es ist die bisher größte internationale Sportveranstaltung in China, und für die Volksrepublik gilt sie als wichtige Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2008 in Peking. "Die Zentralregierung hat die Schanghaier Spiele der Special Olympics zusammen mit den Olympischen Spielen und den Paralympics als wichtigste Veranstaltung in den kommenden zwei Jahren auserkoren", sagte Tang Xiaoquan, Vizepräsident der chinesischen Behinderten-Vereinigung.
Chinas Ruf hat weniger als ein Jahr vor Beginn der Olympischen Spiele wegen fehlender Pressefreiheit, Hackerangriffen und umweltschädlicher Produkte sehr gelitten. Bei der Betreuung von geistig Behinderten überwiegen Berichte von psychiatrischen Anstalten, in denen Menschen weggeschlossen und mit Medikamenten ruhig gestellt werden. Bilder von zum Teil geistig behinderten Arbeitssklaven in chinesischen Ziegelfabriken gingen um die Welt.
Diesen schockierenden Eindruck will China jetzt korrigieren. Im Vorfeld der Spiele hatte die Schanghaier Stadtregierung eine Gruppe Journalisten eingeladen, sich Einrichtungen für Kinder und Erwachsene mit geistiger Behinderung anzuschauen. Schanghai hat insgesamt 240 "Sunshine Homes" geschaffen, in denen 11.000 Jugendliche und junge Erwachsenen mit geistiger Behinderung einfache Arbeiten erlernen, die den Eintritt ins Berufsleben ermöglichen sollen.
"Wir glauben, dass Schanghai in diesem Bereich in den vergangenen Jahren viel getan hat", sagte ein Mitarbeiter des städtischen Außenamts. Chinas Medien brachten in den vergangenen Tagen immer wieder Bilder von Staats- und Parteichef Hu Jintao beim Besuch in einem der "Sunshine Homes". Entgegen seiner steifen Art feuerte der ranghöchste Chinese Jugendliche beim Tauziehen an, wedelte mit einer Fahne und rief: "Jia you!" - "Gib Gas!"
Die Aktivitäten in Schanghai entsprechen dem Geist der Special Olympics, denn die Wettbewerbe sollen die "Fähigkeiten und Errungenschaften von Menschen mit geistigen Behinderungen zeigen", sagte der Chef der Special Olympics, Timothy Shriver. Die Organisation wurde 1968 von der US-Politikerfamilie Kennedy gegründet und bietet weltweit Training und Wettbewerbe für 2,25 Millionen Menschen an.
In China beteiligen sich rund eine halbe Million Menschen mit geistiger Behinderung. Mit 180 Athleten und 46 Trainern stellen die deutschen Athleten eine der größten Delegationen bei den Spielen. Ihnen will sich China so präsentieren, wie es sich viele auch für die Olympischen Spiele wünschen: gastfreundlich, offen und besorgt um den einzelnen Menschen in der Gesellschaft.
Von Till Fähnders, dpa
Quelle: ntv.de