Sport

Skeptisch ins "neue Zeitalter" Startschuss für 3. Liga

Der Aufbruch in ein "neues Zeitalter" wird zur Reise ins Ungewisse. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) startet sein Prestigeprojekt 3. Liga mit der Hoffnung auf ein neues "Premiumprodukt". Viele Vereine nehmen die Herausforderung dagegen mit Skepsis an. Die Sorge um finanzielle Engpässe und die Angst vor Ausschreitungen drücken vor dem "Eröffnungsspiel" am Freitag zwischen Rot-Weiß Erfurt und Dynamo Dresden (20.30 Uhr) ein wenig auf die Stimmung.

"Es beginnt ein neues Zeitalter, eine neue Epoche", sagte Helmut Sandrock, DFB-Direktor Spielbetrieb und für die 3. Liga zuständig, vor dem Startschuss. Die finanziellen Bedenken der Vereine, wonach die erheblichen Reisekosten die Mehreinnahmen auffressen, verwies er ins Reich der Fabel. "Das stimmt so nicht. Das sind Totschlag-Argumente. Aber es kommt natürlich nicht sofort jemand mit der Wundertüte um die Ecke", meinte Sandrock, "man darf nicht erwarten, dass man von heute auf morgen vom Tellerwäscher zum Millionär wird."

Reiz des Unberechenbaren

"Die Ausgangslage ist gut, aber die neue dritte Liga ist absolut unberechenbar", erklärt dagegen Peter Schreiber, der neue Präsident von Carl Zeiss Jena. Für Sandrock liegt der "zusätzliche Reiz" gerade darin, dass viele Vereine "ihre individuelle Situation schlecht abschätzen können".

Carl-Zeiss-Sportdirektor Carsten Linke sieht "überall viel Ungewissheit". Beim DFB hat man allerdings laut Sandrock "keine Angst vor einer Bauchlandung". Dafür sollen auch um 55,5 Prozent höhere TV-Gelder sorgen.

Angst vor Gewaltausbrüchen

Die Angst vor Hooligans schürte Bayern Münchens Sicherheitsbeauftragter Alfred Ziegler mit drastischen Aussagen. "Die Zeit der beschaulichen Familienausflüge ist vorbei", sagte er: "Gegen alle Ostklubs und Wuppertal, Offenbach, Düsseldorf, Braunschweig herrscht bei uns Sicherheitsstufe 1." Damit löste er im Osten eine "wenig hilfreiche" Gewaltdebatte aus, sagte Sandrock: "Das ist stigmatisierend."

Und es sorgte für Unruhe. Die Ostklubs ergingen sich prompt in Schuldzuweisungen. Das Problem sei "allein Dynamo Dresden", ließen Offizielle von Erzgebirge Aue verlauten, es ging hin und her. Der DFB ist um Entspannung bemüht. "Natürlich gibt es Gewaltpotenziale", gestand Sandrock ein, "aber es greifen da seit langem eingespielte Systeme."

Ganz viel Tradition

Die Zentrale Informationsstelle für Sporteinsätze stufte das Auftaktspiel, das voraussichtlich mit 20.000 Zuschauern ausverkauft sein wird, in die höchste Sicherheitsstufe ein. "Das hätten wir aber auch am achten Spieltag getan", erklärte DFB-Sicherheitschef Helmut Spahn. Man sei "bereit und könne flexibel reagieren, beispielsweise mit Pufferblöcken oder anderen Maßnahmen". Erfurts Trainer Karsten Baumann freut sich trotz allem auf ein "historisches Ereignis".

Was die Fans auf jeden Fall erwartet, ist eine Liga der Tradition. Nicht weniger als 17 Meistertitel, 14 Pokalsiege und zusätzlich zwei (verlorene) Europapokalfinals stehen in den Meriten der Klubs. Fortuna Düsseldorf, Eintracht Braunschweig, Dresden und die weiteren Ostvereine werden Zuschauermagneten sein. "Die 3. Liga wird eine unglaublich interessante Sache", verspricht Sandrock: "Sie wird die Bedeutung der Regionalligen um ein Vielfaches übertreffen."

Relegationsmodus verspricht Spannung

Als Favorit auf die beiden Aufstiegsplätze gelten naturgemäß die vier Zweitliga-Absteiger. 15 von 20 Trainern nannten Paderborn als Aufstiegsanwärter. Wer aber den direkten Sprung in die 2. Liga verpasst, könnte in den Relegationsspielen des Tabellendritten gegen den Zweitliga-Drittletzten eine zweite Chance bekommen.

Angesichts der Unsicherheiten in der neuen Spielklasse formulieren allerdings nur ganz wenige Klubs Aufstiegsambitionen. "Wir kommen von oben, und wir geben die Richtung vor", meint Aues Präsident Uwe Leonhardt. In Düsseldorf grassiert das Zweitligafieber ebenfalls. "Wo sonst, wenn nicht hier, kann man denn in die 2. Liga aufsteigen?", fragte Manager Wolf Werner. Ansonsten übt man sich in vornehmer Zurückhaltung: Denn niemand weiß, wohin die Reise geht.

Quelle: ntv.de, Thomas Nowag, sid

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