Sport

"Jetzt den Titel holen" Süße Träume in Ascona

Nach der unbändigen Freude über den Einzug ins EM-Finale soll die schwarz-rot-goldene Fußball-Party am Sonntag ihren triumphalen Höhepunkt erleben.

Mit süßen Träumen von einem Endspielerfolg in Wien gegen Russland oder Spanien kehrten die deutschen Spieler nach dem 3:2-Halbfinalkrimi gegen die Türkei in der Nacht glücklich, aber auch erschöpft ins Teamquartier in Ascona zurück. "Jetzt ist es natürlich unser großes Ziel, den Titel nach Deutschland zu holen", verkündete Philipp Lahm.

Mit seinem Last-Minute-Tor hatte der Münchner die dramatische Partie am Mittwochabend in Basel entschieden und einen unglaublichen Jubel in Deutschland ausgelöst.

Lahms wichtigstes Tor

"Es war die beste Aktion in unserem ganzen Spiel", sagte Kapitän Michael Ballack über den alles entscheidende Angriff, den Lahm mit seinem ersten Länderspieltor seit seinem Treffer im WM-Eröffnungsspiel 2006 beim 4:2 gegen Costa Rica brillant abschloss. "Es war mit Sicherheit mein wichtigstes Tor", sagte Lahm.

Danach war Party angesagt, in Basel auf dem Platz und beim gemeinsamen Jubel mit den Fans auf den Rängen, aber auch in ganz Deutschland und in der deutschen Umkleidekabine, wo laute Musik-Rhythmen aus den Boxen schallten.

"Die Spieler freuen sich unglaublich. Es war ein Wahnsinns-Fight mit einer unglaublichen Dramatik", berichtete Joachim Löw. "Nach dem 2:2 haben wir noch einmal die Moral gehabt, in der letzten Minute nach vorne zu spielen und die Entscheidung zu suchen", kommentierte der Bundestrainer.

Comeback-Türken gleichen aus

Nach dem Kopfballtreffer von Miroslav Klose zum 2:1 sah die deutsche Elf in der 79. Spielminute schon wie der Sieger aus, aber dann schlugen die nie aufgebenden Comeback-Türken durch Semih Sentürk (86.) einmal mehr in diesem Turnier zurück. In der ersten Hälfte hatte Bastian Schweinsteiger (26.) die türkische Führung durch Ugor (22.) ausgeglichen.

"Ich hatte mich schon auf eine Verlängerung eingestellt", gestand Teammanager Oliver Bierhoff. Löw feierte den Sieg als Belohnung für Moral, Willen und Siegermentalität, er machte aber auch den Türken "ein großes Kompliment".

Ganz gelassen können sich die deutschen Akteure nun in ihrem Quartier am Lago Maggiore zurücklehnen und das zweite Halbfinale zwischen Spanien und Russland verfolgen. "Die Russen haben die letzten beiden Spiele sehr gut gespielt. Auch die Spanier sind fußballerisch eine sehr gute Mannschaft", sagte Kapitän Michael Ballack, der keine Präferenz für das Endspiel am Sonntag in Wien hat: "Beide Teams sind sehr ähnlich, deswegen ist es egal."

Finalteilnehmer ist egal

"Es wird auf jeden Fall ein schwerer Brocken", prophezeite Lahm, während Lukas Podolski in typischer Manier kurz und knapp seine Erwartungen formulierte: "Es ist egal, ob das jetzt Spanien oder Russland ist. Wir wollen das Finale gewinnen."

Stolz prägte die Stunden nach der erfolgreich absolvierten, vorletzten Etappe auf dem Weg zu Europas Fußball-Gipfel: "Jetzt stehen wir im Finale der Europameisterschaft. Da sind wir stolz darauf. Vor allem auch, weil uns das nach der Vorrunde keiner zugetraut hat", erklärte Torsten Frings, der sich trotz Rippenbruchs in den zweiten 45 Minuten zur Verfügung stellte und dabei mithalf, dass der Traum vom vierten EM-Titelgewinn nach 1972, 1980 und 1996 in Erfüllung gehen kann.

Der türkische Trainer Fatih Terim hat nach der Niederlage seinen Rücktritt angekündigt. Es sei "sehr wahrscheinlich", dass er wieder als Trainer zu einem Verein nach Europa gehe, sagte Terim in Basel. Vor einer endgültigen Entscheidung wolle er jedoch noch mit seinen Spielern sowie mit der Spitze des türkischen Fußballverbandes reden, berichtete die österreichische Agentur APA.

Trauer in der Türkei

Bei den Millionen türkischer Fans in Deutschland und in der Heimat herrschte denn auch nach dem Spiel große Trauer. Unter den 12.000 Türkei-Anhängern auf dem Hamburger Heiligengeistfeld machte sich Enttäuschung breit. In Berlin-Kreuzberg, einer Hochburg der türkischen Gemeinde, erholten sich die Fans schnell von ihrer Trauer. Viele schwenkten auf die deutsche Flagge um. Ein deutscher Fan stellte sich vor die Fernsehkamera mit seinem türkischen Freund. "Ich tröste ihn heute, ich trockne seine Tränen", sagte der junge Mann im RBB.

Auch in der Türkei reagierten die Fußballfans zunächst mit langen Gesichtern auf die Niederlage. Auf dem zentralen Taksim-Platz in Istanbul herrschte nach dem Tor zum 3:2 zunächst fassungsloses Schweigen, nachdem tausende Fans das Spiel leidenschaftlich mit Trommeln und bengalischen Feuern vor einer Großleinwand begleitet hatten. Nach einigen Minuten wurden wieder trotzige "Türkiye, Türkiye"-Rufe angestimmt. "Wir tragen den Kopf hoch", sagte der türkische Staatspräsident Abdullah Gül.

Quelle: ntv.de

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