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Basketball-WM in Istanbul Türkei im Traumfinale gegen USA

Der Moment des Triumphs: Kerem Tunceri legt den Ball in den Korb.

Der Moment des Triumphs: Kerem Tunceri legt den Ball in den Korb.

(Foto: REUTERS)

Dank eines verwandelten Korblegers in der Schlusssekunde gegen Serbien ist Gastgeber Türkei erstmals in das Endspiel einer Basketball-Weltmeisterschaft eingezogen. Dort treffen die Türken im Traumfinale auf die USA. Der Topfavorit um MVP-Anwärter Kevin Durant will in Istanbul seine 16 Jahre währende WM-Durststrecke beenden.

Was für ein Finale im zweiten Halbfinale der Basketball-WM! 4,3 Sekunden waren noch zu spielen zwischen der Türkei und Serbien. Die 15.500 Zuschauer im Istanbuler Sinan Erdem Dom hielt es nicht mehr auf ihren Sitzen, der Hallensprecher hatte längst alle Neutralität fahren lassen. Serbien führte mit einem Punkt, doch die Türkei hatte den Ball und soeben noch einmal eine Auszeit genommen. Auf der Taktiktafel entwarf Bogdan Tanjevic, der montenegrinische Coach der Türken, mögliche Wege zum Triumph über Serbien. Die Zuschauer nutzten die zwei Minuten der Auszeit für weitere, unermüdliche Anfeuerungsrufe und für Stoßgebete. Oder einfach, um noch einmal durchzuatmen.

4,3 Sekunden können im Basketball eine Ewigkeit sein. 2001, als die Türken mit der Europameisterschaft letztmals ein großes Basketball-Turnier ausrichten durften, genügten ihnen im Halbfinale gegen Deutschland drei Sekunden um ein verlorenes Spiel noch zu wenden. Neun Jahre später reichte gegen Serbien ein verwandelter Korbleger von Kerem Tunceri in der Schlusssekunde zum 83:82-Erfolg, weil Center Semih Erden den letzten Verzweiflungswurf der Serben und damit auch die letzten Zweifel am Finaleinzug wegblockte.

"Spielzug ein Wunder"

Dann stand die Uhr auf Null - und die Gastgeber feierten ...

Dann stand die Uhr auf Null - und die Gastgeber feierten ...

(Foto: AP)

"Viele denken, die letzten vier Sekunden wurden durch Taktik entschieden. Es war nichts als Glück. Wir wollten einfach nur einen Korb machen. Wir waren heute Abend die Glücklicheren, nicht die Besseren. Der Spielzug war einfach ein Wunder", zollte Tanjevic nach dem Spiel dem Gegner, vor allem aber der Kaltschnäuzigkeit seiner Spieler Respekt. "Ich hatte die Chance zum Korbleger, also habe ich ihn genommen. In den letzten vier Sekunden siehst du nichts und hörst du nichts mehr", beschrieb Matchwinner Kerem Tunceri die spielentscheidende Szene recht nüchtern.

Tunceri, den sie den "Teufel" nennen, war nach Pass des türkischen Volkshelden Hidayet Türkoglu derart frei zum Korbleger gekommen, dass ihn auf dem Weg zu den entscheidenden Punkten eine sich wandelnde Geräuschkulisse begleitete: Das erstaunte Raunen nach Türkoglus Pass ging urplötzlich in ohrenbetäubendem Jubel über, den man im Sinan Erdem Dom hören, sehen und auch körperlich spüren konnte. Und den Istanbuls Taxifahrer nach Spielende mit einem von immer wieder einstimmenden Polizeisirenen durchsetzten Hupkonzert in die Stadt trugen.

Die Fans als Last

... vor mehr als 15.000 frenetischen Fans.

... vor mehr als 15.000 frenetischen Fans.

(Foto: AP)

Kerem Tunceri war es auch gewesen, der die Türken 3:25 Minuten vor Schluss mit einem Dreipunktewurf zum 76:75 zum dritten Mal in der Partie in Führung gebracht hatte. Zuvor hatten die Gastgeber nur zu Beginn beim Stand von 2:0 und 4:3 vorn gelegen, anschließend waren sie meist einem Rückstand hinterhergelaufen. Eine ungewohnte Situation für die Türken, die die Leichtigkeit der berauschenden Erfolge im Achtel- und Viertelfinale vermissen ließen. Gegen aggressiv verteidigende und sicher von jenseits der Dreierlinie punktende Serben mussten sie sich mühsam in die Partie hineinarbeiten. 15.500 fanatische Fans können auch eine Last sein.

Serbien verspielte zwar immer wieder seine Führung, behielt aber stets die Kontrolle. Immer wenn sich die Türken mit großem Aufwand wieder herangekämpft oder gar ausgeglichen hatten, zog der Gegner umgehend erneut davon. Zur Pause lag das junge serbische Team verdient mit 42:35 in Führung. Was die Türken auch versuchten, Serbiens glänzend aufgelegter Aufbauspieler Milos Teodosic fand mit insgesamt elf Assists und 13 Punkten meist die richtige Antwort.

Erst Tunceris Dreier brach den Bann. Als der Aufbauspieler 16,8 Sekunden vor Schluss Semih Erden bediente und der den Ball per Dunking zum 82:81 in den Korb stopfte, tobte die Arena endgültig. Nachdem Serbien 4,3 Sekunden vor Schluss durch Novica Velikovic noch einmal zurückgeschlagen hatte, setzte Tunceri selbst die krönenden Schlusspunkte und sicherte der Türkei die erste WM-Medaille überhaupt.

Gastgeber gegen Topfavorit USA

Gegner im Finale: Kevin Durant und die USA.

Gegner im Finale: Kevin Durant und die USA.

(Foto: AP)

Vom ersten WM-Titel trennt die Gastgeber nach dem Krimi gegen Serbien nun noch ein Sieg. Allerdings warten im Endspiel ab 20.30 Uhr (Sport1) die USA, die erstmals seit 1994 wieder ein WM-Finale erreicht haben. Wie die Türken ist der Topfavorit auf den Titel noch ungeschlagen. Das von vielen Fans herbeigesehnte Traumfinale wird damit auch zum Duell der nominell besten Teams. Bisher konnte sich das US-Team von Spiel zu Spiel steigern, zudem weiß es mit dem 21-jährigen Kevin Durant den Star des Turniers in seinen Reihen.

Der Ausnahmespieler von den Oklahoma City Thunder war auch im Halbfinale beim souveränen 89:74 (42:27)-Erfolg über Litauen der entscheidende Faktor. Im ersten Viertel erzielte er 17 der 23 amerikanischen Punkte, insgesamt kam er auf 38 Zähler. Das türkische Team wird vor dem größten Spiel der hiesigen Basketball-Geschichte gewarnt sein. Die 15.500 Fans in Istanbul sind ohnehin bereit.

Quelle: ntv.de, (mit dpa)

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