Halbfinale gegen DFB-Elf Türken schlagen Kroaten
20.06.2008, 23:34 UhrDas türkische Fußball-Wunder geht weiter und soll auch im Halbfinale der Europameisterschaft gegen Deutschland noch nicht enden. Nach einer dramatischen Verlängerung mit späten Toren durch den Bremer Ivan Klasnic (119.) und Semih (120.+2) zum 1:1 gewann die Mannschaft von Fatih Terim in Wien mit 3:1 im Elfmeterschießen gegen Kroatien und feierte mit dem erstmaligen Einzug in die Vorschlussrunde den größten Erfolg seit dem dritten Platz bei der Weltmeisterschaft 2002. Bei der Entscheidung vom Punkt zielten Luka Modric und der Schalker Ivan Rakitic daneben. Den Schuss von Mladen Petric (Borussia Dortmund) meisterte Torhüter Rüstü. Für die Türken trafen Arda, Semih und Hamit Altintop.
Volkan, Tuncay, Arda und Emre Asik fehlen gegen DFB-Elf
Im Kampf um den Einzug ins Endspiel treffen die Türken nun auf die deutsche Nationalmannschaft. Fehlen werden dabei Tuncay, Arda und Emre Asik, die jeweils ihre zweite Gelbe Karte sahen. Nach ihren Last-Minute-Siegen in der Vorrunde gegen Gastgeber Schweiz (2:1) und Tschechien (3:2) wurde der Kampfgeist die Türken vor 51 428 Zuschauern im Ernst-Happel-Stadion erneut belohnt.
"Es ist unbeschreiblich. Ich glaube, wenn man sieht, was wir in den letzten drei Spielen geleistet haben, weiß jeder, dass wir eine Mannschaft sind, die noch nicht reif ist, aber auf dem besten Wege. Jetzt kann alles passieren", sagte der Münchner Altintop und warnte die Deutschen: "Wenn wir so weiter machen und an uns glauben, dann kann noch viel passieren. Durch unsere Euphorie, unseren Ehrgeiz und unsere Laufbereitschaft machen wir einiges gut. Auf uns kann man sich nicht wirklich einstellen." Trainer Terim war fast außer sich vor Stolz: "Die Spieler übertreffen sich selbst. Das ist einmalig in der Geschichte, was uns heute passiert ist. Wir sind eines der wichtigsten Fußball-Länder geworden."
Enttäuschendes Spiel
Die als Duell der Leidenschaft apostrophierte Begegnung reichte allerdings bei weitem nicht an die Qualität der Partie Deutschland gegen Portugal am Vorabend heran. Kroatiens Fußball-Minimalisten verließen sich einmal mehr auf ihre gut organisierte Abwehr und vermieden bis auf einige Vorstöße über die linke Seite ein allzu großes Risiko. Da auch bei den Türken nach vorne wenig zusammenlief, entwickelte sich ein enttäuschendes Spiel. Immer wieder wurde der zweifache Turnier-Torschütze Nihat mit langen Bällen gesucht, doch gegen die Bundesliga-erfahrenen Robert Kovac und Josip Simunic konnte sich der Angreifer vom FC Villarreal nicht entscheidend durchsetzen.
Olic trifft nur die Latte
Das erste Achtungszeichen setzte Altintop, der offensiver ausgerichtet als zuletzt im zentralen Mittelfeld spielte. In der 5. Minute flog ein Versuch des Bayern-Profis aus gut 20 Metern knapp am kroatischen Tor vorbei. Auf der Gegenseite leitete ein Ballverlust von Sabri die erste Möglichkeit für Bilic' Elf, doch Darijo Srna kam bei der Flanke des Schalkers Ivan Rakitic einen Schritt zu spät (6.). Zwölf Minuten später hatten die kroatischen Fans bereits den Torschrei auf den Lippen, doch Ivica Olic vom Hamburger SV brachte das Kunststück fertig, den Ball aus vier Metern Entfernung an die Latte zu schießen.
Sein kaum beschäftigtes Gegenüber Stipe Pletikosa wäre in der 38. Minute beinahe von einem 35 Meter-Schuss von Mehmet Topal überrascht worden, der haarscharf am Winkel vorbeistrich. Kurz davor hatten die Türken vergeblich einen Elfmeter reklamiert, nachdem Simunic seinen Gegenspieler Tuncay im Strafraum unsanft von den Beinen geholt hatte.
Mit seinem Zögern gegen Olic (51.) machte Rüstü kurz nach Wiederbeginn deutlich, dass er seinen Leistungszenit bereits überschritten hat. Der HSV-Stürmer konnte jedoch auch aus dieser unverhofften Gelegenheit kein Kapital schlagen. In der letzten halben Stunde verflachte die Partie zusehends, weil beide Mannschaften ihre Offensivbemühungen noch weiter einschränkten. Mit "Immer wieder Österreich"-Gesängen machte ein Großteil der neutralen Fans seinem Unmut über das schwache Spiel Luft. Erst sechs Minuten vor Ende der regulären Spielzeit erwachte die Partie aus ihrer Lethargie, als Rüstü einen Freistoß von Srna bravourös entschärfte.
Von Gerd Münster und Arne Richter, dpa
Quelle: ntv.de