
Tony Ferguson (r.) steht im Main Event bei UFC 249.
(Foto: AP)
Der Sport in den USA steht wegen der Corona-Pandemie still. Die UFC sucht lange nach Hintertürchen, ihre Kampfsport-Veranstaltungen stattfinden zu lassen. Erst soll ein Indianerreservat herhalten, dann eine Privatinsel. Nun finden die Events der Käfigkämpfer wieder statt - abgesegnet von der Politik.
Wer Profisport live sehen will, der muss nicht länger das Geschehen der weißrussischen Fußballliga verfolgen oder auf den Neustart der Bundesliga am 16. Mai warten. Mitten in der Corona-Pandemie bleibt die UFC ihrer trotzigen Haltung treu und kehrt als erste US-Liga mit Mixed-Martial-Arts-Events zurück.
Kurios klingt es schon, dass gerade Kampfsportveranstaltungen mit Vollkontakt, bei denen Blut, Schweiß und Speichel fließen, eine Vorreiterrolle im US-Sport bezüglich Social Distancing und Hygienevorschriften einnehmen sollen. "Einer muss den Anfang machen" betonte UFC-Boss Dana White. Wäre es nach der UFC gegangen, hätte die Liga das sportliche Geschehen erst gar nicht eingestellt.
Insel ohne Grenzen
Mit teilweise kuriosen Ideen sollte das Millionengeschäft in den USA am Laufen gehalten werden. Trotz Ausgangsbeschränkungen und Veranstaltungsverbot wollte die UFC zunächst in einem Indianerreservat in Kalifornien Wettkämpfe abhalten. Wenig später kündigte White an, die Kämpfe würden auf einer Privatinsel ("Fight Island") stattfinden. "Die Infrastruktur wird gerade aufgebaut. Bald werden wir Kämpfe dafür ansetzen und ich kann die Leute etwas früher dort hinbringen, sodass sie auf der Insel trainieren können", sagte White im April.
Die schier grenzenlose Kreativität des Veranstalters wurde dann erst durch die Partnersender ESPN und dessen Mutterkonzern Disney ausgebremst. Im Laufe der immer dramatischer werdenden Pandemiesituation in den USA hatten die beiden Medienschwergewichte auf White eingewirkt und ihn von seinem Vorhaben abgebracht.
Die Beharrlichkeit des UFC-Bosses ruht zum einen in seiner typischen und direkten Art, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten über alle Grenzen hinauszugehen. Unter anderem hatte er den Boxkampf zwischen Floyd Mayweather und Conor McGregor initiiert. Zum anderen finanziert sich die Liga vor allem über Pay-per-Views, also Abo-Zahlungen für die Großveranstaltungen. Beim letzten Kampf von McGregor im Januar 2020 waren es eine Millionen Abonnements bei einem Preis zwischen 10 und 20 Dollar - je nach Paket.
Plötzlich systemrelevant
Letztlich verdankt die Kampfsport-Liga ihre Rückkehr auch einem Branchennachbarn. Angetrieben von Wrestling-Veranstalter WWE wurden "Mitarbeiter einer professionellen Sport- und Medienproduktion mit nationalem Publikum" im US-Bundesstaat Florida Mitte April als systemrelevant anerkannt. Dabei dürfte sicher auch geholfen haben, dass WWE-Besitzer Vince McMahon ebenso wie White aktiver Unterstützer von US-Präsident Donald Trump sind und Florida als Republikaner-Hochburg gilt.
Und in der VyStar Veterans Memorial Arena in Jacksonville, Florida werden die kommenden Veranstaltungen der UFC ohne Publikum stattfinden. Das Event UFC 249 am Sonntag (4 Uhr MESZ/DAZN) ist trotz der teilweise improvisierten Matchcard hochkarätig besetzt. Aufgrund der Reiseverbote können nur wenige internationale Kämpfer die Reise nach Florida antreten. Im Hauptkampf ersetzt Justin Gaethje den amtierenden Leichtgewichts-Champion und McGregor-Bezwinger Khabib Nurmagomedov, der in Russland bleiben muss, und tritt gegen den Top-Star Tony Ferguson an.
Nicht nur bei den Kampfansetzungen hat die UFC mit Hochdruck gearbeitet. Auch das Hygienekonzept rund um die Kämpfer scheint ausgefeilt. Bereits nach der Ankunft im Hotel werden Temperatur bei den Kämpfern und deren Teammitgliedern gemessen, sowie eine Blutprobe für den Corona-Test entnommen. Von da an geht es in die Isolation, tägliche Tests folgen. Innerhalb der Arena sind nur wenige Personen in den Kabinen erlaubt, dort werden alle Beteiligten beim Betreten und Verlassen desinfiziert. Den Kämpfern wird ein fester Cutman zugeteilt, der für die Versorgung zwischen den Runden und das Bandagieren zuständig ist, um Kontakte zu anderen Menschen zu minimieren.
Im Octagon wird es dann natürlich keine Kontaktbeschränkungen geben. Die Kämpfer sehen das in Zeiten der Pandemie eher von der sportlichen Seite und die erste Sportveranstaltung in den Vereinigten Staaten seit dem Lockdown als Zeichen der Hoffnung an die Bevölkerung. "Als Kämpfer gehen wir wissentlich ein Risiko ein, jedes Mal wenn wir in den Käfig steigen - und das ist immer unsere Entscheidung. Für mich ist es aber das, was dieses Land ausmacht. Die Freiheit deine eigenen Entscheidungen zu treffen", schrieb die UFC-Kämpferin Carla Esparza auf Instagram.
Ausblenden wollen die Kämpfer die globale Situation allerdings nicht. "Realistisch gesehen kann sich jeder mit diesem Virus infizieren", sagte Dominick Cruz, der nach dreijähriger Abwesenheit in den Käfig zurückkehren wird, um gegen den Bantamgewichts-Champion Henry Cejudo zu kämpfen. "Ich denke, das ist der Punkt: Zu verstehen, dass jeder da draußen das bekommen kann, aber man nicht wie angewurzelt stehenbleibt, wenn man etwas beängstigend sieht. Man muss Vorsichtsmaßnahmen treffen, so sicher wie möglich sein, aber sein Leben weiterleben."
Viel hängt vom Erfolg der ersten Großveranstaltung in Jacksonville und von der Durchführung der Hygienebestimmungen ab. Denn die UFC will zurück nach Las Vegas, wo das Unternehmen ein millionenschweres Trainingszentrum errichtet hat, das für künftige Veranstaltungen genutzt werden soll. "Wir hoffen, dass wir das mit dem Gouverneur hinbekommen. Aber ich bin da sehr zuversichtlich", erklärte White gegenüber dem britischen Pay-TV-Sender BT Sport. An der kuriosen Idee, "Fight Island" umzusetzen, hält er weiterhin fest. "Sobald alles vorbereitet ist, sollen dort ab Mitte Juni Kämpfe stattfinden", hofft White.
Quelle: ntv.de