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"Wir haben große Angst" US-Sportler eskalieren ihren Protest

Die Spieler der Orlando Magic warteten vergeblich auf ihren Gegner: Die Milwaukee Bucks schoben eine Protestwelle im US-Sport an.

Die Spieler der Orlando Magic warteten vergeblich auf ihren Gegner: Die Milwaukee Bucks schoben eine Protestwelle im US-Sport an.

(Foto: imago images/ZUMA Wire)

Bisher beließen es US-amerikanische Profisportler bei ihren Aktionen gegen Rassismus und Polizeigewalt bei Worten und Gesten. Nach einem neuen Fall gehen die Stars einen Schritt weiter. Ihre begleitenden Worte sind eindringlich.

Die Milwaukee Bucks hatten endgültig genug von Polizeigewalt und brachten damit eine riesige Protestwelle ins Rollen. Nachdem die Mannschaft um den griechischen Superstar Giannis Antetokounmpo am Mittwoch nicht zu ihrem Play-off-Viertelfinalspiel in der Basketball-Profiliga NBA auf dem Feld in Orlando/Florida erschienen, zogen Major League Baseball (MLB), Major League Soccer (MLS), die Frauenbasketball-Profiliga WNBA sowie die Tennis-Vereinigungen ATP und WTA in New York nach.

Die Spieler der Orlando Magic standen am Mittwochabend auf dem Feld in Orlando/Florida und warteten auf ihren Gegner, doch die Bucks aus dem US-Bundesstaat Wisconsin kamen nicht - ein Boykott. Wenig später sagte die Liga die zwei weiteren für Mittwoch geplanten Spiele ab. "Wir fordern Veränderungen. Wir haben es satt", schrieb Superstar LeBron James von den Los Angeles Lakers auf Twitter. "Ich weiß, die Leute können es langsam nicht mehr hören, wenn ich es sage, aber wir haben als Schwarze Angst in Amerika", sagte James am Montag (Ortszeit) in Orlando/Florida. "Schwarze Männer, schwarze Frauen, schwarze Kinder, wir haben große Angst."

Bucks-Profis wurden selbst Opfer

"Wir haben genug von dieser Ungerechtigkeit", sagte Bucks-Spielmacher George Hill kurz nach Bekanntwerden des Boykotts gegenüber der US-Sportseite The Undefeated. Profis der Bucks waren in den vergangenen Jahren selbst Opfer von Rassismus und Polizeigewalt geworden. Sterling Brown hatte sein Auto falsch geparkt und bekam dafür von Polizisten Schläge und ein Knie in den Nacken gedrückt, der Rechtsstreit läuft noch.

Die Bucks reagierten mit dem drastischen Schritt auf den Fall Jacob Blake. Der Schwarze war am vergangenen Wochenende von weißen Polizisten von hinten niedergeschossen worden. Den 29-Jährigen trafen offenbar sieben Kugeln im Rücken, er kämpft im Krankenhaus um sein Leben. Die Tat ereignete sich in Kenosha/Wisconsin - Milwaukee liegt im selben Bundesstaat.

Nur wenige Stunden später zog die ehemalige Tennis-Weltranglistenerste Naomi Osaka nach und kündigte vor ihrem Halbfinalmatch bei den Western und Southern Open in New York gegen die Belgierin Elise Mertens ihren Rückzug an. "Als schwarze Frau habe ich das Gefühl, dass es viel wichtigere Dinge gibt, die sofortige Aufmerksamkeit erfordern, als mir beim Tennisspielen zuzuschauen", sagte Osaka. Für Donnerstag wurden zunächst alle Partien bei der Generalprobe für die US Open abgesagt.

Die Brewers, das MLB-Team aus dem rund 55 Kilometer nördlich von Kenosha gelegenen Milwaukee, taten es den Bucks gleich und weigerten sich, gegen die Cincinnati Reds zu spielen. Danach wurden drei weitere Spiele verschoben. Auch die Profifußball-Liga MLS schloss sich den drastischen Maßnahmen an: Fünf der sechs angesetzten Partien wurden abgesagt. Lediglich die Eishockey-Liga NHL spielte weiter.

Die Sportler zeigten sich geschockt von den Bildern aus Kenosha vom vergangenen Wochenende. Blake soll sich seiner Verhaftung widersetzt haben und versuchte gerade, in sein Auto zu steigen, als ihn die Schüsse in den Rücken trafen. In dem Fahrzeug befanden sich nach Angaben seines Anwalts drei seiner Söhne im Alter von drei, fünf und acht Jahren. Die Profisportler scheinen ihre Plattform jedenfalls zu nutzen.

"Das ist einfach lächerlich"

Betroffen und erschüttert zeigte sich auch der ehemalige US-Präsident Barack Obama: "Ich preise die Spieler der Bucks, die einstehen dafür, woran sie glauben, Trainer wie Doc Rivers und die NBA und WNBA dafür, ein Zeichen zu setzen. Es wird all unsere Institutionen brauchen, um für unsere Werte einzustehen." Rivers, Trainer der Los Angeles Clippers, hatte am Montag eine emotionale Botschaft gesendet: "Wie können es die Republikaner wagen, über Angst zu sprechen? Wir sind diejenigen, die Angst haben müssen. Wir sind diejenigen, die mit jedem schwarzen Kind reden müssen. Welcher weiße Vater muss seinem Sohn sagen, dass er vorsichtig sein muss, wenn man angehalten wird? Das ist einfach lächerlich."

Er selbst wolle einfach nur Trainer sein, werde aber auch ständig an seine Hautfarbe erinnert. "Wir wurden gehängt, wir wurden erschossen. Wir sind diejenigen, denen es verwehrt wird, in bestimmten Gemeinden zu leben. Es ist für mich erstaunlich, warum wir dieses Land weiterhin lieben und dieses Land uns nicht zurück liebt."

Quelle: ntv.de, ter/sid

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