Sport

"Substanzlos", "Absolut enttäuschend" Ullrich-Erklärung hart kritisiert

Jan Ullrich hat nicht einmal das zugegeben, was schon bekannt war.

Jan Ullrich hat nicht einmal das zugegeben, was schon bekannt war.

(Foto: dpa)

Den "Schlusstrich", den sich der gefallene Radstar Jan Ullrich nach dem Doping-Schuldspruch des Cas wünscht, wollen Wissenschaft und Politik nicht ziehen. Sie kritisieren dessen öffentliche Erklärung als "lächerlichen Versuch", die Affäre zu beenden. Denn Ullrich gibt nicht einmal das zu, was schon belegt ist: Doping.

Dem Heidelberger Dopingexperten Werner Franke reicht die Erklärung des Radstars nicht. Er fordert die ganze Wahrheit über Ullrichs Dopingvergangenheit.

Dem Heidelberger Dopingexperten Werner Franke reicht die Erklärung des Radstars nicht. Er fordert die ganze Wahrheit über Ullrichs Dopingvergangenheit.

(Foto: dpa)

Von wegen knallhartes Dopinggeständnis! Mit einer wachsweichen Reaktion auf seine Cas-Verurteilung hat Jan Ullrich die Erwartungen an eine umfangreiche Beichte enttäuscht. Einen "Kontakt" zu Doping-Doktor Fuentes räumte der gefallene deutsche Rad-Star ein, dazu "immens großen" öffentlichen Druck - mehr aber nicht. In einem Statement verriet der 38-Jährige keine Details der Besuche bei dem spanischen Arzt. Sie hatten den Internationalen Sportgerichtshof CAS am Donnerstag zu einer Zweijahressperre und einer Annullierung aller Resultate ab Mai 2005 veranlasst. Auch kein Wort zu möglichen Vergehen in der Zeit davor - Ullrich hat wieder eine Chance verpasst.

Doping-Jäger Werner Franke, der selbst jahrelang gegen Ullrich prozessiert hatte, hält die Ausführungen für "substanzlos" und den "lächerlichen Versuch, einen Deckel auf die Affäre zu tun." Das frühere Telekom-Aushängeschild habe es versäumt, durch die Wahrheit Licht in die Affäre zu bringen. "Ich sehe das nach wie vor als völlig unzureichend an", sagte Franke.

Ein simples "Sorry!" ist zu wenig

Ähnlich urteilt Fritz Sörgel, der darauf hinwies, dass in der Erklärung Ullrichs kein einziges Mal das Wort Doping vorkommt. "Das unterscheidet den großen Sportler vom ganz normalen Betrüger", befand der Nürnberger Pharmakologe. "Er hat jahrelang gedopt. Sich jetzt mit einem Sorry zu verabschieden, ist natürlich relativ wenig."

In der seit Monaten angekündigten Stellungnahme hatte Ullrich zwölf Stunden nach dem CAS-Schuldspruch in der Nacht auf Freitag eingeräumt: "Ich bestätige, dass ich Kontakt zu Fuentes hatte. Ich weiß, dass das ein großer Fehler war, den ich sehr bereue. Für dieses Verhalten möchte ich mich aufrichtig bei allen entschuldigen - es tut mir sehr leid. Rückblickend würde ich in einigen Situationen während meiner Karriere anders handeln."

Von einem deutlichen Geständnis sind diese Worte freilich weit entfernt. Erst am Donnerstag hatte etwa der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Thomas Bach, eine klare Beichte verlangt. Daraus wurde nichts, unterstrich Dagmar Freitag (SPD), die Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses: "Diese Erklärung war absolut enttäuschend, aber für mich keine Überraschung. Jan Ullrich hat die allerletzte Chance verpasst, einen Rest von Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, weil er es versäumt hat, reinen Tisch zu machen."

"Nie jemanden betrogen"

Jahrelang hatte Ullrich Doping bestritten und die Causa nicht kommentiert. Einzig die Formulierung "Ich habe nie jemanden betrogen" kam ihm über die Lippen. Sein Schweigen zu entscheidenden Details brach er nun auch in seiner Erklärung nicht.

Für den einzigen deutschen Tour-de-France-Gewinner soll das Kapitel professioneller Radsport aber beendet sein. "Ich ziehe hiermit einen Schlussstrich", verkündete Ullrich. Das wird ihm nach Ansicht von Werner Franke nicht gelingen. Sowohl das CAS-Urteil als auch Ullrichs Reaktion würden weitere Untersuchungen und Recherchen provozieren, meinte Franke. "Stück für Stück wird alles rauskommen."

Quelle: ntv.de, Manuel Schwarz, dpa

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