"Jan ist kein Killer" Ullrich sauer auf Godefroot
27.07.2004, 13:00 UhrBeim deutschen Radrennstall T-Mobile spitzt sich der Streit zwischen Jan Ullrich und Team-Manager Walter Godefroot zu. Nachdem Godefroot dem Radprofi fehlende Professionalität vorgeworfen hatte, kündigte der Olympiasieger in der ARD Konsequenzen an: "Ich bin enttäuscht und ärgere mich maßlos. Ich werde das mit Walter anlässlich des Weltcup-Rennens am Sonntag in Hamburg klären und meine Konsequenzen ziehen."
Was diese Äußerungen bedeuten könnten, wusste Team-Sprecher Olaf Ludwig am Dienstag nicht: "Ich weiß nicht, ob das auf das Umfeld oder Personen bezogen sein soll. Das Gebilde ist bekannt: Die Godefroot GmbH hat einen Vertrag mit T-Mobile International und Jan ist bis 2006 vertraglich gebunden."
Nach dem enttäuschenden vierten Platz seines Mannschafts-Kapitäns bei der Tour de France hatte der T-Mobil-Manager Ullrich und sein Umfeld hart kritisiert. "Armstrong lebt für das Radfahren, Jan fährt Rad, um zu leben. Ich bezweifle, dass Jan von seiner Psyche her überhaupt in der Lage ist, so ein Leben zu führen. Er ist keine Bestie, kein Killer."
Ullrich fühlt sich dadurch offenbar beleidigt: "Herr Godefroot kennt mich ja gar nicht richtig. Wie fleißig ich bin, können nur die Leute beurteilen, die mit mir das ganze Jahr arbeiten. Wie Rudy Pevenage." Über die Berichterstattung der vergangenen Tage habe er sich maßlos geärgert: "Aber ich kenne das ja auch nur aus der Zeitung, mit mir persönlich ist darüber nicht gesprochen worden."
Zu Ullrichs persönlichem Betreuer Rudy Pevenage sagte Godefroot zudem, habe er weder "professionell noch persönlich" Vertrauen. Godefroot hatte mit seinem früheren Kollegen Pevenage gebrochen, als dieser Ullrich im Winter 2002 mitten in der Saisonvorbereitung beim Team-Telekom erst zu Coast und dann zu Bianchi gefolgt war. Als Ullrich 2003 zu den Bonnern zurückkehrte, ließ er sich in seinem Vertrag unter anderem die Betreuung durch Pevenage zusichern. "Wenn Godefroot über Professionalität spricht, dann weiß ich nicht, wie seine öffentliche Kritik vor dem Start des Zeitfahrens zu werten ist. Das hat Jan sicher nicht motiviert. Ich weiß nicht, wie es weiter gehen soll. Ich weiß nur, dass Jan nur eine Tour gewinnen kann, wenn alle geschlossen hinter ihm stehen", sagte Pevenage.
Godefroot: "Wir haben alles auf Jan ausgerichtet. Er wollte die Tour gewinnen, und er hat nicht ein Mal einen Etappensieg geholt". Der kritisierte Olympiasieger verteidigte sich im Fernsehen. "Mit der Attacke auf das Gelbe Trikot ist es nicht so gelaufen. Ich war richtig krank, hatte erhöhte Temperatur. Normalerweise hätte ich eine Woche ins Bett gehört. Diesen Lance Armstrong zu schlagen, war unmöglich. Aber wenn ich gesund gewesen wäre, hätte es anders ausgesehen. Ich habe ja das Radfahren nicht verlernt", sagte Ullrich.
Er habe sich vor dem Tour-Start bei seiner einjährigen Tochter Sarah Maria mit einer Erkältungs-Krankheit angesteckt. Kritikern, die ihm eine nicht ausreichend konsequente Vorbereitung im Winter vorwarfen, hatte Ullrich nach dem Zeitfahren in Besancon erwidert: "Meine Tour-Vorbereitung war perfekt."
Armstrong sei ohnehin in diesem Jahr zu stark gewesen: "Seine Leistung war bemerkenswert". Für unschlagbar aber hält Ullrich den Amerikaner nach wie vor nicht: "Ich bin ein Kämpfer. Im nächsten Jahr greife ich wieder an." Ob bei T-Mobile, ließ er offen. Er steht bei Godefroot bis 2006 unter Vertrag. Wenn er Konsequenzen ziehen will, könnte er sich freikaufen - oder auch nur den Belgier künftig nicht mehr grüßen.
"Wir halten uns bei dieser Diskussion im Hintergrund und werden jetzt nicht in hektischen Aktionismus verfallen. An irgendwelchen Spekulationen beteiligen wir uns nicht", sagte am Dienstag Unternehmenssprecher Philipp Schindera, der klarstellte, das Ullrich vertraglich an T-Mobile, die übrigen Fahrer an die Godefroot GmbH gebunden seien.
Quelle: ntv.de