Strafe für Tour-Gesamtführenden Van Aert siegt, Alaphilippe verliert Gelb
02.09.2020, 17:43 Uhr
Van Aert jubelt, die Konkurrenz ist geschlagen.
(Foto: Pool via REUTERS)
183 Kilometer ist die fünfte Etappe der Tour de France lang - und bis kurz vor dem Ziel ist das Tempo vergleichsweise gemächlich. Im Bergauf-Sprint siegt Van Aert, der seine starke Form bestätigt. Eine Strafe entreißt Julian Alaphilippe das Gelbe Trikot, auch das Grüne Leibchen wechselt den Besitzer.
Radsport-Überflieger Wout Van Aert genoss nach seinem spektakulären Bergauf-Sprint gerade die Siegerehrung, da versetzte die Tour-Jury den französischen Fans einen schweren Schock. Julian Alaphilippe, der Publikumsliebling der Grande Nation, wurde mit einer 20-Sekunden-Zeitstrafe belegt - und verlor damit nach drei Tagen das Gelbe Trikot der 107. Frankreich-Rundfahrt. "Wenn das so war, kann ich nichts dagegen machen", sagte Alaphilippe, der 17 Kilometer vor dem Ziel noch Verpflegung angenommen hatte. Dies ist nur bis 20 Kilometer vor Etappenende erlaubt. Alaphilippe trottete geknickt davon, der neue Gesamtführende Adam Yates wusste gar nicht, wie ihm geschah.
"Niemand will ein Gelbes Trikot so erhalten", sagte der Brite ein wenig peinlich berührt: "Irgendein Offizieller hat mich angehalten und mir gesagt, dass ich auf das Podium muss. Ich hatte keine Ahnung, was los war." Yates (Mitchelton-Scott) führt mit drei Sekunden Vorsprung auf Primoz Roglic (Slowenien/Jumbo-Visma), Alaphilippe fiel auf Platz 16 zurück.
Deutlich ausgelassener war die Stimmung bei Van Aert. Schon im Ziel hatte er die Arme in die Luft gerissen, das coole Lächeln verriet das Selbstverständnis des jungen Belgiers. Scheinbar mühelos war der 25-Jährige nach 183 Kilometern zum Sieg im hektischen Bergauf-Sprint gerast - das seltene Angebot seines ambitionierten Teams Jumbo-Visma nahm er ohne Zögern an.
"Ich habe jetzt meinen Etappensieg", sagte Van Aert im Ziel von Privas, nur um sich schnell seiner eigentliche Rolle in der Equipe des Gelb-Anwärters Roglic zu besinnen: "Für mich ist es eine Ehre, in einem solchen Team um das Gelbe Trikot zu fahren. Das ist hier das Wichtigste. Es gibt nichts, worüber ich mich beschweren müsste." Roglic hatte am gestrigen Dienstag auf der ersten Bergankunft gesiegt, am Mittwoch machte Van Aert den zweiten Tagessieg für die niederländische Mannschaft um den gebürtigen Cottbuser Tony Martin perfekt. "Es war ziemlich hektisch mit einer Menge Wind, deshalb bin ich sehr froh", sagte Van Aert.
Sagan muss das Grüne Trikot abgeben
Der im Vorjahr schwer gestürzte Belgier setzte seine Erfolgsserie nach der Corona-Zwangspause nun auch bei der Frankreich-Rundfahrt fort. Kaum ein anderer Fahrer trat zuletzt so dominant wie Van Aert auf: Mailand-Sanremo und die Strade Bianche gewann er ebenso wie das Punktetrikot bei der Dauphine. Am Mittwoch verwies er Cees Bol (Niederlande/Sunweb) und Sam Bennett (Irland/Deceuninck-Quick Step) auf die Plätze.
Bester Deutscher wurde die Klassement-Hoffnung Emanuel Buchmann auf Platz 32. Der elfmalige Tour-Etappensieger Andre Greipel (Israel Start-up Nation), der beim Auftakt in Nizza schwer gestürzt war und seither mit Problemen zu kämpfen hatte, hielt sich zurück. Einen Wechsel, der nicht auf einem Regelverstoß beruhte, gab es in der Sprintwertung: Der siebenmalige Trikotgewinner Peter Sagan (Slowakei/Bora-hansgrohe), der Vierter wurde, verlor Grün an Bennett.
Nach dem scharfen Start in Gap glich das Geschehen eher einer Gruppenausfahrt als einer Etappe beim wichtigsten Radrennen der Welt. Attacken wurden nicht gefahren, das Peloton nutzte den Weg in Richtung Ardeche zur aktiven Erholung, die Zeit vertrieben sich die Fahrer vor allem mit Gesprächen.
Der Temposchnitt lag am Ende bei rund 42 Kilometern pro Stunde - für Tour-Verhältnisse eher gemächlich. Angesichts des fordernden Profils der Tour 2020 war die Entscheidung der Fahrer, es am Tag nach der ersten Bergankunft ruhiger angehen zu lassen, aber durchaus nachvollziehbar. Erst auf den letzten 30 Kilometern zog das Tempo merklich an. Die Teams der Gelb-Kandidaten minimierten an der Spitze des Feldes für ihre Kapitäne das Risiko von Windkanten, im Finale brachten dann die Sprintteams ihre Sieganwärter in Position. Am Ende schlug Van Aert zu.
Quelle: ntv.de, Emanuel Reinke und Christoph Leuchtenberg, sid