Sport

Kater nach dem CL-Finale Van Gaal warnt Rummenigge

Für Louis van Gaal spielt der FC Bayern trotz des verlorenen Champions-League-Finales gegen Inter Mailand "den besten Fußball Europas". Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz-Rummenigge schaut bereits auf 2012. Dann sollen die Münchener wieder im Endspiel um Europas Krone stehen, diesmal im heimischen Stadion. Der Trainer warnt vor Übermut.

Versteinerte Mienen im Saal "Barcelona".

Versteinerte Mienen im Saal "Barcelona".

(Foto: REUTERS)

Der Frust war nicht zu übersehen, als Trainer Louis van Gaal und die Mannschaft von Bayern München nachts um ein Uhr auf die Bühne gerufen wurden. Mit versteinerten Mienen und leerem Blick starrten sie hinunter in den Bankettsaal. Karl-Heinz Rummenigge versuchte, die Stimmung nach dem 0:2 (0:1) gegen Inter Mailand im Finale der Champions League mit einer Vision zu retten. "Ich wünsche uns, dass wir spätestens 2012 noch einmal im Finale stehen und es dann packen", sagte der Vorstandsvorsitzende. 2012 findet das Endspiel der Königsklasse in München statt

Tapfer versuchte Rummenigge beim traditionellen Bankett im Raum "Barcelona" des Hotels "Eurostars Tower" Ernüchterung, Trauer und Frust bei Trainer, Mannschaft und Edel-Anhängern wegzureden. Er habe "Mitleid mit der Mannschaft, weil sie eine fantastische Saison gespielt hat", sagte er, betonte auch, dass er "stolz sei" auf das, was alle im Verein geleistet hätten. Präsident Uli Hoeneß äußerte sich ähnlich: "Natürlich sind wir enttäuscht. Aber wir sollten das nicht allzu ernst nehmen. Diese grandiose Saison lassen wir uns nicht schlecht reden."

"Wir können in der Gruppenphase ausscheiden"

Eine dreiviertel Stunde später erklomm noch einmal van Gaal die Bühne und gewährte einen Einblick in seine Seele. Die Worte von Rummenigge wollte er offenkundig nicht unkommentiert stehen lassen, und vor allem nicht dessen Traum von einem Finalsieg 2012. Ganz so einfach sei das ja nicht. "Es ist sehr schwierig, dieses Finale zu erreichen. Wir hätten heute gewinnen können, aber wir müssen das in der nächsten Saison bestätigen. Wir können auch in der Gruppenphase ausscheiden", sagte der Niederländer mit ernster Miene. Er wusste: Schon in diesem Jahr wäre es beinahe schiefgegangen.

In zwei Jahren will Rummenigge die Bayern-Farben am Pokal sehen.

In zwei Jahren will Rummenigge die Bayern-Farben am Pokal sehen.

(Foto: REUTERS)

Für das Double aus Meisterschaft und DFB-Pokal hat es dicke gereicht für den FC Bayern, doch für das Triple war die Mannschaft nicht reif genug. Jedenfalls nicht im Estadio Santiago Bernabeu in Madrid, wo eine ausgezeichnete Defensive und konterstarke Angreifer mehr wert waren als Ballbesitz und Offensivgeist. Van Gaal betonte am Abend und in der Nacht mehrfach, dass der von ihm geprägte Stil des FC Bayern "schwieriger" sei, "aber attraktiver". Er räumte im gleichen Atemzug jedoch ein: "Wir müssen dafür in einer sehr guten Verfassung sein, aber das waren wir nicht.

Inter hinten ruhig, vorne abgezockt

Zwischen Anpfiff und Abpfiff des Endspiels lagen 93 Minuten und 21 Sekunden. Bemerkenswerte 60 Minuten und 51 Sekunden war der Ball im Besitz des FC Bayern - doch er wusste damit viel zu selten etwas anzufangen. 20 Sekunden nach der Pause hatte Thomas Müller den zwischenzeitlichen Ausgleich auf dem Fuß, ebenso Arjen Robben in der 65. Minute. Das war es dann aber schon. Den Münchnern fiel nichts ein. Bastian Schweinsteiger blieb den Beweis schuldig, ein legitimer Ersatz für Michael Ballack in der Nationalmannschaft zu sein, Robben wollte mit dem Kopf durch die Wand und scheiterte.

Louis van Gaal: Selbstbewusst und realistisch.

Louis van Gaal: Selbstbewusst und realistisch.

(Foto: REUTERS)

Inter Mailand, das den Europapokal der Landesmeister zum dritten Mal nach 1964 und 1965 und zugleich als erste italienische und sechste europäische Mannschaft das Triple gewann, dagegen hatte fast schon leichtes Spiel. Hinten hatte die Mannschaft von Trainer Jose Mourinho, der als zweiter Coach nach Ottmar Hitzfeld zwei verschiedenen Klubs zum Sieg in der Champions League führte, die Ruhe weg. Im Spiel nach vorne beschränkten sich die Mailänder auf das Nötigste - und das Wichtigste: Tore. Diego Milito traf zweimal (35./70.), zweimal war er der eiskalte Vollstrecker clever vorgetragener Konter.

Van Gaal trotzig

"Inter war die besser Mannschaft und hat verdient gewonnen", sagte "Kaiser" Franz Beckenbauer und sprach damit aus, was beinahe alle dachten - auch Rummenigge: "Es steht auch dem FC Bayern gut zu Gesicht eine Niederlage zu akzeptieren, wenn der Gegner einen Tick besser war." Van Gaal hinderte das nicht daran, trotzig, aber wohl auch aus Überzeugung davon zu sprechen, dass seine Mannschaft "den besten Fußball Europas" spiele. Die beste Mannschaft aber ist eine andere, die Münchner müssen den Traum von ihren fünften Triumph im Europapokal der Landesmeister verschieben.

Arjen Robben und Thomas Müller - beide hatten in Hälfte zwei einen Treffer auf dem Fuß.

Arjen Robben und Thomas Müller - beide hatten in Hälfte zwei einen Treffer auf dem Fuß.

(Foto: REUTERS)

Einig waren sich die Beobachter, dass es mit dem gesperrten Franck Ribery wohl anders gelaufen wäre. "In so einem Spiel musst du den Franck dabei haben", sagte Präsident Hoeneß, "er fehlte an allen Ecken und Enden", sekundierte Beckenbauer. Das gab ein wenig zähneknirschend schließlich auch Trainer van Gaal zu. "Wir haben auch schon ohne Ribery gewonnen. Aber natürlich ist es in einem solchen Spiel so, dass wir einen kreativen Spieler brauchen, und Franck ist ein kreativer Spieler." Der Franzose hatte am Samstag seinen Vertrag beim FCB wie erwartet vorzeitig bis 2015 verlängert.

Achillesferse Abwehr

Der FC Bayern hat grundsätzlich aber auch andere Defizite erkannt. "Wir werden uns weiter verstärken und ich glaube, dass wir in der kommenden Saison den nächsten Schritt machen", versicherte Sportdirektor Christian Nerlinger. Angeblich sind die Fühler nach dem 40 Millionen teuren Bundesliga-Torschützenkönig Edin Dzeko vom VfL Wolfsburg ausgestreckt, Handlungsbedarf bestünde aber vor allem in der Abwehr. Daniel van Buyten und Martin Demichelis hatten als Innenverteidiger nicht das notwendige Niveau. Außerdem: Von seinen elf Champions-League-Spielen hat der FC Bayern fünf verloren - und 15 Gegentore bekommen.

Doch davon wollten die Verantwortlichen erst mal nichts wissen. "Wir lassen uns von einer Niederlage nicht die Saison verhageln", sagte Rummenigge - dessen Vision sieht allerdings auch Präsident Hoeneß etwas skeptisch. "Es ist fast frevelhaft, davon zu reden, wieder ins Finale zu kommen."

Quelle: ntv.de, Thomas Häberlein und Thomas Nowag, sid

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen