"Unmöglich, Massen zu stoppen" Vuelta zeigt sich vollkommen hilflos gegen Pro-Palästina-Proteste
10.09.2025, 13:53 Uhr
Ein ganz normales Radrennen.
(Foto: IMAGO/Anadolu Agency)
Pro-palästinensische Demonstranten stürzen die Vuelta a España ins Chaos. Schaffen es die Radprofis überhaupt nach Madrid? Und werden alle Teams dabei sein? Dem eilends umbenannten Team Israel-Premier-Tech ist der Rückzug nahegelegt worden.
Sie fällen Bäume oder springen urplötzlich aus dem Gebüsch. Sie besetzen die Straße und hacken sich sogar in den Funkverkehr. Pro-palästinensische Demonstranten haben die Spanien-Rundfahrt fest im Griff, die Renndirektion ist machtlos. Angesichts täglicher Proteste und der bedrohten Sicherheit der Radprofis stellt sich die Frage: Muss die Vuelta a España vorzeitig abgebrochen werden?
Javier Guillén verneint. Es gebe "keinen Plan B", die Rundfahrt werde weitergehen, sagte der Vuelta-Chef auf einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz am Dienstagabend: "Wir unternehmen große Anstrengungen, um das Rennen am Laufen zu halten, aber wir brauchen Zusammenarbeit. In einem Sport wie dem Radsport ist es praktisch unmöglich, solche Massen zu stoppen, aber wir werden es versuchen."
Auch auf der 16. Etappe war es wenige Stunden zuvor zu mehreren Protestaktionen gekommen. Rund 30 Kilometer vor dem Ziel wurde ein Baum gefällt, der mit Kettensägen zerlegt und anschließend von der Straße getragen werden musste. Auf dem Schlussanstieg am Castro de Herville besetzten rund 150 Demonstranten die Straße, insgesamt waren etwa 1000 an der Strecke. Die Polizei fand kein Mittel.
Sportler zunehmend verzweifelt
"Als Organisator der Vuelta verurteilen wir die heutigen Ereignisse aufs Schärfste", sagte Guillén. Die Renndirektion sah sich gezwungen, das Teilstück um acht Kilometer zu verkürzen. Bereits auf der elften Etappe hatte Guillén keine andere Wahl, wegen massiver Störungen hatte es keinen Sieger gegeben. Weitere Aktionen werden befürchtet. Vor allem in Madrid, wo die Rundfahrt am kommenden Sonntag traditionell endet.
Am Samstag und Sonntag hatten sich Aktivisten ins Rennradio gehackt, indem sie palästinensische Sprüche skandierten und Lieder sangen. Ebenfalls am Sonntag sprang ein Demonstrant aus einem Gebüsch. Beim Versuch, auf die Straße zu laufen, rutschte er aber im Straßengraben aus. Von der anderen Seite sprintete ein Polizist über die Fahrbahn, dies löste eine Reaktion mehrerer Fahrer aus, in deren Folge Movistar-Profi Javier Romo stürzte und letztlich aufgeben musste.
"Jeder hat das Recht zu protestieren", sagte der Gesamtführende Jonas Vingegaard: "Aber es ist schade, dass es hier und auf diese Weise geschehen muss." Die Proteste richten sich insbesondere gegen den Rennstall Israel-Premier-Tech. Beim Mannschaftszeitfahren der fünften Etappe hatten Demonstranten die Straße gestürmt, das heranrasende Team konnte soeben noch abbremsen. Der Schriftzug "Israel" wurde bereits von den Trikots entfernt, auf dem Teambus steht das Land nach vorherigen Vorfällen schon länger nicht mehr.
Angesichts der Widerstände legte Kiko García, der Technische Direktor der Vuelta, Israel-Premier Tech den freiwilligen Rückzug nahe. Das wiederum sorgte für Gegenwind aus den Reihen des betroffenen Rennstalls. "Die Organisatoren der Vuelta verdienen eine Gelbe Karte für den Vorschlag", sagte Israel-Premier-Tech-Profi Tom Van Asbroeck, in Spanien nicht am Start, dem "Het Nieuwsblad": "Das würde die Stimmung komplett aus dem Gleichgewicht bringen."
Quelle: ntv.de, sue/sid