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"Ich möchte arbeiten" Was macht Bernd Krauss?

Bernd Krauss müsste es eigentlich gut gehen, eigentlich. Mit den Abfindungen aus Mönchengladbach, Dortmund, San Sebastian, Mallorca lässt es sich trefflich leben. Aber nein, Bernd Krauss geht es schlecht: "Ich möchte arbeiten", sagt der Fußball-Lehrer. "Aber seit Dortmund bin ich verbrannt. Das war ein großer Fehler."

In Mönchengladbach, seiner ersten Stelle als Cheftrainer (12. November 1992 bis 7. Dezember 1996), hatte der heute 46-Jährige Erfolg. Pokalsieg 1995, attraktiver Fußball, mit 29.124 Fans pro Spiel den besten Besucher-Schnitt aller Zeiten. In San Sebastian hat er sich zweieinhalb Jahre gehalten und stellte selbst beim Rauswurf im Oktober 1999 fest: "Ich habe hier relativ viel erreicht."

Jupp Heynckes, in der deutschen Öffentlichkeit seit dem Gewinn der Champions League mit Real Madrid "der Spanier" unter den deutschen Trainern, trainiert inzwischen Schalke. Michael Skibbe, für den Krauss in Dortmund geholt wurde, ist Assistent von DFB-Teamchef Rudi Völler und darf bei jedem Länderspiel in der Halbzeit im Fernsehen reden. Bernd Krauss ist arbeitslos. Ungerecht?

"Den Abstieg hätte ich auch vermieden"

Vom 6. Februar 2000 bis zum 13. April des gleichen Jahres gab es in zwölf Bundesligaspielen acht Niederlagen. Matthias Sammer und Udo Lattek retteten den BVB in den letzten fünf Spielen vor dem Abstieg. Krauss: "Den Abstieg hätte ich auch vermieden. Aber es war ein Fehler, nach Dortmund zu gehen. Als gebürtiger Dortmunder war ich bei der Annahme des Angebotes zu emotional. Ich weiß noch, dass ich die Mannschaft einmal angebrüllt habe: "'Ihr seid nur noch totes Fleisch; ich weiß nur noch nicht, ob ihr auch schon verwest seid.' Na ja, hat mir keine Freunde gemacht, solch ein Ausbruch."

Dank des guten Renommees, das Krauss noch in Spanien hat, kam ein Angebot von Real Mallorca - ein großes Missverständnis, wie sich herausstellte. Krauss: "Die Öffentlichkeit, die sich schon von den deutschen Touristen überflutet fühlt, war dagegen, dass jetzt auch ihre Erstliga-Mannschaft von einem Deutschen trainiert werden sollte."

Überalterte Mannschaft war der Tod

Krauss sagt weiter: "Wir hatten 14, 15 gute Spieler; der Kader stand als ich kam. Die waren aber alle 34 bis 36 Jahre alt. Wir haben dann über die Qualifikation die Champions League erreicht. Das war im Grunde mein Tod, denn die überalterte Mannschaft konnte zwei Spiele pro Woche plus die Reisen nicht verkraften." Was bleibt, ist die Erinnerung an einen 1:0-Sieg über Arsenal und einen 1:0-Sieg auf Schalke - was einem gebürtigen Dortmunder besonders gut tut.

Inzwischen hat Bernd Krauss ein Haus in Südfrankreich, in St. Jean de Luz, gekauft. Das Anwesen von Bixente Lizarazu liegt nur einen Kilometer entfernt, der Golfplatz auch. Sein deutsches Handy hat er immer mit. Könnte ja mal ein Anruf kommen. Krauss mit seinem unverwechselbaren westfälischen Humor: "Die Decke fällt mir zwar noch nicht auf den Kopf, aber sie wird immer niedriger." Und dann: "Ist ja keine Frage des Geldes mehr. Ich möchte eigentlich nur meinen Ruf wiederherstellen."

Rechtsstreit mit Aris Saloniki

Derweil vertreibt er sich die Zeit mit einem Rechtsstreit gegen seinen letzten Arbeitgeber, den griechischen Verein Aris Saloniki. Drei Monate kein Gehalt, unter dubiosen Aspekten entlassen, der Präsident hat sich in die USA abgesetzt: Da lässt sich trefflich streiten. Krauss: "Mit solchen Methoden werden die Griechen nie etwas im internationalen Fußball. Ich habe mal einen Spieler zu einer Geldstrafe verurteilt, weil der zu spät zum Training kam. Da sagte der fast weinend zu mir: 'Trainer, ich habe seit Monaten kein Geld mehr bekommen. Ich habe nur noch fünf Euro in der Tasche'. Über Griechenland könnte ich ein Buch schreiben. Das war die Talsohle."

Bernd Krauss könnte viel erzählen über seine "Gastspiele" im Ausland. Denn er hat eine ganz außergewöhnliche Vita. 22-mal trug er das Trikot der österreichischen Nationalmannschaft. Erstmals am 29. April 1981, als er in Hamburg mit einem Eigentor die 0:2-Niederlage gegen Deutschland einleitete.

Spiele für Österreich

Mit 19 Jahren war der Verteidiger 1976 von Borussia Dortmund zu Rapid Wien gewechselt, eroberte sich dort einen Stammplatz und wurde dann auch in der Nationalmannschaft der Alpenrepublik Nachfolger des damals zurückgetretenen Robert Sara. Nach Erhalt der Staatsangehörigkeit spielte er mit Erfolg für Österreich bei der WM 1982 in Spanien. Die Rückkehr nach Mönchengladbach beendete dann auch dieses siebenjährige Kapitel.

Alles Geschichte. Nun drängt es Bernd Kraus wieder auf den Trainerstuhl. Verständlich, dass da jemand mal wieder mal auf "NN" - Normal-Null kommen will.

Von Rainer Kalb (Sport-Informationsdienst)

Quelle: ntv.de

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