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Doping-Vorwurf Wende im Fall Pechstein?

Im wohl umstrittensten Dopingfall der letzten Jahre entlastet ein deutscher Blutexperte Claudia Pechstein und diagnostiziert der Eisschnelläuferin eine angeborene Anomalie. Am 15. März könnte sich der Fall medizinisch erhellen. Dies versprechen zumindest Mediziner, die für diesen Tag zu einer Pressekonferenz geladen haben.

Als erste Sportlerin überhaupt wurde Claudia Pechstein nach einem indirekten Blutbeweis mit einer Doping-Sperre belegt.

Als erste Sportlerin überhaupt wurde Claudia Pechstein nach einem indirekten Blutbeweis mit einer Doping-Sperre belegt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Für führende Hämatologen und Doping-Experten Deutschlands ist der "Fall Pechstein" medizinisch geklärt. "Bei Frau Pechstein wurden Veränderungen des roten Blutbildes gefunden, die nicht zu Doping passen und mit großer Wahrscheinlichkeit für eine angeborene Störung im Aufbau der roten Blutzellen sprechen", erklärte Gerhard Ehninger, der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie, der "Süddeutschen Zeitung". Wie seine Professoren-Kollegen Winfried Gassmann und Wolfgang Jelkmann will Ehninger am kommenden Montag auf einer Pressekonferenz in Berlin den Nachweis führen, dass Pechsteins Zwei-Jahres-Sperre aus medizinischer Sicht haltlos ist.

Das Motto der Pressekonferenz mutet spektakulär an: "Der Fall Pechstein - aus medizinischer Sicht geklärt", heißt es. Claudia Pechstein ist als Gast der Veranstaltung anwesend ebenso wie der Biochemiker und Doping-Experte Wilhelm Schänzer aus dem Kölner Anti-Doping-Labor.

Pechstein war aufgrund ihrer erhöhten Retikulozyten-Werte am 1. Juli 2009 von der ISU rückwirkend für zwei Jahre gesperrt worden, der Internationale Sportgerichtshof CAS hatte im Berufungsverfahren das Urteil am 25. November 2009 bestätigt. Auch mit ihre Beschwerde vor dem Schweizer Bundesgericht war Pechstein gescheitert und hatte damit ihre sechsten Olympischen Spiele verpasst.

Mut zum Meinungsumschwung

"Ich hatte immer wieder gesagt, dass Pechsteins erhöhte Retikulozyten für Doping sprechen - wenn sich keine medizinische Erklärung dafür findet", bekannte Ehninger. "Dann muss man jetzt auch den Mut haben und sagen, dass es durchaus medizinische Gründe gibt", erklärte der Mediziner seinen Meinungsumschwung. Im August 2009 hatte Ehninger noch erklärt: "Erst hieß es geheimnisvoll, es seien medizinische Gründe - das hätte man an einem Tag beim Hämatologen klären können. Jetzt sind es plötzlich die Geräte."

Der Befund Sphärozytose kommt bei weniger als einem Prozent der Bevölkerung vor. "Im Gegensatz zum Doping mit Epo sind die kleinen Erythrozyten bei Sphärozytose mit einer normalen Menge des Blutfarbstoffs Hämoglobin beladen, was zu einer erhöhten Konzentration führt", sagte Ehninger. Der entsprechende Messwert sei bei Pechstein erhöht - dies sei für die Sphärozytose typisch, aber eben nicht für Doping mit EPO.

15 Fehler im Cas-Urteil ?

Jelkmann, der schon als Gutachter im Fall Pechstein tätig war, folgert nun: "Nach der medizinischen Faktenlage hätte Frau Pechstein freigesprochen werden müssen. Aus ihren Messwerten der vergangenen zehn Jahre lässt sich Doping mit Epo oder analog wirkenden Substanzen nicht belegen. Im Gegenteil, viele Messwerte widersprechen eindeutig einem Blutdoping." Jelkmann listet zudem insgesamt 15 Fehler im Cas-Urteil auf.

Auch Ehninger beklagt, dass der CAS "die vorgelegten Gutachten nicht ausreichend gewürdigt, falsch zitiert und in der schriftlichen Urteilsbegründung tendenziell dargestellt" habe und dass "Zweifel am Dopingvorwurf durch Fachleute für Bluterkrankungen keine Berücksichtigung" fanden. Der Siegener Hämatologe Winfried Gassmann hat ein 32-seitiges Gutachten erstellt und kommt zu dem Schluss, dass "keine Belege für Blutdoping welcher Art auch immer zu finden" seien.

Quelle: ntv.de, dpa/sid

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