Sport

"Doping-Mentalität gefördert" Wenn Athleten zu Versuchskaninchen werden

Wurde der olympische Gedanke absichtlich ignoriert?

Wurde der olympische Gedanke absichtlich ignoriert?

(Foto: imago images/Laci Perenyi)

Der Erfolgsdruck vor Olympischen Spielen ist riesig, erst recht vor solchen im eigenen Land: Britische Olympioniken haben offenbar deswegen vor den Sommerspielen 2012 in London eine Wunderdroge testen können, die eigentlich für US-Streitkräfte entwickelt worden war. Das Entsetzen ist riesig.

Entsetzen bei den Athleten, Kritik von der Nada: Der Bericht der "Mail on Sunday" zum Geheimprojekt des britischen Dachverbandes UK Sport mit einer experimentellen Substanz hat in Deutschland heftige Reaktionen ausgelöst. "Der internationale Druck im Wettbewerb der Nationen um Medaillen darf nicht dazu führen, dass Athlet*innen zu Versuchsobjekten gemacht werden", teilte der Verein Athleten Deutschland mit.

Die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) hält das Projekt, das UK Sport vor den Olympischen Spielen 2012 in London etabliert haben soll, aus mehreren Gründen für kritisch. "Auch wenn es sich nicht um verbotene Substanzen handelt, so kann die grundlose Einnahme dieser Medikamente nicht nur für die Gesundheit fraglich sein, auch wird eine sogenannte Doping-Mentalität gefördert."

Die britische Zeitung "Mail on Sunday" hatte berichtet, dass UK Sport 91 Athletinnen und Athleten aus acht olympischen Disziplinen mit dem Energiedrink DeltaG versorgt habe, der die damals wenig getestete Substanz Keton-Estern enthielt. Die experimentelle Substanz wird als Wunderdroge bezeichnet und war eigentlich für US-Streitkräfte entwickelt worden. Ziel der Forschung sollte es sein, dass US-Soldaten hinter feindlichen Linien mit weniger Rationen auskommen können.

"In seiner Schutzfunktion versagt"

Das Projekt soll Hunderttausende Pfund an Steuergeldern verschlungen haben, die Sportler mussten eine Erklärung zur Geheimhaltung unterschreiben und bei möglichen positiven Doping-Nachtests die alleinige Verantwortung übernehmen. UK Sport stritt den Vorwurf ab, um jeden Preis Medaillen gewinnen zu wollen. Mögliche Nebenwirkungen oder die Vereinbarkeit mit den Anti-Doping-Regeln waren damals nicht bekannt.

Laut der Recherche der "Mail on Sunday" litten 40 Prozent der Sportlerinnen und Sportler unter Nebenwirkungen wie Erbrechen oder Magen-Darm-Problemen. 28 Athleten brachen die Einnahme des Energiedrinks daher ab, weitere 24 Athleten sahen keinen Vorteil in der Behandlung und beendeten das Projekt. Das Team GB hatte bei den Spielen 2012 mit der Rekordausbeute von 29 Goldmedaillen Platz drei im Medaillenspiegel belegt.

"Es scheint, als habe die steuerfinanzierte Behörde UK Sport nicht nur wissentlich Hinweise der Wada missachtet, sondern die gesamten gesundheitlichen und rechtlichen Risiken mit Kalkül auf die Athlet*innen abgewälzt", teilte der Athleten-Verein mit: "Somit hätte der britische Staat in seiner Schutzfunktion für seine Athlet*innen versagt."

"Aus Sicht der Nada" sei es zudem "fatal, wenn Sportlerinnen und Sportler früh lernen, Graubereiche auszutesten und damit in einem Gefühl bestärkt werden, nur eine gute Leistung bringen zu können, wenn man eine Vielzahl von Nahrungsergänzungsmitteln ausprobiert". Generell rate die Nada Sportlern von der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ab.

Quelle: ntv.de, ara/sid

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