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Letztes Mal "kleiner Ally Pally"Wer kann Darts-Dominator Luke Littler bei der WM stoppen?

11.12.2025, 06:21 Uhr
imageVon Kevin Schulte
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Maximale Präzision, den WM-Titel immer im Blick: Heute beginnt die "Mission Titelverteidigung" für Darts-Weltmeister Luke Littler. (Foto: picture alliance/dpa/PA Wire)

Gelingt Luke Littler die Titelverteidigung? Wird die Darts-WM für den 18-jährigen Superstar ein einfacheres Unterfangen als die Führerscheinprüfung? Wie ist die Ausgangslage zum Start der Darts-WM in London? ntv.de klärt die wichtigsten Fragen.

Ein Deutscher wird die Darts-Weltmeisterschaft heute Abend (20 Uhr, Dazn/Sport1) eröffnen. Arno Merk aus Niedersachsen bestreitet gegen den Belgier Kim Huybrechts das erste von 127 Spielern der Riesen-Darts-WM. Ebenfalls am ersten Abend im Einsatz ist Titelverteidiger Luke Littler. Eine erste Durchgangsstation auf dem Weg zum nächsten WM-Titel für das 18-jährige Darts-Wunder? Dafür spricht einiges. Hier sind die Infos, die zum Start des Pfeile-Spektakels im Londoner "Ally Pally" wissen müssen.

Wer sind die Favoriten? Den Plural könnten wir uns sparen. Es gibt nur einen Topfavoriten. Luke Littler, der erst 18-jährige Titelverteidiger, hat in diesem Jahr fast alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Der junge Engländer steht in den Fußstapfen der einstigen Darts-Legende Phil "The Power" Taylor, die den Sport über Jahrzehnte hinweg dominiert hat. Zuletzt gab es eine derart große Dominanz eines Spielers im Jahr 2017, als Michael van Gerwen so gut wie alles abräumte. Jetzt leben wir in der Littler-Ära. Der Abstand von "The Nuke" zum zweitbesten Spieler ist weitaus größer als der Abstand zwischen der Nummer 2, Luke Humphries, und dem Rest. Alles andere als Littlers dritter Einzug in ein WM-Finale bei seiner dritten Teilnahme wäre eine Überraschung. Der Start ins Turnier gegen Darius Labanauskas aus Litauen dürfte weniger holprig verlaufen als die theoretische Führerscheinprüfung. Die hat Littler erst im siebten Anlauf gemeistert.

Wer ist Littlers größter Gegner? Die klare Nummer zwei der Darts-Welt ist Luke Humphries. Dafür sprechen alle Statistiken des Darts-Jahres. Der 30-jährige Engländer ist meistens deutlich besser als fast alle anderen, aber meistens auch klar hinter Luke Littler einzuordnen. Nach fast zwei Jahren an der Spitze der Weltrangliste wurde 2024er-Weltmeister Humphries erst vorigen Monat von Littler abgelöst. Die wichtigen Duelle in großen Finals gegen seinen Namensvetter gingen zuletzt alle verloren. Eine zusätzliche Motivationsspritze könnte die besondere Ehre sein, die Humphries am Mittwoch zuteilwurde. Der große Leeds-United-Fan ist für seine Leistungen zum "Member of the Order of the British Empire" (MBE) ernannt worden.

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Größter Titel seit der Darts-WM 2024: Luke Humphries ist jetzt Member of the Order of the British Empire, kurz MBE. (Foto: picture alliance / Photoshot)

Wer sind die Mitfavoriten? Zuerst muss Gerwyn Price genannt werden. Der Weltmeister der Corona-WM 2021 wartet mittlerweile zwar seit über vier Jahren auf den Gewinn eines großen Ranglisten-Majors. Im Unterschied zu vielen Konkurrenten tritt er gegen den übermächtigen Littler aber nicht ängstlich auf, sondern schafft es häufig, ausgerechnet gegen den amtierenden Weltmeister seine besten Darts zu spielen. Wenn Price und Littler sich schadlos halten, spielen sie am 1. Januar 2026 im WM-Viertelfinale gegeneinander.

Es mag verrückt klingen, aber wenn es neben den Lukes noch so etwas wie Titelkandidaten gibt bei dieser Darts-WM, dann zählt dazu ausgerechnet ein Spieler, der noch kein einziges WM-Match gewinnen konnte. Gian van Veen, der amtierende Europameister und Jugend-Weltmeister, tritt zum dritten Mal im legendären Londoner Alexandra Palace ans Dartboard - und wird sich nicht mit seinem Debütsieg zufriedengeben. Dafür war das Jahr des jungen Niederländers viel zu gut. Der Höhepunkt war der Sieg bei der Europameisterschaft in Dortmund Ende Oktober. Der 23-Jährige mit abgeschlossenen Luftfahrttechnik-Studium gewann damals ein hochdramatisches Endspiel gegen Luke Humphries. Bei der WM könnte es im Viertelfinale zur Revanche kommen.

Ein weiterer Spieler dieser Kategorie ist Josh Rock. Den amtierenden Sieger der Team-Weltmeisterschaft (mit Daryl Gurney für Nordirland) zeichnen herausragende Scoringpower, Explosivität und eine riesige Portion Selbstvertrauen aus. Anders als van Veen hat Rock abgesehen von der Team-WM aber noch kein Major-Finale erreicht. Ob das ausgerechnet bei der WM gelingt? Rocks Auslosung ist nicht ohne. In Runde zwei könnte es zu einem spektakulären Aufeinandertreffen mit dem Deutschen Niko Springer kommen.

Und was ist bloß mit "MvG" los? Michael van Gerwen, Weltmeister 2014, 2017 und 2019, blickt anders als die extrem junge Konkurrenz auf sein wohl schwierigstes Jahr als Dartsprofi zurück. Der Sieg bei den World Series Finals in Amsterdam im September war großartig, der Rest (abgesehen von einem Titel auf der European Tour in München) das Gegenteil. Verwunderlich ist das angesichts privater Probleme (die Ehe von "MvG" ist zerbrochen) nicht. Wer den Niederländer abschreibt, macht jedoch einen großen Fehler. Wenn die WM ansteht, ist Michael van Gerwen fast immer ein Faktor. Bei den letzten sechs Weltmeisterschaften stand "Mighty Mike" dreimal im Finale.

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Bis auf den Titel bei den World Series Finals hat Michael van Gerwen bei den großen Turnieren des Jahres nicht performt. (Foto: picture alliance / Action Plus)

Wer sollte noch erwähnt werden? Seit dem Einzug ins Halbfinale der letzten WM ist Stephen Bunting die Nummer vier der Welt. Die aktuelle Formkurve rechtfertigt diese Platzierung aber nicht mehr. Was für Bunting spricht, ist die Auslosung. Das zweite Turnierviertel ist das mit Abstand offenste, weil Littler (Viertel 1), Humphries (Viertel 3), van Gerwen, van Veen, Rock (alle Viertel 4) weit weg sind. Im Bunting-Viertel tummelt sich mit Jonny Clayton ein weiterer Spieler aus der Weltspitze. Das "Frettchen", wie der Waliser genannt wird, geht als Nummer fünf der Welt ins Rennen. Aber auch Clayton steckt in einer kleinen Formkrise. Davon kann bei Danny Noppert keine Rede sein. Der Niederländer ist so gut wie noch nie, stand bei fast jedem erdenklichen Major-Turnier im Halbfinale. Bei der WM will Noppert einen Fluch brechen. Bislang hat es für den konstant starken Friesländer noch nie fürs Achtelfinale gereicht. Das wäre angesichts seiner Form sogar zu wenig.

Was ist mit den anderen großen Namen? Auch wenn seine WM-Bilanz durchwachsen ist, auf eines kann sich die Darts-Welt seit 20 Jahren verlassen: James Wade, der Dauerbrenner, ist "still standing", wie es in seinem Walk-On-Song von Elton John heißt. Dieses Jahr hat es "The Machine" gleich in zwei große Finals geschafft. Aber einen WM-Fluch trägt auch der 42-jährige Engländer mit sich herum: Bei den letzten drei Ausgaben ging Wade jeweils im ersten Spiel baden.

Von einem WM-Fluch kann bei Gary Anderson keine Rede sein. Der "Flying Scotsman" ist einer der größten Spieler aller Zeiten und hat Historisches vollbracht. Als bisher letzter Spieler gelang Anderson die erfolgreiche WM-Titelverteidigung. Zehn Jahre ist das her. Littler will es ihm nachmachen.

Und was macht Rob Cross? Ein desaströses Jahr liegt hinter dem Weltmeister von 2018. Ob ausgerechnet die WM die Wende bringt? Fraglich. Immerhin lässt die Auslosung ein Achtelfinale realistisch erscheinen. Dann droht allerdings Littler.

Ein anderer Weltmeister dürfte mit dem Achtelfinal-Einzug ebenfalls bereits zufrieden sein: Michael Smith hat seit seinem Weltmeister-Triumph 2023 eine lange Leidensgeschichte hinter sich. Sportlich wurde es immer schlechter. Zur Faulheit, die sich Smith selbstkritisch attestiert hatte, kam seine Arthritiserkrankung am Fuß und Handgelenk hinzu.

Ebenfalls schlecht ist das Jahr für Peter Wright verlaufen. "Snakebite", Weltmeister 2020 und 2022, kann in den meisten Spielen mit der Dartselite kaum noch mithalten. Einzige Hoffnung für den inzwischen 55 Jahre alten Schotten: Die Voraussetzungen waren auch bei der letzten WM mies. Trotzdem gewann Wright sensationell im Achtelfinale gegen den damaligen Titelverteidiger Luke Humphries. Besonders beachtenswert: In der Runde der letzten 32 könnte es bereits zum großen Ex-Weltmeister-Duell mit Michael van Gerwen kommen.

Welche Chancen haben die Deutschen? Klare deutsche Nummer eins ist derzeit Martin Schindler. Der 29-jährige Wahl-Hesse hat über die vergangenen Jahren hinweg einen steilen Satz nach oben gemacht. In diesem Jahr gelang Schindler mit dem Einzug in die elitären Top 16 etwas Historisches. Nie zuvor stand ein Deutscher so weit oben in der Weltrangliste. Mit einer guten WM ist für die aktuelle 13 der Welt sogar der Sprung in die Top 10 drin. Die Auslosung hat es gut gemeint mit dem Deutschen: Erster möglicher ganz großer Gegner wäre Stephen Bunting im Achtelfinale.

Auch für Ricardo Pietreczko ist die Auslosung gut gelaufen. Der 33-jährige Wahl-Hannoveraner hat ebenfalls keinen völlig unlösbaren Weg in ein mögliches WM-Achtelfinale vor sich. In der Runde der letzten 16 kennt sich Pietreczko sogar schon aus. Voriges Jahr schaffte "Pikachu" als klar bester Deutsche den Einzug ins Achtelfinale.

Drittes heißes Eisen im Feuer aus deutscher Sicht ist Niko Springer. Bei seiner erst zweiten WM-Teilnahme ist der glühende Mainz-05-Fan klarer Favorit im Erstrundenspiel gegen Joe Comito aus Australien. Ein mögliches Zweitrundenspiel gegen Josh Rock könnte zu einem Highlight des Turniers werden. Kommt Springer da durch, ist ein ganz tiefer Run möglich. Für Springer scheint spätestens nach seinem Triumph beim European-Tour-Event in Budapest im September vieles möglich zu sein.

Mit anderen Vorzeichen geht Gabriel Clemens ins Turnier. Der WM-Halbfinalist der WM 2023 ist in der Weltrangliste auf Platz 47 abgestürzt. Entscheidend für die Bewertung von Clemens' wird die erste Runde sein. Gegen den US-Amerikaner Alex Spellman ist der Saarländer Favorit. Kommt Clemens durch, könnte es in Runde zwei gegen das starke niederländische Talent Wessel Nijman gehen. In Runde drei würde höchstwahrscheinlich Luke Humphries warten.

Ein famoses WM-Comeback feiert Max Hopp. Zum bereits neunten Mal ist der "Maximiser" bereits im "Ally Pally" dabei. Das erste Mal stand Hopp mit 16 Jahren auf der großen Bühne. 13 Jahre später ist Hopp eine beeindruckende Rückkehr auf die Profitour gelungen. Statt als TV-Experte für Sport1 betritt Hopp jetzt wieder als Spieler den "Ally Pally". In Runde eins kann sich Hopp gegen den schwächelnden Martin Lukeman sogar gute Chancen auf einen Sieg ausrechnen.

Außerdem sind noch drei deutsche Debütanten mit bei der WM dabei. Lukas Wenig spielt gegen den Niederländer Wesley Plaisier um den Verbleib in den Top 64 der Weltrangliste. Das wäre gleichbedeutend mit dem Verbleib auf der Profitour. Es geht gegen Plaisier also nicht nur um ein mögliches Zweitrundenspiel gegen Gerwyn Price, sondern auch um den "Klassenerhalt".

Entspannter kann dagegen Dominik Grüllich ins WM-Abenteuer starten. Grüllich hatte sich im Januar die Spielberechtigung für die Profitour gesichert. Gegen Jermaine Wattimena aus den Niederlanden ist Grüllich klar in der Außenseiterrolle. Das Grüllich an einem guten Tag aber auch große Gegner ärgern kann, hat er auf der Tour schon oft genug bewiesen.

Ebenfalls nichts zu verlieren beim Debüt hat Arno Merk. Der 33-Jährige aus Peine hat die Super League in diesem Jahr gewonnen (für alle Spieler aus dem deutschsprachigen Raum ohne Profistatus). Zur Belohnung gibt es nicht nur mindestens ca. 17.000 Euro Preisgeld für die WM-Quali, sondern auch noch eine besondere Ehre: Merk wird heute Abend die WM eröffnen. Das erste von 127 WM-Spielen bestreitet der Niedersachse gegen den Belgier Kim Huybrechts.

Was ist sonst noch wichtig? Die Profidarts-Organisation PDC hat das Turnier von 96 auf 128 Teilnehmer ausgeweitet. Die Veranstaltung wurde deshalb um satte vier Tage verlängert. Startberechtigt sind die Top 40 der Weltrangliste, 40 weitere Qualifikanten der Profitour sowie 48 sogenannte "internationale" Teilnehmer, die es über verschiedene Wege zur WM geschafft haben.

Unter den 128 Teilnehmern sind fünf Frauen. Mit Beau Greaves ist darunter sogar eine Spielerin, die Luke Littler in diesem Jahr bezwingen konnte. Im Halbfinale der Jugend-Weltmeisterschaft gewann die 21 Jahre junge Engländerin sensationell gegen "The Nuke", bevor sie im Finale Gian van Veen unterlag.

Gleich drei Nationen sind dieses Jahr erstmals bei der Darts-WM vertreten: Norwegen mit dem 2,05-Meter Hünen Cor Dekker. Argentinien mit dem in Spanien wohnhaften Jesus Ruben Salate. Kenia mit David Munyua, der im normalen Leben als Tierarzt arbeitet.

Was bekommt der Gewinner? Das Preisgeld wurde verdoppelt. Der Darts-Weltmeister 2026 erhält eine Million Pfund vor Steuern, das sind umgerechnet über 1,1 Millionen Euro. Insgesamt werden fünf Millionen Pfund an die 128 Teilnehmer ausgeschüttet. Auch das ist eine Verdopplung.

Warum ist diese WM die letzte ihrer Art? Die PDC richtet das 20-tägige Turnier in diesem Jahr zum letzten Mal in der West Hall des Alexandra Palace aus. Die kommende WM 2026/2027 findet in der Main Hall des historisch-kultigen Austragungsorts statt. Dann sollen pro Session 5000 statt 3000 Zuschauer Platz finden. Aus dem "kleinen Ally Pally" mit seiner hochexplosiven Stimmung wird ein weitaus größerer "Ally Pally".

Wo wird die WM übertragen? Sport1 und Dazn zeigen das Turnier von Tag 1 bis Tag 20 live. Auf ntv.de bleiben Sie während des Turniers durchgehend informiert - Sie können das gesamte Turnier im Liveticker verfolgen und lesen jeden Tag die spannendsten Geschichten von der größten Darts-WM aller Zeiten.

Quelle: ntv.de

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