Akten belegen Verwicklung des Staates Westdeutschland zahlte Dopingforschung
30.07.2013, 09:59 UhrDoping von Staats wegen gab es nicht nur in der DDR, sondern auch in der Bundesrepublik. Nun ist eine Akte aufgetaucht, die das Ausmaß der Förderung belegt. Über 139.000 D-Mark sollen allein in die Anabolika-Forschung geflossen sein. Das Innenministerium schweigt.
Dopingforschung ist in den 1970er Jahren auch im Westen Deutschlands staatlich finanziert worden. Dies sei nun erstmals auch durch offizielle Schriftstücke belegt, berichten die "Main-Post" und die "Märkische Oderzeitung". Demnach habe das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) vor den Olympischen Spielen 1972 in München Versuche zur leistungsfördernden Wirkung von Anabolika in Freiburg bezuschusst. Das gehe aus Akten des Koblenzer Bundesarchivs hervor. Die "Main-Post" veröffentlichte die Schriftstücke auf ihrer Internetseite.
Zudem habe es auch mit Steuergeldern unterstützte Forschungen mit 15 Versuchspersonen zur Wirkung von Insulin und Wachstumshormonen gegeben. Das BISp und das übergeordnete Bundesinnenministerium verweigerten eine Stellungnahme.
Dem Medienbericht zufolge genehmigte das BISp nach Prüfung eines Antrags aus dem Oktober 1971 ein Budget von 139.200 Mark für weitere Forschung mit Anabolika in Freiburg. Die Versuche seien im Jahr 1973 auf "maximal trainierte Gewichtheber der deutschen Spitzenklasse" ausgeweitet worden. Die Freiburger Ärzte wollten demnach feststellen, ob durch die Dopingsubstanz "eine weitere Förderung der Kraft noch möglich ist".
Abschlussbericht noch unter Verschluss
Um die Aufarbeitung der westdeutschen Doping-Geschichte gibt es seit Jahren Streit. Eine Forschergruppe der Berliner Humboldt Universität hatte in einer vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) initiierten Studie bereits festgestellt, dass es "staatlich subventionierte Anabolika-Forschungen" gegeben habe. Diese seien nach 1970 in Freiburg beim umstrittenen Sportmediziner Joseph Keul "konzentriert" worden. Der Abschlussbericht der Forscher ist bislang jedoch nicht veröffentlicht, das BISp und der DOSB nannten Datenschutzbedenken als Grund.
"Ich habe die Studie 2008 initiiert, damit die Doping-Vergangenheit auch im westdeutschen Sport aufgearbeitet wird. Wir werden die Ergebnisse der Studie 'Doping in Deutschland' intensiv analysieren und gegebenenfalls Konsequenzen ziehen", sagte DOSB-Präsident Thomas Bach.
Erstmals offizielle Dokumente
In der Studie "Doping in Deutschland 1950 bis heute aus historisch-soziologischer Sicht im Kontext ethischer Legitimation" hatten sich die Forscher auf interne handschriftliche Notizen aus dem BISp gestützt. Zudem lagen ihnen Zeitzeugenberichte vor. Die nun offenbar im Koblenzer Bundesarchiv aufgetauchten Akten wären die ersten offiziellen Dokumente zur staatlichen Dopingförderung in den 70er Jahren.
Auch an der Uni Freiburg stockte die Aufklärung der Doping-Vorgänge zuletzt. Letizia Paoli, Leiterin einer Untersuchungskommission, hatte im Februar beklagt, einen manipulierten Arbeitsauftrag erhalten zu haben und bei den Nachforschungen behindert worden zu sein. Die Uni-Spitze bestritt dies. Auch hier liegt noch kein Abschlussbericht der Gutachter vor.
Quelle: ntv.de, dpa