WM-Auftakt gegen wilde Ägypter DHB-Team startet ins Ungewisse
14.01.2011, 11:10 UhrDas Losglück war der deutschen Handball-Nationalmannschaft vor der WM in Schweden nicht hold, mit Frankreich und Spanien sind zwei Topteams schon in der Vorrunde die Gegner. Bundestrainer Heiner Brand hat sogar vier Endspiele ausgemacht, ist aber zuversichtlich - sofern ein Auftaktsieg gegen die unberechenbaren Ägypter glückt.

Die WM in Schweden wird für Heiner Brand und sein Team eine Reise ins Ungewisse. Sicher scheint: Die Vorrunde wird höllisch schwer.
(Foto: dpa)
Die Würfel sind gefallen: Ohne Torhüter Carsten Lichtlein und Rechtsaußen Patrick Groetzki starten die deutschen Handballer in die WM in Schweden, die am Donnerstagabend mit dem klaren 28:18-Erfolg der Gastgeber über den Exoten Chile eröffnet worden war. Vor dem richtungweisenden deutschen Auftaktspiel gegen Ägypten ab 18.15 Uhr (ARD) strich Bundestrainer Heiner Brand den Lemgoer Keeper und den Außenspieler von den Rhein-Neckar Löwen aus dem Aufgebot und nimmt die WM nur mit 15 statt der erlaubten 16 Spieler in Angriff.
Die Marschroute gegen den Zweiten der Afrika-Meisterschaft, dessen unorthodoxe Spielweise oft mit wild umschrieben wird, tangiert das natürlich nicht: Mit einem Sieg will das DHB-Team die Weichen für einen erfolgreichen Turnierverlauf stellen. Der Druck ist immens. Eine Niederlage wäre in der schwersten der vier Vorrundengruppen mit Titelverteidiger Frankreich, dem 2005er-Weltmeister Spanien, Afrikameister Tunesien, Ägypten und Bahrain eine ganz schwere Hypothek auf dem Weg in die Hauptrunde.
"Diesmal ist es tatsächlich so, dass die Vorrunde schwerer wird als die Hauptrunde", glaubt Nationaltorhüter Johannes Bitter. Das führt zu der kuriosen Situation, dass die DHB-Auswahl zwar erstmals seit 2002 wieder ohne Verletzungssorgen in ein großes Turnier startet, aber manchen Experten dennoch so chancenlos wie seit Jahrzehnten nicht mehr erscheint. Heiner Brand sagt das naturgemäß nicht so, er sagt: "Ägypten und Tunesien sind zwei unangenehme Gegner. Über die Qualitäten der Spanier und Franzosen brauchen wir nicht zu reden. Gegen Bahrain müssen wir gewinnen. Wir haben also vier Endspiele. Wir müssen bissig und voll konzentriert sein und wollen gegen jeden Gegner gewinnen. Danach sehen wir weiter."
Die vier Vorrundengruppen im Überblick
Gruppe A | Gruppe B | Gruppe C | Gruppe D |
Tunesien | Ungarn | Serbien | Südkorea |
Spanien | Österreich | Rumänien | Slowakei |
Frankreich | Norwegen | Kroatien | Schweden |
Deutschland | Japan | Dänemark | Polen |
Bahrain | Island | Australien | Chile |
Ägypten | Brasilien | Algerien | Argentinien |
Am Donnerstagnachmittag war die deutsche Mannschaft bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt im Mannschaftsquartier in Kristianstad angekommen. Am Abend überbrachte Brand nach ersten Trainingseinheiten und intensivem Videostudium des Gegners dann gute Nachrichten: Sein Team sei bestens auf die Aufgabe Ägypten eingestimmt und auch die zuletzt angeschlagenen Michael Haaß (Göppingen) und Christian Sprenger (Kiel) konnten wieder alle Übungen mitmachen.
Volle Konzentration nötig
Trotz der zwei Niederlagen im unmittelbaren WM-Vorfeld gegen Island wollen die Mannen um Kapitän Pascal Hens schon gegen den Zweiten der Afrikameisterschaft mit breiter Brust auflaufen. "Unser Selbstvertrauen hat in den beiden Spielen auf Island nicht gelitten", sagte Brand. Der Bundestrainer warnt aber davor, den Zweiten der Afrikameisterschaft auf die leichte Schulter zu nehmen. "Ägypten ist sehr schwer auszurechnen. Dort haben personell einige Veränderungen stattgefunden", sagte Brand und forderte im Gegensatz zu den beiden Niederlagen auf Island volle Konzentration über 60 Minuten: "Wir dürfen uns keine Schwächephasen erlauben. Wir müssen hart in der Abwehr arbeiten und uns auf unsere Stärken besinnen."
Die unberechenbaren Afrikaner, die vom früheren deutschen Nationalspieler Jörn-Uwe Lommel trainiert werden, rechnen sich selbst Chancen aus. Lommel hofft: "Im ersten Spiel eines Turniers hat es der Außenseiter vielleicht etwas einfacher. Auf ihm lastet weniger Druck." An mangelnder Vorbereitungszeit werden die Ägypter nicht scheitern. Im Gegensatz zu Heiner Brand, der mit seinem Team erst am 2. Januar in die Vorbereitung gestartet ist, bereitet Lommel seine junge Mannschaft seit November auf den Saisonhöhepunkt vor.
Traum von Überraschungen
Kapitän Hens denkt nicht an Ausrutscher. Er denkt sogar an Überraschungen gegen den Titelverteidiger und Topfavoriten Frankreich und die als Medaillenanwärter eingestuften Spanier, die in der kommenden Woche als dicke Brocken in der Vorrunde warten. "Wenn wir im Angriff geduldig spielen, können wir die Mannschaften, die Topfavoriten sind, schlagen", sagt der Hamburger Rückraumspieler. Wenn es für das Halbfinale reichen soll, ist ein Erfolg gegen eines der Topteams rechnerisch sogar Pflicht. Spätestens im Duell mit den Schwergewichten wird sich auch zeigen, ob die Entscheidung des Bundestrainers, auf den erfahrenen Linksaußen Torsten Jansen (Hamburg) zu verzichten, keine bösen Folgen hat.
Das erklärte WM-Ziel der deutschen Mannschaft ist aber keine Medaille. Nach dem enttäuschenden zehnten Rang bei der EM 2010 in Österreich, wo es vor allem am Offensivspiel haperte, wollen sie Wiedergutmachung betreiben. Dabei haben sie auch schon die Olympischen Spiele 2012 in London im Hinterkopf. Nur der Weltmeister ist direkt qualifiziert, die Plätze zwei bis sieben berechtigen zur Teilnahme an einem der Qualifikationsturniere.
Der deutsche WM-Kader
Torhüter | ||
Silvio Heinevetter | Füchse Berlin | 45/0 |
Johannes Bitter | HSV Hamburg | 130/2 |
Feld | ||
Christian Sprenger | THW Kiel | 63/128 |
Holger Glandorf | TBV Lemgo | 127/450 |
Adrian Pfahl | VfL Gummersbach | 6/22 |
Steffen Weinhold | TV Großwallstadt | 16/24 |
Michael Haaß | Frisch Auf Göppingen | 64/89 |
Michael Kraus | HSV Hamburg | 99/310 |
Pascal Hens | HSV Hamburg | 172/511 |
Lars Kaufmann | Frisch Auf Göppingen | 96/246 |
Sven-Sören Christopherson | Füchse Berlin | 42/72 |
Uwe Gensheimer | Rhein-Neckar Löwen | 42/139 |
Dominik Klein | THW Kiel | 116/225 |
Sebastian Preiß | TBV Lemgo | 129/323 |
Jacob Heinl | SG Flensburg-Handewitt | 8/11 |
Oliver Roggisch | Rhein-Neckar Löwen | 142/29 |
Quelle: ntv.de, cwo/dpa/sid