Boy und Nguyen krönen Turn-Festspiele EM endet mit Doppelmedaille
10.04.2011, 17:13 UhrDie deutschen Turner beenden die EM in Berlin mit einer überzeugenden Bilanz. Zum Abschluss holen Philipp Boy und Marcel Nguyen Silber und Bronze am Reck. Zuvor hatte Nguyen mit dem Titel am Barren die zweite Goldmedaille des Turniers für den DTB errungen.

Nguyen (links) und Boy freuen sich über den gelungenen Abschluss der EM.
Die Heim-Europameisterschaft in Berlin ist für die deutschen Turner ein hervorragendes Pflaster gewesen. Am Ende krönten Philipp Boy und Marcel Nguyen mit Silber und Bronze am Reck die sensationelle Bilanz. Obwohl beide nicht ganz fehlerfrei blieben, reichte es zu Podiumsplätzen hinter dem Top-Favoriten Epke Zonderland aus den Niederlanden. Damit beendeten die Deutschen das Championat mit insgesamt sieben Medaillen, gewannen zweimal Gold, dreimal Silber sowie zweimal Bronze und waren damit so erfolgreich wie zuletzt die DDR-Turner vor 22 Jahren 1989 in Stockholm.
"Ich wollte gern Europameister werden. Jetzt bin ich Vize geworden, deswegen ist es jetzt nicht weiter schlimm", bilanzierte Boy mit einigen Minuten Abstand den verpassten Sieg am Reck. Direkt nach seiner Übung und dem entscheidenden Patzer beim Adler war ihm ein "Fuck" entfahren: "Ich hab halt diesen einen Fehler gemacht. Aber ich bin dann kurz raus und hab Dampf abgelassen, und dann war es wieder okay."
Zuvor hatte Marcel Nguyen am Barren überraschend souverän die Goldmedaille und damit nach Mehrkampf-Gold für Boy den zweiten EM-Titel für das DTB-Team gewonnen. Nguyen erhielt 15,525 Punkte für seine Übung, die er mit der Höchstschwierigkeit von 6,700 nahezu perfekt geturnt hatte. Direkt nach seinem Abgang ballte der 23-Jährige mehrmals die Faust Richtung Publikum und bedankte sich für die Anfeuerungsrufe: "Das war eine Bombenübung."
Als erster Starter gelang Nguyen ein starker Auftakt, der seine Konkurrenten unter Druck setzte. Der Slowene Mitja Petkovsek, in der Qualifikation der Beste, musste als Zweiter ans Gerät. Ein Fehlgriff und der damit verbundene Absteiger zerstörte früh alle Medaillenhoffnungen. Silber gewann letztlich der Niederländer Epke Zonderland (15,300) vor Vasileios Tsolakidis (Griechenland/15,075).
Starker Abgang
Der Erfolg des 23-jährigen Deutsch-Vietnamesen aus München kam nicht völlig unerwartet und hat dennoch etwas Märchenhaftes. "Er besitzt alle Vorteile eines Turners mit asiatischer Leichtbauweise", sagt Bundestrainer Andreas Hirsch über den Münchner. Nguyens größter Vorteil ist aber sein Abgang. Den Tsukahara am Barren, den können nicht viele. Marcel Nguyen schon. Er hat ihn "mal im Training ausprobiert". Dann hat er ihn sich selbst beigebracht, innerhalb einer Woche.
Sein großer Nachteil aber war der Dreifach-Tsukahara am Boden beim Dreiländerkampf in Schaffhausen, damals im September 2010. Nguyen, frisch gekürter deutscher Meister im Mehrkampf und am Barren, stand ihn nicht. Schlimmer noch: Sein Wadenbein brach. Die WM in Rotterdam musste er abschreiben.
In Berlin hat sich Nguyen auf der internationalen Bühne mit einem Paukenschlag zurückgemeldet, einem goldenen Paukenschlag. Nachdem ihn im Mehrkampf-Finale ein Sturz am Reck noch um eine Medaille gebracht hatte, behielt Nguyen im Barren-Endkampf die Nerven. Nur einen kleinen Nachdrücker erlaubte er sich an seinem Paradegerät, ehe er den Abgang mit Tsukahara perfekt stand. Die Max-Schmeling-Halle, wie an den beiden Wettkampftagen offiziell ausverkauft und dennoch zum ersten Mal richtig voll, tobte. Auch für die Zuschauer ist die Max-Schmeling-Halle ein hervorragendes Pflaster.
Quelle: ntv.de, mit dpa