
Alonso distanzierte in Miami auch Ferrari.
(Foto: IMAGO/HochZwei)
Platz drei beim Großen Preis von Miami, Platz drei in der Fahrerwertung, es läuft in der Formel 1 für Fernando Alonso. Der Aston-Martin-Pilot ist aktuell "best of the rest" - und findet mitten im Rennen sogar Zeit dafür, die Konkurrenz im Fernsehen zu verfolgen.
"Ich konnte das Rennen ziemlich gut am TV verfolgen", das klingt eigentlich nach einer ziemlich gewöhnlichen Aussage. Der Große Preis von Miami wurde schließlich in fast die ganze Welt übertragen und wird der global boomenden Formel 1 einmal mehr gute Quoten beschert haben. Das Zitat allerdings stammt nicht von irgendeinem gewöhnlichen Fan, der die 57 Runden rund um das Footballstadion der Miami Dolphins am heimischen Fernseher in Buenos Aires, Shanghai oder Mönchengladbach betrachtet hat.
Sondern von Fernando Alonso, der seinen Aston Martin im fünften Rennen dieser Saison zum vierten Mal aufs Podium pilotierte - und währenddessen aufmerksam verfolgte, was Teamkollege Lance Stroll weiter hinten im Feld so veranstaltete.
"Um welche Position kämpft Lance?", funkte Alonso in der Schlussphase an seine Box, lobte dann dessen "großartiges Manöver in Kurve eins". Am Ende der Start-Ziel-Geraden hatte Stroll kurz zuvor Williams-Pilot Alex Albon überholt und Platz 13 erobert, das Ziel erreichte der Kanadier schließlich als Zwölfter, außerhalb der Punkteränge. Knapp 40 Sekunden fehlten Stroll am Ende auf Alonso, der hinter dem einmal mehr uneinholbaren Red-Bull-Duo Max Verstappen und Sergio Perez wieder einmal unterstrich, dass er auch 22 Jahre nach seinem Formel-1-Debüt noch immer zu den besten Fahrern gehört.
"Hatte gedacht, es würde schwieriger werden"
Der kuriose Funkspruch schaffte es in die Übertragung und löste bei Kommentatoren und in den sozialen Medien überraschte und verwunderte Nachfragen aus. Denn während "Wo liegt mein Teamkollege?" noch zum Standard-Repertoire gehören mag, ist das Lob für ein Überholmanöver schon eher selten - besonders dann, wenn es wie in diesem Fall weit abseits des eigenen Cockpits stattgefunden hat. Alonso fuhr schließlich ein weitgehend einsames Rennen auf Platz drei, mit deutlichem Abstand zu den hinter ihm liegenden George Russell und Carlos Sainz und einer noch größeren Lücke zu den an der Spitze enteilten Red Bulls.
"Da stehen ja überall große Bildschirme neben der Strecke", bestätigte Alonso im Ziel und nach dem Aussteigen schließlich, was bis dahin alle spekuliert hatten: Dass der 41-Jährige trotz Höchstgeschwindigkeiten von rund 340 km/h und einem vom Motorsport-Weltverband FIA ermittelten Durchschnittstempo von exakt 210,041 km/h genug Zeit, Muße und Konzentration übrighatte, das Renngeschehen auf den zahlreichen riesigen Leinwänden entlang des 5,412 Kilometer langen Rundkurses zu verfolgen. "Es war ein einsames Rennen, ich hatte gedacht, es würde etwas schwieriger werden", denn "es gab keinen Druck von hinten".
Der Weltmeister von 2005 und 2006, damals hatte er die Titelserie von Michael Schumacher durchbrochen, mischt aktuell die sicher geglaubte Rangordnung der Formel 1 hinter Red Bull auf. Eigentlich waren Ferrari und Mercedes als erste Verfolger erwartet worden - nun aber sind Alonso in der Fahrerwertung und Aston Martin bei den Konstrukteuren "best of the rest". Exakt 15 Punkte hat der Spanier bislang an jedem der fünf Grand-Prix-Wochenenden dieser Saison eingefahren: Mit Rang drei in Bahrain, Saudi-Arabien, Australien und Miami, nur in Aserbaidschan verpasste er als Vierter knapp das Podium - die dadurch "verlorenen" drei Punkte hatte er zuvor als Sprint-Sechster geholt. Macht 75 Punkte, die meisten für einen Nicht-Red-Bull.
Alonsos Funksprüche sind legendär
Schon in Baku hatte es Alonso außerdem mit einem wertschätzenden Funkspruch in die Übertragung geschafft. "Gebt Lance mal meine Bremsbalance durch, ich glaube, das ist eine gute Hilfe", hatte er dort dem Kommandostand mitgeteilt, was dieser seinem Teamkollegen bitte ausrichten möge. Alonso ist das Gesicht des Aufschwungs bei Aston Martin, das nach dem Karriereende von Sebastian Vettel mit der Verpflichtung des nächsten Ex-Weltmeisters überrascht hatte. Dabei hatte der Spanier nach seinen WM-Titeln 2005 und 2006 mit Renault selten ein glückliches Händchen bei der Wahl seines Arbeitgebers - im Ferrari wurde er dreimal hinter Vettel nur Vize-Champion, mit McLaren fuhr er hinterher, auch bei Alpine blieben Top-Resultate weitgehend aus.
Schlagzeilen machten stattdessen eher Alonsos Funksprüche. Von "All the time you have to leave the space" nach einer Fast-Kollision mit Nico Rosberg 2012 in Bahrain über die Beschimpfung des eigenen Motors als "GP2 engine" beim Großen Preis von Japan 2015 bis zum Rennen in Belgien 2022, als er Lewis Hamilton nach einem Zusammenstoß vorwarf, dieser hätte doch keine Ahnung von fairen Zweikämpfen, weil er jahrelang allen davongefahren war - die Ausbrüche des in Oviedo geborenen Asturiers haben längst Legendenstatus.
Dabei sagt Alonso selbst, dass er solch freundliche Nachrichten wie jetzt für Stroll "auch in der Vergangenheit" gefunkt hatte. "Aber nur wenige meiner Funksprüche wurden übertragen", wunderte er sich, ehe er eine Veränderung konstatierte: "Aus irgendeinem Grund ist die Formel 1 jetzt lieb zu mir."
Und der 41-Jährige ist lieb zur Formel 1, denn er sorgt nicht nur mit starken Leistungen am Lenkrad für Aufmerksamkeit. Auch die Gerüchte um eine Liaison mit Pop-Superstar Taylor Swift halten Fans und Kommentarspalten bisweilen in Atem. Alonso beantwortete Fragen dazu jüngst breit grinsend, er habe "nichts zu sagen" zu den millionenfach angesehenen Tiktok-Videos, die er mit der Musik der US-Künstlerin unterlegt hat. Ernsthafte Hinweise auf eine tatsächliche Annäherung gibt es übrigens nicht - und Gründe für ein zufriedenes Lächeln gibt es bei Alonso derzeit auch so genug.
Quelle: ntv.de