Formel1

Der Thriller in der Renn-Analyse Budapest steht für die neue Formel 1

Die Fans sahen in Budapest viele enge Positionsduelle.

Die Fans sahen in Budapest viele enge Positionsduelle.

(Foto: REUTERS)

Nach dem Grand Prix von Budapest kann der Formel 1 keiner mehr mangelnde Attraktivität vorwerfen. Den Motoren fehlen zwar immer noch einige Dezibel, aber an Spannung fehlt es sicherlich nicht. Für den WM-Führenden Nico Rosberg hätte es auch etwas weniger Spannung sein dürfen. Das Rennen in der Analyse.

Von der Pole gestartet, konnte sich der Mercedes-Pilot zu Rennbeginn sofort deutlich von seinen Verfolgern absetzen. Dabei meisterte er auch die durch einen Regenschauer kurz vor Start noch nasse Strecke (alle Fahrer starteten auf Intermediates) perfekt. Als aber in Runde 8 Marcus Ericsson im Caterham eine Safety-Car-Phase auslöste, nahm das Drama seinen Lauf.

Einer der Hauptdarsteller des GP von Ungarn: das Safety-Car.

Einer der Hauptdarsteller des GP von Ungarn: das Safety-Car.

(Foto: REUTERS)

Rosberg und die ersten drei Verfolger waren schon an der Boxeneinfahrt vorbei und mussten somit eine weitere Runde absolvieren, bevor sie die Chance hatten, auf die für die mittlerweile abgetrocknete Strecke besser geeigneten Slicks zu wechseln. Für die Fahrer ab Platz 5 reichte die Zeit jedoch, um sofort an die Box zu kommen.

Da eigentlich alle Piloten die ersten 2 Runden einer Safety-Car-Phase mit einer Minimalrundenzeit um die Strecke fahren müssen, sollte ein Stopp in der folgenden Runde keine Folgen haben. Jedoch fuhr das Safety Car ungewöhnlich früh auf die Piste, so bald, dass die ersten Vier sich hinter ihm einreihen mussten. Da das Safety Car langsamer fährt als die vorgeschriebene Minimalrundenzeit der anderen Autos, bedeutete dies zusätzlichen Zeitverlust.

Die Folge des ganzen Durcheinanders war, dass sich die vier Führenden nach ihren Stopps mitten im Verfolgerfeld einreihen mussten. Um Rosberg wieder nach vorne zu holen, setzte man bei den Silberpfeilen auf eine aggressive 3-Stopp-Strategie. Jedoch: Einmal im Verkehr, konnte selbst Rosberg die Überlegenheit seines Mercedes nicht mehr umsetzen. Dass er dabei von Teamkollege Lewis Hamilton aufgehalten wurde, war nur noch das i-Tüpfelchen eines verkorksten Rennens.

Ricciardo - der zweite Streich

Wo es Verlierer gibt, gibt es auch Gewinner. Nutznießer der ersten Safety-Car-Phase war klar Daniel Ricciardo. Als einer derjenigen, die sofort an die Box kommen konnten, wurde der Red-Bull-Pilot nach dem Stopp an die Spitze gespült. Weitere gut getimte Boxenstopps gaben dem Australier zum Rennende die Möglichkeit, mit frischen Reifen Hamilton und den Führenden Fernando Alonso (Ferrari) zu jagen, die zu diesem Zeitpunkt mit alten Reifen unterwegs waren. So fuhr Ricciardo letztlich als Sieger ins Ziel, und anders als noch in Kanada schaffte er es diesmal aus eigener Kraft.

Alonso - Auferstehung oder Eintagsfliege?

Ein seltener Gast auf dem Podium war Alonso. Am Samstag nach dem Hängenbleiben von Teamkollege Kimi Räikkönen in Q1 noch von allen gescholten, machten die Ferrari-Strategen am Sonntag zumindest beim Spanier alles richtig und eroberten im Rennen Platz 2. Wie Alonso mit stark abgefahrenen Reifen den überlegenen Hamilton rundenlang hinter sich ließ, war dabei wieder einmal Extraklasse. Ob dies aber einen echten Wendepunkt im Saisonverlauf darstellt, darf zumindest angezweifelt werden. Vielmehr profitierte die Scuderia von den außergewöhnlichen Umständen.

Hamilton - Teamorder ja oder nein?

Gab es auf der Strecke packende Zweikämpfe zur Genüge, war der eigentliche Aufreger nach dem Rennen der Versuch des Mercedes-Kommandostands, in das Duell zwischen Hamilton und Rosberg einzugreifen. In Runde 45 lief Rosberg auf seinen Teamkollegen auf, fand aber keinen Weg vorbei. Mit der Brechstange, wie bei anderen Gegnern, wollte er das teaminterne Duell aber nicht führen. Dies sah auch das Team, das beide Piloten bat, die Plätze zu tauschen. Jedoch ignorierte Hamilton, wie schon in früheren Rennen, die Anweisungen und blieb stur vorne. Somit musste Rosberg zehn lange Runden seinem WM-Widersacher folgen, ehe er zu seinem letzten Boxenstopp abbog.

Durch diese Verzögerung fand sich Rosberg nach dem Boxenstopp hinter der Kampfgruppe Valtteri Bottas/Felipe Massa/Kimi Räikkönen wieder. Erst als der 29-Jährige die beiden Williams und den Ferrari mit frischen Reifen überholte, konnte er seine finale Aufholjagd starten, die ihn mit teils drei Sekunden schnelleren Rundenzeiten sogar fast noch an die Spitze gebracht hätte. Spekulativ, aber durchaus denkbar, dass er ohne die Bummelrunden hinter Hamilton noch echte Siegchancen gehabt hätte. Dies war wohl auch der Hintergedanke bei den Mercedes-Strategen. Man versuchte, das Ergebnis für das Team zu maximieren, mit dem Nachteil, dabei in das direkte Duell der einzigen WM-Konkurrenten einzugreifen.

Dies stellt bei den Silberpfeilen eine klare Richtungsänderung hinsichtlich der Stallorder dar. Bei dem großen (vermutlich uneinholbaren) Vorsprung in der Herstellerwertung eigentlich unverständlich. Oder war man mit dem ungewohnten Druck, plötzlich um den Sieg kämpfen zu müssen, etwas überfordert? Dass Hamilton zu allem Überfluss die Anweisungen seiner Chefs ignorierte und somit deren Autorität infrage stellte, lässt weitere dunkle Wolken am Mercedes(sternen)himmel aufziehen. Es gibt sicherlich einigen Gesprächsbedarf bei den Silbernen.

F1-Saison - zweiter Teil nach der Pause

Mit der Sommerpause haben aber jetzt erst mal sowohl die Motoren als auch die Gemüter Zeit, abzukühlen. In knapp vier Wochen besucht die Formel mit Spa Franchorchamps/Belgien eine der traditionsreichsten und spektakulärsten Strecken, die der Kalender zu bieten hat. Solange Rosberg in Budapest unbedrängt fuhr, war er trotz FRIC-Verbot (Radaufhängung, die die Vorder- und Hinterachse hydraulisch miteinander verbindet) eine Klasse für sich. Um die Performance des Mercedes-Teams muss man sich also wenig Sorgen machen. Etwas enger scheint das Feld an der Spitze aber schon zu sein, der Riesenvorsprung der Silberpfeile ist nicht mehr so auffällig. Zudem zeigte das letzte Rennen, dass das Mercedes-Team nicht mehr ganz so souverän agiert, sobald es durch besondere Umstände unter Druck gerät.

Red Bull kam in den letzten Jahren trotz Zwangsferien für die Mitarbeiter immer stärker aus der Sommerpause zurück. Das sollte allen "Bullen"-Fans und Anhängern von Weltmeister Sebastian Vettel Hoffnung machen. Vielleicht noch nicht auf den Powerstrecken Spa und Monza, aber spätestens ab Singapur kann man auf Lichtblicke spekulieren.

Auch Williams dürfte mit Budapest die Strecke hinter sich haben, deren Layout dem eigenen Auto so gar nicht gefallen will, also auch hier Grund für Optimismus. Bei Ferrari könnte nach Platz 2 etwas Ruhe einkehren. Diese wäre auch dringend nötig, um die Weiterentwicklung der "Roten Göttin" voranzutreiben. Die Fans haben also allen Grund, sich auf die zweite Saisonhälfte zu freuen.

Quelle: ntv.de, sport.de

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