Formel1

Zum Tod von Frank WilliamsDer Formel 1 fehlt jetzt einer ihrer Größten

29.11.2021, 18:07 Uhr
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Frank Williams in der Saison 1981 mit dem langjährigen Chef der Formel 1, Bernie Ecclestone. (Foto: imago images/Motorsport Images)

Als Privatmann gründet Frank Williams seinen eigenen Rennstall, gewinnt insgesamt 16 Weltmeistertitel in der Formel 1. Einen privaten Schicksalsschlag überlebt er nur knapp, noch härter trifft ihn der tödliche Unfall von Ayrton Senna 1994. Mit seinem Tod verliert die Formel 1 eine Legende.

Frank Williams musste in seinem Leben immer wieder Herausforderungen meistern, geklagt hat er nie. Er hatte Ziele und gewagte Ideen, vor allem hatte Frank Williams aber eine große Leidenschaft: den Rennsport. Sein Tod im Alter von 79 Jahren trifft den Motorsport und insbesondere die Formel 1, die ein weiteres prägendes Gesicht der Vergangenheit verloren hat. "Er war ein wahrer Gigant unseres Sports", sagte Formel-1-Chef Stefano Domenicali. "Seine bemerkenswerten Leistungen und Persönlichkeit werden für immer ihre Spuren in unserem Sport hinterlassen."

Als Fahrer scheiterte Frank Williams früh, das Geld fehlte. Er arbeitete als Mechaniker und versuchte, durch den Verkauf von Gebrauchtwagen die Finanzen aufzubessern. 1977 gründete er mit Patrick Head seinen eigenen Formel-1-Rennstall. Nur drei Jahre später triumphierte Williams und gewann sowohl die Fahrer- als auch die Konstrukteursweltmeisterschaft.

Der Beginn einer sportlich erfolgreichen Epoche, die aber auch durch schwarze Stunden geprägt ist. In einem Williams-Rennwagen verunglückte am 1. Mai 1994 auf der Rennstrecke in Imola die brasilianische Formel-1-Ikone Ayrton Senna tödlich. Ein Schlag, der Williams mehr traf als das eigene Schicksal. Die italienische Justiz ermittelte anschließend gegen die Team-Verantwortlichen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung, erst dreieinhalb Jahre später endete das Verfahren mit einem Freispruch.

Spitzname "Rollstuhl-General"

Einen persönlichen Schicksalsschlag hatte Frank Williams 1986 erlebt, auf der Rückreise von Testfahrten im französischen Le Castellet. Er war auf dem Weg zum Flughafen, wollte am nächsten Tag einen Halbmarathon laufen. Dabei kam er mit seinem Wagen von der Straße ab. "Nach sechs, sieben Überschlägen fühlte ich einen stechenden Schmerz im Nacken. Ich wollte nach dem Sicherheitsgurt greifen, aber ich konnte nicht", schilderte Williams einmal. Er zog sich eine Verletzung des Rückenmarks zu, er würde nie mehr laufen können.

Williams ist danach auf Hilfe angewiesen. Die Haut blass, die Stimme meist dünn und immer ein bisschen zittrig. Williams sprach leise. Williams sprach langsam. Aber Williams hatte nach wie vor etwas zu sagen. Er ließ seine Fahrer gern mal zittern. Man nannte ihn auch den "Rollstuhl-General". Erst 20 Minuten vor der Präsentation des damaligen Rennwagens von BMW-Williams erfuhr der gebürtige Mönchengladbacher Nick Heidfeld im Januar 2005 erst, dass er in der nachfolgenden Saison einer der beiden Stammpiloten sein würde. "Als mir Teamchef Frank Williams das mitteilte, wollte ich es erst gar nicht glauben", hatte Heidfeld damals gesagt.

Heidfeld, Heinz-Harald Frentzen, Ralf Schumacher, Nico Rosberg, Nico Hülkenberg - deutsche Fahrer standen bei Williams lange Zeit hoch im Kurs. Von 2000 bis Ende 2005 arbeitete Williams mit dem bayrischen Autobauer BMW zusammen, in den Jahren 2002 und 2003 waren die Piloten Schumacher und Juan Pablo Montoya über weite Strecke die ersten Herausforderer von Michael Schumacher, der im Ferrari bisweilen unantastbar erschien. Derzeit bekommt das Team die Triebwerke von Mercedes. Der Erfolg von einst ist aber Geschichte. Eine, die man spürt, wenn man den Hauptsitz des Teams im englischen Grove nahe Oxford besucht.

"Ginny" rettete ihm wohl das Leben

Dort stehen sie, die Weltmeister-Autos des Teams, das von den einstigen Glanzzeiten derzeit meilenweit entfernt ist. Den letzten der sieben WM-Titel bei den Fahrern und neun bei den Konstrukteuren holte das Williams-Team 1997, als Jacques Villeneuve sich im legendären Saisonfinale von Jerez des Rammstoßes von Michael Schumacher erwehrte. Der letzte der 114 Siege glückte dem Team im Mai 2012 in Barcelona, als Pastor Maldonado sensationell auf Platz eins fuhr. Schöne Momente in der Vita eines Mannes, der für die Formel 1 alles gab.

Williams' Einfluss war über die Jahre immer geringer geworden, seine Tochter Claire übernahm mehr und mehr das operative Geschäft. Im März 2012 vollzogen sie den Wechsel an der Spitze des Rennstalls, auch wenn Frank Williams auf dem Papier weiter Teamchef blieb. Williams' Ehefrau Virginia, genannt "Ginny", die er 1974 geheiratet hatte, war 2013 im Alter von 66 Jahren an Krebs gestorben. Sie hatte nach seinem schweren Autounfall dafür gesorgt, dass Williams umgehend aus Frankreich nach England verlegt worden war, was ihm vermutlich das Leben rettete.

Monza markierte 2020 dann eine Zäsur. Claire Williams verkündete den Rückzug der Familie aus der Formel 1 nach dem Grand Prix von Italien. Vorausgegangen war der Verkauf des Rennstalls an eine US-Investmentgesellschaft. Nach 739 Formel-1-Rennen in mehr als vier Jahrzehnten war Schluss. Die Investmentgesellschaft Dorilton Capital mit Sitz in New York sprach von einem "neuen Kapitel" in der Teamgeschichte. Williams wollte dem nicht im Weg stehen. Es war das Ende einer Ära.

Am Freitag wurde Frank Williams in ein Krankenhaus eingewiesen. Am Sonntag sei er "friedlich gestorben", teilte seine Familie mit. "Es war eine echte Ehre, für ihn Rennen zu fahren und ein kleiner Teil des unglaublichen Erbes zu sein, das er hinterlässt. Ein Erbe, das für immer im Herzen und der Seele dieses Teams weiterleben wird", schrieb Williams-Pilot George Russell zum Abschied. Und auch die neuen Eigentümer hatten im Zuge der Übernahme wiederholt betont, den Namen Williams behalten zu wollen.

Quelle: ntv.de, tsi/dpa

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