Tricksen, tarnen, täuschen, testen Die Formel 1 zieht alle Register
01.03.2012, 07:43 Uhr
Vettel in seinem Red Bull während einer Trainingsfahrt in Jerez de la Frontera.
(Foto: dpa)
Die Saisonvorbereitung geht in die finale Runde: Beim Test in Barcelona haben die Teams der Formel 1 vier Tage Zeit, um die letzten Feinheiten für die Saison 2012 auszuprobieren. Die große Frage ist: Geht das Versteckspiel weiter oder deckt doch schon jemand seine Karten auf?
Das Beste kommt zum Schluss. Am letzten Tag der finalen Testfahrten für die kommende Formel-1-Saison treten gleich fünf der sechs Weltmeister an. So spät wie möglich werden die Teams zudem ihre Technik-Trickkiste für die neuen Autos öffnen. "Diesmal liegt das Geheimnis in der Detailarbeit. Da willst du der Konkurrenz nicht zu früh auf die Sprünge helfen", hat Red-Bull-Teamchef Christian Horner schon zu Beginn der Testphase betont.
In Barcelona haben die Teams noch vier Tage Zeit, ihre neuen Autos auf der Strecke für den Saisonstart am 18. März in Melbourne fit zu machen. Bislang gaben die insgesamt acht Testtage in Jerez und Barcelona noch nicht viel Aufschluss über die aktuellen Kräfteverhältnisse. Vor allem Sebastian Vettels Weltmeister-Team, Verfolger McLaren oder auch Mercedes hielten sich eher bedeckt. Und für die Fans bleibt zu befürchten, dass auch beim letzten Aufgalopp vor allem die Abteilung Tarnen und Täuschen im Großeinsatz sein wird.
"Die scheinen stark zu sein"
Entsprechend vorsichtig sind selbst die Protagonisten mit ihren Prognosen. "McLaren ist konstant, die scheinen stark zu sein", ließ sich Vettel zumindest entlocken. Mercedes und Ferrari könne er nicht wirklich beurteilen, dafür habe er sie zu wenig auf der Strecke gesehen, meinte der 24-Jährige, der am Freitag und am Sonntag in Barcelona zweimal acht Stunden im Einsatz sein wird. Sein Teamchef Horner meinte: "Wir werden erst in Melbourne wissen, wer wie stark ist."
Schließlich ist es für alle Rennställe ein Leichtes, bei den Testfahrten über die Reifenwahl oder unterschiedliche Benzinmengen das wahre Potenzial zu verschleiern, aber selbst alle gewünschten Erkenntnisse zu sammeln. So erklären sich beispielsweise der Optimismus bei McLaren oder auch bei Mercedes, trotz bislang fehlender Spitzenzeiten mit dem neuen Auto. Oder die Gelassenheit von Ferrari-Pilot Fernando Alonso trotz einiger Probleme mit dem F2012.
"Es bringt wenig, auf die Rundenzeiten zu schauen", sagte Vize-Weltmeister Jenson Button, dessen neuer McLaren-Mercedes bislang besonders viele Kilometer abgespult hat. "Möglicherweise ist Red Bull etwas schneller als wir, aber ich bin auf alten Reifen gefahren, Vettel hatte neue", berichtete Buttons Teamkollege Lewis Hamilton nach einem Aufeinandertreffen mit dem Weltmeister während der zweiten Testwoche. Insgesamt spulte Doppelweltmeister Vettel bislang rund 1500 Kilometer mit dem Wagen ab, der ihn zum dritten Titel in Serie führen soll.
Privattests fallen aus
McLaren bringt für die letzten Testtage ein überarbeitetes Auto nach Barcelona, auch von Red Bull wird noch ein Update erwartet, eventuell noch ein bislang nicht gezeigter Genie-Streich von Weltmeister-Konstrukteur Adrian Newey. Sollten die "Bullen" einen solchen noch vor der Reise nach Down Under auf die Strecke bringen wollen, müssten sie das allerdings jetzt in aller Öffentlichkeit tun. Denn dem erhofften Privattest gemeinsam mit Ferrari, die ihr komplett neues Auto bislang offenbar noch nicht komplett verstanden haben, am kommenden Montag schob der Automobil-Weltverband FIA durch die Präzisierung der Testregularien einen Riegel vor. Für die FIA ist bereits die Woche ab dem 5. März die "letzte Woche" vor dem Saisonstart, in der nicht mehr getestet werden darf.
Das bietet Vettel und seinen Herausforderern die Gelegenheit, im direkten Duell ein wenig die Muskeln spielen zu lassen. Am Finaltag werden auf dem Circuit de Catalunya neben Vettel auch Rekordweltmeister Michael Schumacher im Silberpfeil, der zweimalige Weltmeister Fernando Alonso im Ferrari, 2008er-Weltmeister Lewis Hamilton im McLaren-Mercedes sowie 2007er Weltmeister und Rückkehrer Kimi Räikkönen im Lotus auf der Strecke sein. Aus dem historischen Weltmeister-Sextett - noch nie standen in einer Saison so viele Titelträger am Start - darf nur Jenson Button nicht ran, da auch McLaren wie jedes andere Team nur mit einem Auto testen darf.
"Ich habe einen guten Eindruck"
Timo Glocks Marussia-Team würde gern mit einem Wagen testen. Der 29 Jahre alte Wersauer kann aber nicht, . Im Gegensatz zum leidgeplagten Glock läuft bei Rennrückkehrer Nico Hülkenberg alles nach Plan. Der wie Glock ehemalige GP2-Champion musste sich mit seinen ersten Runden nach einem Crash von Force-India-Testfahrer Jules Bianchi zwar gedulden, startete dann aber durch - inklusive Tagesbestzeit in Barcelona.
"Ich habe einen guten Eindruck", sagte er in einem Interview auf der offiziellen Formel-1-Homepage. "Wir hatten keinerlei technische Probleme, konnten fahren und alle Programme wie geplant absolvieren. Ich weiß, dass das ein großer Luxus mit einem neuen Auto ist", betonte Hülkenberg, der nach einem Jahr Rennpause dem Großen Preis von Australien am 18. März ganz besonders entgegenfiebert.
Quelle: ntv.de, sid/dpa