Formel1

Niki Lauda über Schumacher "Er hat nichts zu verlieren"

Niki Lauda kennt sich bestens aus in der Formel 1. Der Österreicher wurde 1975, 1977 und 1984 Weltmeister.

Niki Lauda kennt sich bestens aus in der Formel 1. Der Österreicher wurde 1975, 1977 und 1984 Weltmeister.

(Foto: REUTERS)

Wenn die Formel 1 am Sonntag in Bahrain in die neue Saison startet, gehen erstmals in ihrer Geschichte gleich vier Teams mit ernsthaften Titelchancen an den Start. Das fasziniert nicht nur die Fans, sondern selbst dreimalige Weltmeister wie Niki Lauda. Der schwärmt im Interview mit n-tv.de deshalb nicht nur von Rückkehrer Michael Schumacher, den strategischen Herausforderungen des Tankverbots und Neuling Nico Hülkenberg, sondern auch: "Besser könnte man die Formel 1 nicht aufstellen." Nur für die neuen Teams in der Formel 1 kann sich Lauda noch nicht recht begeistern: "Da sieht es ganz fürchterlich aus. Außer mit Blick auf die Frage, wie oft sie überrundet werden, braucht man die im Moment gar nicht zu beachten."

n-tv.de: In vier Tagen beginnt die Formel-1-Saison mit dem Großen Preis von Bahrain. Wird es der Auftakt zur spannendsten Saison der vergangenen Jahrzehnte?

Niki Lauda: Ja. Es ist ein Neubeginn ist mit vielen Team- und Fahrerwechseln. Und dazu kommt natürlich das Wichtigste: Das Comeback von Michael Schumacher.

Was trauen Sie Michael Schumacher mit seinen 41 Jahren zu?

Alles. Als siebenmaliger Weltmeister hatte er früher ein Niveau, das bisher kein anderer erreicht hat. Deswegen ist er in der Lage, nach drei Jahren Pause sofort wieder auf einem Toplevel einzusteigen. Das einzige, was ich noch nicht beurteilen kann und er wahrscheinlich auch nicht, ist, wie schnell der Mercedes im Vergleich zu den anderen Teams sein wird. Das ist die große Unbekannte für alle Fahrer.

Welchen Eindruck haben Sie nach den drei Testeinheiten vor Saisonbeginn?

Die Testfahrten haben gezeigt, dass Fernando Alonso im Ferrari im Moment ein Zehntel Vorsprung hat vor McLaren, Red Bull und Mercedes. Aber diese vier Teams sind ganz knapp beieinander. Das gab es in der Formel 1 noch nie - und ich hoffe auch, dass das so bleibt. Wir wissen zwar nicht, wer wie viel Potenzial gezeigt hat. Aber besser könnte man die Formel 1 nicht aufstellen.

Hat Mercedes wie üblich tiefgestapelt und fährt der Konkurrenz mit dem angekündigten Aerodynamikpaket vielleicht schon in Bahrain davon?

Ich glaube, dass sich alle nicht völlig in die Karten schauen lassen haben, das wäre auch dumm. Rückschlüsse kann man erst nach den Resultaten im Qualifying von Bahrain ziehen. Dann hat man einen Hinweis darauf, wie die Autos für die ersten drei Rennen aufgestellt sind. Die Autos werden für den Saisonstart gebaut - erst danach werden sie weiter entwickelt.

Spannung verspricht in dieser Saison auch die Tatsache, dass alle vier Spitzenteams hochklassige Fahrerkonstellation haben.

Ich finde es toll, dass sich auch die Teams neu motivieren müssen. Fernando Alonso wird bei Ferrari einen Neustart verursachen und das ganze Team mit seiner Erfahrung schnell nach vorne bringen. Sebastian Vettel und Mark Webber mit Red Bull sind eine bekannte Größe, die auch vorne mitmischen wird. Lewis Hamilton und Jenson Button wollen es im McLaren natürlich Mercedes unbedingt zeigen. Und dann gibt es noch Michael Schumacher und Nico Rosberg - eine ganze neue Paarung.

Gibt es bei Mercedes wirklich keine Nummer 1?

Grundsätzlich sind alle Topteams so aufgestellt, dass beide Fahrer das gleiche Material zur Verfügung gestellt bekommen. Das entwickelt sich erst nach dem ersten Rennen, in dem man dann klar erkennen wird, wer von den beiden Teamkollegen der schnellere ist. Das muss aber erst einmal herausgefahren werden. Schumacher will bei Mercedes natürlich mit aller Gewalt sich und dem Team beweisen, dass er der Leader im Team ist. Rosberg muss gute Rundenzeiten dagegensetzen.

Für Nico Rosberg bleibt 2010 laut Niki Lauda nur eine Nebenrolle bei Mercedes - egal, wie schnell er fährt.

Für Nico Rosberg bleibt 2010 laut Niki Lauda nur eine Nebenrolle bei Mercedes - egal, wie schnell er fährt.

(Foto: dpa)

Falls Rosberg tatsächlich konstant schneller ist – wird er dann auch der unumschränkte Chef bei Mercedes?

Wenn Schumacher mit seiner großen Erfahrung der Schnellere ist, dann ist ganz klar, dass er den Ton angibt. Aber wenn Rosberg der Schnellere wäre, dann wird er bei der Entwicklung natürlich auch mitsprechen können - bis zu einem gewissen Grad. Eins ist ganz klar: Den Bonus, den der siebenmalige Weltmeister Schumacher mit seinem Comeback hat, den kann kein Mensch übersehen. Die ganze Welt richtet ihre Augen auf ihn. Er ist eindeutig die Figur, die alle beobachten und natürlich ist sein Team besonders bestrebt, für ihn das Beste zu leisten.

Riskiert Schumacher mit seinem Comeback seinen guten Ruf, falls Rosberg ihn abhängt oder der Mercedes einfach zu langsam ist?

Schumacher hat überhaupt nichts zu verlieren. Er macht das, was jeder Topsportler macht: Er will es einfach wieder wissen, für ihn gibt es einen ganz klaren Plan. Formel-1-Weltmeister sind eben anders als normale Menschen, die sich vielleicht fragen: Warum tut man sich das überhaupt an? Schumacher will sich beweisen. Und sollte Mercedes am Anfang etwas im Hintertreffen sein, was ich aber nicht glaube, wird das Auto weiterentwickelt. Dann sind Schumacher und Rosberg gefragt, das Auto schneller zu machen.

Mercedes selbst steht ebenfalls unter großem Druck: Vorab gab es angesichts der allgemeinen wirtschaftlichen Situation Kritik an der Übernahme eines eigenen Teams und Schumachers Verpflichtung.

Die kritischen Stimmen kann man beruhigen. So günstig und billig wie Mercedes durch den Kauf von dem Brawn-Team in die Formel 1 zurückgekehrt ist, könnte man ein wettbewerbsfähiges Team gar nicht aufbauen. Was noch dazu kommt, und das unterschätzen die meisten: Mit dem Marketingeffekt durch Schumacher hat sich für Mercedes die Investition schon hundertmal bezahlt gemacht. Jetzt geht es schlicht und einfach darum, wer die Saison am besten beenden wird.

Anders als bei Mercedes gibt es bei McLaren, von außen betrachtet, keine klare Rangfolge. Button war 2009 Champion, Hamilton im Jahr davor - droht McLaren ähnlicher Zoff wie 2007 zwischen Hamilton und Alonso?

Jenson Button ist zwar der amtierende Weltmeister. Bei McLaren wird er dennoch im Schatten von Lewis Hamilton stehen, von Anfang an.

Jenson Button ist zwar der amtierende Weltmeister. Bei McLaren wird er dennoch im Schatten von Lewis Hamilton stehen, von Anfang an.

(Foto: Reuters)

Das glaube ich nicht. Hamilton hat einen Riesenvorteil, weil er das Team schon kennt. Jenson Button muss sich dort erst einleben. Deshalb glaube ich, dass Hamilton vom ersten Rennen an die Nase vorn haben muss und wird - und dann löst sich alles von allein.

Ein Blick zu Ferrari: Wie einst Schumacher kommt Alonso bereits als zweifacher Weltmeister zur Scuderia. Kann der Spanier dort eine ähnliche Ära prägen wie Schumacher?

Also sieben Mal Weltmeister muss man erstmal werden. Aber Potenzial hat er auf jeden Fall. Von den Fahrern, die jetzt am Start sind, hat er neben Schumacher die meiste Erfahrung - und schnell Auto fahren kann er auch.

Nicht ganz so schnell wie die Top vier werden die restlichen acht Teams unterwegs sein. Welchen Eindruck haben zum Beispiel Force India mit Adrian Sutil oder BMW-Sauber in der Vorbereitung bei Ihnen hinterlassen?

Mit den Hinterbänklern kenne ich mich nicht aus. Sauber und Force India werden sich so wie im letzten Jahr im Mittelfeld herumtreiben. Aber ganz fürchterlich sieht es bei den neuen Teams aus, von denen mit Hispania sogar eines an den Start geht, ohne überhaupt getestet zu haben - was ich doll finde. Alle anderen rangieren unter ferner liefen. Ich behaupte, dass die Neueinsteiger mindestens einmal überrundet werden, wenn nicht zweimal. Außer mit Blick auf die Frage, wie oft sie überrundet werden, braucht man die gar nicht zu beachten.

Sind Teams wie Virgin trotzdem eine Bereicherung für die Formel 1?

Die erhöhen den Unterhaltungswert. Je mehr Autos am Start sind, umso mehr Autos hat der Gewinner hinter sich gelassen. Dafür ist es gut. Die Frage wird nur sein, wie weit die von den Top Teams weg sind - und da wird es einen großen Unterschied geben.

Nico Hülkenberg kommt mit viel Vorschusslorbeer in die Formel 1.

Nico Hülkenberg kommt mit viel Vorschusslorbeer in die Formel 1.

(Foto: dpa)

Einer von den Neulingen im Cockpit ist Nico Hülkenberg. Er hat gesagt, seine Premierensaison soll kein "Blümchenjahr" werden, der zweimalige Weltmeister Emerson Fittipaldi lobt ihn als Jahrhunderttalent - was sagt der dreifache Champion Niki Lauda?

Nico Hülkenberg ist ein Topfahrer, keine Frage. Überall wo er bis jetzt gefahren ist hat er in kürzester Zeit alles gewonnen. Bessere Voraussetzungen kann er nicht mitbringen. Der Williams scheint mit dem Cosworth-Motor auch keine schlechte Kombination zu sein, das ist auf jeden Fall kein Auto für die hinteren Reihen. Im Gegenteil: Der wird sich in der Mitte mit den Force Indias und Saubers herumschlagen. Und das ist für sein erstes Jahr schon ein sehr großer Erfolg.

Eine der neuen Regelungen für 2010 ist das Tankverbot. Was halten sie davon?

Ich finde das absolut richtig. Die Herausforderung wird sein, wie man sich mit weichen Reifen und leerem Auto qualifiziert. Die Reifen müssen dann mit vollem Tank auch noch die ersten zehn Runden im Rennen halten. Und es wird etwas Zeit brauchen, bis auch der Dümmste darauf kommt, wie das funktioniert.

Was ist denn die richtige Strategie?

Man muss sich überlegen, ob man statt mit den schnelleren weichen Reifen, die mit dem vollen Auto nach fünf Runden kaputt sind, nicht lieber mit den härteren Reifen ins Qualifying geht. Dadurch verliert man vielleicht ein, zwei Plätze, kann aber im Rennen länger schnell fahren. Die Autos werden schwieriger zu fahren sein, so wie Lastwagen, würde ich mal sagen. Wenn sie jetzt rund 220 Kilogramm mehr Gewicht haben. Das ist wirklich schon ein dicker Beifahrer, der da mitfährt.

Mit Niki Lauda sprachen Markus Mechnich und Christoph Wolf

Quelle: ntv.de

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