Formel1

Schumacher zufrieden, Vettel wütend Formel Gähn in Down Under?

Bahrain-Sieger Fernando Alonso unterwegs im Albert Park von Melbourne. Die Ferrari scheinen erst mal das Maß der Dinge zu sein.

Bahrain-Sieger Fernando Alonso unterwegs im Albert Park von Melbourne. Die Ferrari scheinen erst mal das Maß der Dinge zu sein.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Nach dem Wüstentrip in Bahrain blickt die Formel 1 auf das andere Ende der Welt. In Australien ist weitaus mehr Stimmung zu erwarten als im Sand von Manama.

Melbourne ist in der Formel-1-Geschichte immer für eine Überraschung gut gewesen. Insofern gibt es Hoffnung auf Unerwartetes in Australien. Der Stadtkurs ist erst seit 1996 fest im Terminkalender verankert und richtet bis 2006 jedes Jahr das Eröffnungsrennen aus. Der Kurs wird nur einmal im Jahr für Autorennen benutzt und gehört ansonsten zum ganz normalen Straßennetz. Das bringt so einige Besonderheiten mit sich, denn der Belag ist teilweise unberechenbar. "Der Kurs ist recht anspruchsvoll, weil sich die Straßenverhältnisse im Laufe des Wochenendes ständig verändern", sagt Renault-Pilot Robert Kubica über die Strecke.

Michael Schumacher braucht noch Zeit, um sich in der Königsklasse wieder im vorderen Feld einzufinden.

Michael Schumacher braucht noch Zeit, um sich in der Königsklasse wieder im vorderen Feld einzufinden.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Abseits der Ideallinie liegt viel Schmutz auf der Piste und verhindert eigentlich großteils das Überholen. Das ist ohnehin fast nur in Kurve drei und in Kurve 13 möglich. Doch auch dort müssen die Fahrer darauf hoffen, dass der Vorausfahrende nicht den optimalen Kurvenausgang findet. Von daher sprechen die Voraussetzungen nicht dafür, dass es zu wesentlich mehr Überholvorgängen kommt als in Bahrain. Lange Vollgaspassagen werden von schikanenartigen Kurven beendet. Dabei wird der Eingang meist langsamer gefahren als der Kurvenausgang. Progressives Beschleunigen an der Traktionsgrenze ist bei den Fahrern gefragt, viel Gefühl im Gasfuß eine Voraussetzung.

Spektakuläres und tragisches Melbourne

Allerdings verspricht die Geschichte der Strecke dennoch viel Spannung, den es gab schon so einige spektakuläre und auch traurige Vorfälle in Melbourne. Bereits beim ersten Formel-1-Rennen auf der Strecke im Jahr 1996 kam es zu einem aufsehenerregenden Unfall. Martin Brundle fuhr auf zwei vor ihm kollidierte Fahrzeuge auf, stieg steil in die Luft und überschlug sich mehrfach. Als der Brite aus dem in zwei Teile gebrochenen Auto unverletzt ausstieg, brandete tosender Applaus durch die Zuschauermassen.

Wut im Bauch: Sebstian Vettel kostete eine defekte Zündkerze wahrscheinlich den Sieg im ersten Rennen. Die Red Bull scheinen aber mit Ferrari mithalten zu können.

Wut im Bauch: Sebstian Vettel kostete eine defekte Zündkerze wahrscheinlich den Sieg im ersten Rennen. Die Red Bull scheinen aber mit Ferrari mithalten zu können.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Eine Tragödie ereignete sich 2001, als sich nach einer Kollision zwischen Ralf Schumacher und Jacques Villeneuve ein Rad löste, durch eine Öffnung im Zaun flog und dort den Streckenposten Graham Beveridge erschlug. Ein Jahr später flog Ralf Schumacher nach einer Startkollision wie eine Rakete über einen Ferrari durch die Luft und landete im Kiesbett. Es gab aber auch einige langweilige Rennen, wie 2004, wo sich die absolute Dominanz von Ferrari schon im ersten Rennen abzeichnete und die Roten Training, Qualifying und Rennen dominierten.

Im Fokus: Schumacher und die neuen Regeln

Wie sich vor diesem Hintergrund die Regeländerungen dieser Saison auswirken, ist daher schwer vorherzusagen. Die Diskussion seit dem letzten Rennen zeigt zwei Gesichter. Vornehmlich Experten beschwören mehr Geduld mit der Königsklasse. Kritiker hingegen fordern jetzt schon Änderungen, damit die Saison nicht in der totalen Langeweile versackt. Vermutlich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen, denn auch dieser Versuch, die Formel 1 spannender zu machen, ist wahrscheinlich nicht gelungen. Andererseits ist sie sicher auch nicht langweiliger geworden als in letzten Jahren. Die Formel 1 war nie für ständige Attacken und Überholmanöver bekannt. Für eine endgültige Beurteilung müssen wohl aber noch wenigstens zwei Grand Prixs absolviert werden.

Heikki Kovalainen betrachtet bei der ersten Trainingssession in Australien seinen defekten Lotus. Die Neuen scheinen kaum eine Chance auf Punkte zu haben.

Heikki Kovalainen betrachtet bei der ersten Trainingssession in Australien seinen defekten Lotus. Die Neuen scheinen kaum eine Chance auf Punkte zu haben.

(Foto: REUTERS)

Das gilt sicher auch für das Comeback von Michael Schumacher. Zumindest ist Ex-Weltmeister und Formel-1-Guru Niki Lauda dieser Meinung. Der Österreicher will den Rekordchampion erst nach drei Rennen beurteilen. Das ist wohl auch richtig, wenngleich sich die Diskussion nach dem Rennen in Bahrain nicht aufhalten lässt. Schumacher selbst sagt, er sei "kein Magier" und stellt eine Disharmonie zwischen ihm und seinem Mercedes fest. Bekannt ist, dass Schumacher untersteuernde Autos gar nicht mag. Mit den neuen schmalen Vorderreifen ist ein solches Verhalten des Autos aber gar nicht zu verhindern.

Rosberg schnell, Vettel wütend

Michael Schumacher ist aber "zufrieden" mit seiner Wiederkehr in der Königsklasse und hofft für die Zukunft auf "besseres Verständnis" zwischen ihm und seinem Auto. Das scheint bei Nico Rosberg schon vorhanden zu sein. Der Jungstar zeigte beim Saisonauftakt eine starke Vorstellung und beherrschte seinen Teamkollegen an allen drei Wettbewerbstagen. Die befürchtete Demontage durch den siebenfachen Weltmeister ist ausgeblieben und auch im ersten freien Training von Melbourne dominierte der Wiesbadener das Mercedes-Team mit Rang zwei. Schumacher fährt auf den zwölften Platz.

Mit ordentlich Wut im Bauch dürfte Sebastian Vettel nach Australien geflogen sein. Eine Zündkerze hat den Heppenheimer aller Wahrscheinlichkeit nach den Sieg gekostet. Das defekte Billig-Ersatzteil demonstrierte aber die große Gefahr dieser wie schon der letzten Saison: Der Red Bull mit Vettel am Steuer ist die schnellste Kombination im Feld. Aber das Auto scheint erneut nicht stabil genug zu sein. Darüber durfte sich in seinem ersten Rennen für Ferrari Fernando Alonso freuen, der den Sieg geschenkt bekam. Der neue Bolide aus Maranello hat sich bisher als Volltreffer gezeigt: Schneller als die meisten anderen und ausgesprochen stabil. Auch wenn der Spanier Alonso nicht kämpfen musste, so hat er doch kurz vor dem Beinahe-Ausfall Vettels gezeigt, dass noch Potenzial da ist. Wenngleich die Reifen auch so schnell abbauten, dass er schnell wieder zurückstecken musste.

Vier Klassen in der Formel 1

Nach dem ersten Rennen zeichnet sich ansonsten derzeit eine Vier-Klassen-Gesellschaft in der Formel 1 ab. An der Spitze haben Ferrari und Red Bull eine nicht unwesentlichen Vorsprung vor dem Rest der Welt. Wobei der Ferrari das reifere Auto zu sein scheint, der Red Bull, zumindest mit Sebastian Vettel hinterm Steuer, das schnellere, aber weniger stabile Auto ist. Diesem Duo folgen mit Respektabstand McLaren und das neue Mercedes-Team. Force India, Williams, Renault, Sauber und das zweite Red-Bull-Team Toro Rosso bilden ein breites Mittelfeld, von dem aber durchaus das eine oder andere Auto mal in die Spitze vordringen könnte. Hinterher fahren die Neuen, von denen nur die Autos von Lotus in Bahrain die Wertung kamen. Bei HRT und Virgin scheint sich die Befürchtung zu bewahrheiten, dass sie nur das Starterfeld abrunden. Zielankünfte dieser Autos dürften in der aktuellen Saison eher die Ausnahme, Punkte eine Illusion sein.

Aber schließlich sollen die Neuen ja gute Laune und Rock'n'Roll in die Formel 1 bringen. Und dafür ist Australien der richtige Ort. Das war im biederen Wüstenstaat Bahrain eher schwierig, wo die Sitten streng und die Zuschauer eher rar und bieder sind. Das Nachtleben von Melbourne ist pulsierend und 150.000 enthusiastische Zuschauer sorgen für eine tolle Stimmung entlang der Strecke. Auch wenn der Grand Prix in Down Under mit einem Start um acht Uhr morgens eher etwas für Frühaufsteher ist, eine Formel Gähn ist abseits der Strecke nicht zu erwarten. Wie es auf der Strecke aussehen wird, müssen wir abwarten. Also besser mal einen starken Kaffee bereithalten. Man kann ja nie wissen.

Quelle: ntv.de

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