Aufatmen am Nürburgring Pirelli rettet den Deutschland-GP
04.07.2013, 13:22 Uhr
Pirelli gibt Gummi: Überarbeitete Reifen für den GP von Deutschland.
(Foto: dpa)
Der angedrohte Boykott des Deutschland-GP durch die Fahrer ist erst einmal vom Tisch. Pirelli liefert für den Nürburgring einen Reifen, der stabiler und sicherer sein soll. Aber die Fahrer bleiben skeptisch.
Reifenhersteller Pirelli, die Teams und der Internationale Automobilverband haben gemeinsam den Weg für das Rennen in der Eifel freigemacht. Damit sich das Horror-Szenario vom Großbritannien-GP nicht wiederholt - fünf gefährliche Reifenplatzer zum Teil auf Hochgeschwindigkeitspassagen - liefert Pirelli für den Deutschland-GP. Pneus, deren Schulter zusätzlich mit Kevlar verstärkt sind.
Eine Lösung, die bereits vor knapp einem Monat im Freien Training zum Kanada-GP getestet werden sollte. Aufgrund der widrigen Witterungsverhältnisse konnten damals aber keine aussagekräftigen Daten gewonnen werden. Nun soll der neue Reifen auch ohne Tests im Rennen zum Einsatz kommen.
Dazu ist eigentlich die Zustimmung aller elf Teams notwendig, es sei denn die FIA stuft einen Reifen als "unsicher" ein. Beides ist zumindest offiziell noch nicht geschehen. Doch gleich nach dem Silverstone-Desaster signalisierten die Teams, die bislang strikt gegen eine Veränderung der Reifen waren, Ferrari, Lotus und Force India, dass sie ihre Blockadehaltung aufgeben werden. Vorneweg Ferrari, das beim Großbritannien-GP selbst von einer Reifen-Panne betroffen war.
"Manchmal braucht es dramatische Ereignisse, damit alle an einem Strang ziehen. Den Teams, die sich gegen die neuen Reifen gewehrt haben, sind jetzt die Augen aufgegangen", stellte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff fest. "Man kann in dieser Sache nicht mehr opportunistisch seinen Vorteil suchen." Mercedes hatte sich neben Red Bull von Saison-Beginn an für neue Reifen eingesetzt - freilich auch nicht ganz uneigennützig, da man mit den 2013er Reifen nicht so gut zurechtkam wie die Konkurrenz.
Nun kam beiden Teams die Sicherheitsdiskussion zu Hilfe: Ab dem übernächsten Rennen, dem Grand Prix von Ungarn, kehrt Pirelli zum Reifenkonstruktion von 2012 zurück, die Gummimischungen von 2013 werden beibehalten. Die 2012er Reifen hätten sich durch maximale Leistung und Sicherheit ausgezeichnet, teilte Pirelli macht. Zumindest ein Unsicherheitsfaktor ist ausgeschlossen: Anders als der 2013er Pirelli-Pneu ist sein Vorgänger symmetrisch konstruiert.
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Dass die Teams die asymmetrischen 2013er Reifen anders als vorgesehen, seitenverkehrt auf der Hinterachse montierten, hatte Pirelli als eine der Ursachen für die Reifen-Platzer in Silverstone ausgemacht - neben zu wenig Reifendruck, einer extremen Sturz-Einstellung der Pneus und scharfkantiger Randsteine. Bei den für Mitte Juli angesetzten Young-Driver-Tests in SIlverstone, dürfen die Teams den neuen "Sicherheits-Reifen" probefahren.
Der Ausschluss von Mercedes vom Talente-Test wegen der privaten Reifen-Tests Mitte Mai in Barcelona wird so doch noch zu einer wirklich harten Strafe. Denn die neuen, alten Reifen haben auch eine andere äußere Form - und die hat Auswirkungen auf die gesamte Aerodynamik der Autos. Ein Problem, dass nur schwer in den Griff zu bekommen ist, wie man an den Leistungen von McLaren und Sauber sieht. Jetzt könnte es Mercedes treffen - beim Ungarn-GP muss das Werksteam ohne Referenzdaten antreten.
Für das Rennen an diesem Wochenende auf dem Nürburgring könnten die Silbernen dagegen noch einmal einen Vorteil haben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die modifizieren Reifen für den Deutschland-GP beim Privat-Test in Barcelona zum Einsatz gekommen sind. Allerdings: Der Beweis, dass die neuen Kevlar verstärkten Pneus tatsächlich sicherer sind als die alten, in denen lediglich ein Metallring verbaut war, ist noch nicht erbracht.
Deshalb bleiben die Fahrer skeptisch. "Ich bin froh, dass man reagiert hat. Ich kann mir aber erst vor Ort ein genaues Bild machen. Wir werden sehen, wie das Wochenende läuft", sagte Mercedes-Mann Lewis Hamilton, der am vergangenen Sonntag das erste Opfer einer Reifenexplosion war. "Wenn die Situation so ist wie in Silverstone, ist es unmöglich zu fahren. Es besteht die Gefahr, dass ein Fahrer oder ein Steward ums Leben kommt", unterstrich Ferrari-Ass Fernando Alonso. "Ich hoffe, die Reifen, die Pirelli liefern wird, sind besser." Ein weiteres Reifen-Desaster kann sich weder Pirelli noch die Formel 1 leisten.
Quelle: ntv.de