Der Weltmeister im Porträt Schampus im Job, Bier nur mit Ausweis
09.10.2011, 10:42 Uhr
Wir noch immer für nicht volljährig gehalten: Der zweifache Weltmeister Sebastian Vettel.
(Foto: AP)
Sebastian Vettel ist ein junger Mann, sieht aber offenbar so jung aus, dass er an der Kinokasse oder beim Bierkauf noch immer seinen Ausweis zeigen muss. Mit 19 feierte er sein Formel-1-Debüt, nun ist er zweifacher Weltmeister. Weil er nicht verlieren kann, wechselte der Heppenheimer mehrere Male die Sportart.
"Schnell gealtert" sei er, sagt Sebastian Vettel bei der Suche nach einer Erklärung für seine bemerkenswerte Gelassenheit: "An der Kinokasse oder beim Bier kaufen glaubt mir das aber keiner, da muss ich immer noch meinen Ausweis zeigen." Dabei müsste doch mittlerweile fast auf der ganzen Welt bekannt sein, dass der nun zweimalige Formel-1-Weltmeister schon ganze 24 Jahre alt ist.
Eigentlich muss man eher feststellen, dass der blonde Lausbub aus Heppenheim nicht schnell gealtert, sondern ganz schnell gereift ist. Wie er nach seinem ersten WM-Triumph im November 2010 in Abu Dhabi auf der einen Seite seine natürliche Lockerheit behalten, auf der anderen Seite seine Leistung nochmal gesteigert hat, ist phänomenal. Es wird nicht mehr lange dauern, bis Vettel die ersten Formel-1-Rekorde holt, die nichts mit seinem Alter zu tun haben.
Der Jüngste
Bislang ist er in der Königsklasse aber vor allem eins: überall der Jüngste. 2007 sammelte er gleich bei seinem Debüt in Indianapolis seine ersten WM-Punkte, wenige Tage vor seinem 20. Geburtstag. Mit 21 holte er innerhalb von 25 Stunden in Monza seine erste Pole Position und den ersten Sieg. Mit 23 war er der jüngste Weltmeister, gerade einmal zehn Monate später ist er der jüngste zweimalige Champion. Da ist es wohl der perfekte Ausgleich, dass Vettel sonst auch schon mal auf "Oldies" steht. Er ist ein großer Beatles-Fan, wahrscheinlich der schnellste der Welt. Und er sammelt Schallplatten aus Vinyl.
Sobald er aber in seinem Rennauto sitzt, ist "Seb" für Arbeitgeber Red Bull die perfekte Inkarnation des jugendlichen Helden, des immer strahlenden Lausbubs, der 1987 im gleichen Jahr das Licht der Welt erblickte wie die blau-rote Energy-Drink-Dose aus Österreich. Und der das beste Produkt der firmeneigenen Nachwuchsförderung ist.
Wie für Red-Bull-Erfinder Dietrich Mateschitz zählt auch für Vettel nur eins: der erste Platz. "Ob man Zweiter oder Fünfter ist, das ist egal. Wichtig ist es nur, die Nummer eins zu sein", sagt Vettel, der es hasst zu verlieren, egal, wo. Daher hat er Karriere-Versuche in anderen Bereichen als dem Rennsport schnell wieder beendet. "Als ich klein war, wollte ich wie Michael Jackson werden", sagt er: "Es war schmerzhaft, als ich realisiert habe, dass mir die Stimme dafür fehlt."
Ebenso wie das Talent zum Fußball-Star. "Das sitzt noch tief", beschreibt Vettel die Erinnerung an seine Kicker-Zeit in der Jugend des TSV Hambach: "Ich habe nicht viele Tore geschossen und hatte nicht viele Einsätze." Auch Tennis, Tischtennis oder Beachvolleyball hat Vettel gespielt: "Aber ich war nie der Beste, deshalb habe ich damit aufgehört."
Talent gesucht, Talent gefunden
Als Rennfahrer hatte er dafür mehr Talent als andere. Nach den Anfängen im Kart wurde er in der Formel BMW im ersten Jahr gleich Vize-Meister. In der folgenden Saison feierte er unglaubliche 18 Siege in 20 Rennen und sicherte sich BMW als zweiten potenten Förderer. 2006 holten ihn die Münchner als Testfahrer in ihr Formel-1-Team. Gleich beim ersten Einsatz als Freitagsfahrer fuhr er sensationell die Bestzeit und machte sich mit einem Schlag einen Namen in der Königsklasse.
2007 erhielt er wenige Wochen nach seinem Renndebüt im BMW-Sauber als Ersatz für den verletzten Robert Kubica ein Stammcockpit bei Toro Rosso und feierte bald erste Achtungserfolge. Der endgültige Durchbruch kam dann im September 2008 im Regen von Monza. Vettel fuhr wie auf Schienen sensationell auf die Pole Position, im Rennen dann wie ein Uhrwerk zum Sieg. In diesem Jahr durfte er dort erstmals seit damals wieder auf die einzigartige Siegerkanzel klettern - und hatte Tränen in den Augen. Ein englischer Journalist vermeldete, dass aus dem Jungen von einst ein Champion mit einem Hauch von Unbesiegbarkeit geworden sei.
Dieser Champion hatte 2009 in seinem ersten Jahr bei Red Bull, wo er nicht nur seinen Fahrstil, sondern auch sein Repertoire an englischen Schimpfwörtern komplettierte, den WM-Titel noch knapp verpasst. 2010 glaubte er trotz aller Rückschläge immer an seine Chance - und nutzte sie dann im denkwürdigen Finale von Abu Dhabi. Im einzig wichtigen Moment, nach dem letzten Rennen, übernahm er zum ersten Mal in seiner Karriere die WM-Führung - und gab sie seitdem nicht mehr ab. Mit der Startnummer 1 auf dem Auto, dem er Flügel verlieh, flog er vom ersten Rennen dieses Jahres in Melbourne an der Konkurrenz auf und davon.
Quelle: ntv.de, Thomas Straka, sid