Ein Rennen gegen den "Bullshit" Spektakel in Bahrain beflügelt Formel 1
07.04.2014, 13:59 Uhr
Den härtesten Fight lieferten sich Lewis Hamilton (vorn) und Nico Rosberg in den Silberpfeilen.
(Foto: imago/GEPA pictures)
Die Formel 1 sei keine gute Show mehr für die Fans, donnerte Oberboss Bernie Ecclestone noch vor dem Grand Prix in Bahrain. Doch dann legen die Fahrer ein begeisterndes Rennen hin. Trägt die Formel-1-Revolution also schon Früchte? Red Bull bleibt skeptisch.
Das Leuchten in den Augen von Niki Lauda ließ erahnen, wie viel Spaß ihm die actionreiche Formel-1-Show auf dem im Flutlicht glitzernden Bahrain International Circuit gemacht hatte: "Dieser ganze Bullshit über Sound und Spritsparen - das war eines der besten Rennen, das ich in meinem Leben gesehen habe", sagte der RTL-Experte.
"Ich hoffe, Bernie und Luca nehmen sich morgen die Zeit, sich das Rennen im Fernseher anzuschauen", gab die Formel-1-Legende den beiden größten Kritikern der neuen Königklasse, Bernie Ecclestone und Luca Montezemolo, mit auf den Weg. Der F1-Promoter und der Ferrari-Präsident waren vorzeitig aus Bahrain abgereist, nachdem sie am Vormittag vor Journalisten doziert hatten, warum die Formel 1 nicht mehr den Namen Königsklasse verdient und die Rennen so langweilig geworden sind.
Hochspannung bis zur Ziellinie
Wenige Stunden später straften die 22 Fahrer im Feld die Chefkritiker Lügen. Insbesondere die beiden Silberpfeil-Piloten taten alles, um den Zuschauern eine atemberaubende Show zu liefern. Nico Rosberg und Lewis Hamilton schenkten sich nichts. Bis zuletzt versuchte Rosberg, die am Start an Hamilton verloren Spitzenposition zurückzuerobern.
"Ich dachte bestimmt 9 Mal, dass ich ihn schon gepackt habe. Aber es hat nicht funktioniert. Er ist immer wieder zurückgekommen", schilderte Rosberg später das Duell. Hamilton griff auf alte Tricks aus Kart-Zeiten zurück - schon damals kämpften die beiden Silberpfeil-Kollegen auf der Strecke um Siege. "Das hat sich nach richtigem Racing angefühlt, wo man alle Fähigkeiten anwenden muss, die man schon als Junior im Kart gelernt hat", schwärmte Hamilton. "In der Formel 1 ist das viel schwieriger, diese Tricks wieder auszupacken."
Doch auch hinter den beiden Silberpfeilen ging es mächtig zu Sache, und auch hier zwischen Teamkollegen: Weltmeister Sebastian Vettel kämpfte mit seinem neuen Red-Bull-Kollegen Daniel Ricciardo, Force-India-Mann Nico Hülkenberg mit seinem Stallgefährten Sergio Perez, das Williams-Duo Valtteri Bottas und Felipe Massa lieferte sich ebenfalls enge Positionsduelle. Und in den Kampf alle gegen alle mischten sich dann auch noch die McLaren- und Ferrari-Piloten mit ein. Bis zur Ziellinie herrschte Hochspannung.
Mercedes verzichtet auf Stallregie
"Es war Werbung für die Formel 1 in einem Moment, wo sie die Werbung dringend brauchte. Einen besseren Zeitpunkt für so ein Rennen hätte es nicht geben können", freute sich Mercedes-Motorsportchef Tot Wolff. Silberpfeil-Teamchef Paddy Lowe pflichtete ihm bei: "Das war genau die richtige Antwort auf die Behauptung, die Formel 1 sei unzumutbar für die Fans."
Daran hatten die Mercedes-Verantwortlichen nicht unerheblichen Anteil. Denn sie griffen nicht regulierend in das Duell ihrer Fahrer ein, ließen Rosberg und Hamilton den Sieg in einem offenen Kampf untereinander ausmachen. Als Lowe sich während der Safety-Car-Phase kurz vor Ende des Rennens via Boxenfunk mit exakt dem gleichen Wortlaut bei beiden Piloten meldete, klang das zunächst wie eine versteckte Stallregie.
"Hier ist Paddy. Es sind noch 10 Runden zu fahren. Ich möchte euch daran erinnern, die Autos heil nach Hause zu bringen", funkte der Teamchef in die Autos von Hamilton und Rosberg. "Die Erinnerung hätte es gar nicht gebraucht", so Rosberg. "Das war keine Stallorder!" Als das Safety-Car wieder in die Box abbog, ging der Fight zwischen Hamilton und Rosberg auf Augenhöhe weiter. Rosberg, auf den weicheren und damit schnelleren Reifen, attackierte noch einmal mit allem ihm zu Verfügung stehenden Kräften Hamilton, der auf eine andere Strategie gesetzt und zum Schluss auf den härteren Medium-Pneus rollte.
"Die weichen Reifen haben einen Vorteil von 3 Zehnteln. Dazu kam noch der Vorteil des DRS. Ich wusste, dass es schwer werden würde", gab Hamilton später zu Protokoll. "Ich musste 10 Runden lang alles herausholen." Es reicht für den Briten. "Weil Lewis mit den harten Reifen einen super Job gemacht hat", analysierte Lauda. "Lewis war heute besser als Nico." Auch Weltmeister Vettel und Hülkenberg verloren nach erneut spannenden Zweikämpfen im Finale ihre Duelle gegen die Teamkollegen. Doch großer Gewinner war die Formel 1.
Horner noch skeptisch
Mitverantwortlich für das tolle Flutlicht-Spektakel dürfte gewesen, sein, dass die Teams die Strecke von den Wintertests gut kannten. Aber auch die Reifen spielten eine große Rolle. "Die Teams haben die unterschiedlichen Mischungen strategisch genutzt und sind unterschiedliche Taktiken gefahren. Das hat zu vielen Duellen geführt", meinte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. In die Lobeshymnen auf die neue Formel 1 wollte der Brite jedoch nicht einstimmen.
"Wir haben jetzt zwei Extreme in zwei Wochen gesehen", meinte Horner im Bezug auf die beiden vergangenen Rennen in Malaysia und Bahrain. "Ich bin gespannt, was uns in Shanghai erwartet." Am Osterwochenende findet mit dem Großen Preis von China das vorerst letzte Asien-Rennen statt, bevor in Barcelona die Europa-Saison beginnt. Dann wird sich zeigen, ob Bahrain ein nächtliches Strohfeuer oder die neue schöne Formel-1-Realität war.
Quelle: ntv.de, sport.de