DFB-Gegner Japan im Check Getrennt in den Farben, vereint in den Sorgen
23.11.2022, 07:08 Uhr
Daichi Kamada spielt für Eintracht Frankfurt ein überragendes Halbjahr. In Japans Nationalteam ist er gesetzt.
(Foto: picture alliance / Kyodo)
Deutschland startet nach vielen Diskussionen auch sportlich in die Fußball-Weltmeisterschaft: Gegen Japan wartet auf das DFB-Team eine komplizierte, aber machbare Aufgabe. Die Asiaten verbindet mit der deutschen Mannschaft eine Sorge.
Deutschlands Gegner: Wie spielt Japan?
Der Auftaktgegner für die DFB-Auswahl ist ein Dauergast bei Weltmeisterschaften. Japan tritt wie gewohnt mit technisch beschlagenen Akteuren und vielen Bundesliga-Spielern an, teilt aber mit Deutschland die Sorgen auf der Stürmerposition. Japan nimmt zum siebten Mal in Folge an einer WM teil. Dreimal kam der Asienvertreter ins Achtelfinale. In Gruppe E sind die Japaner jedoch eher Außenseiter, aber auch gefährliche Stolpersteine für Deutschland und Spanien.
Spielstil
Die größte Herausforderung besteht für Japan darin, den eigenen Spielstil an die Gegebenheiten einer WM anzupassen. In der Asien-Qualifikation fuhren die "Samurai Blue" acht Siege in acht Spielen ein. Aber der dominante Fußball, der in der kontinentalen Quali gespielt wird, lässt sich gegen Deutschland oder auch Spanien nicht ohne Weiteres umsetzen. Der schnelle Passfußball über einen Kern von sieben bis acht Feldspielern im bevorzugten 4-2-3-1 wird selten zu sehen sein und durch einen dezidierten Konterstil ersetzt.
Insgesamt hat sich an Japans Fußball jedoch in den vergangenen zwei Jahrzehnten wenig verändert. Die Stärken liegen am Boden, also besonders im Flachpassspiel. Ritsu Doan und ein paar andere Flügelangreifer bringen Tempo ins Spiel, um im Konter an den Halbraumkanten den Ball schnell voranzutreiben. Nationaltrainer Hajime Moriyasu wird zumindest in den Spielen gegen die europäischen Vertreter genau auf diese Karte setzen.
Stärken des Teams
Das angesprochene Tempo von Doan und die Quirligkeit eines Takefusa Kubo sind gewiss individuelle Stärken innerhalb der japanischen Elf. Ähnlich steht es um die Abschlussqualitäten von Daichi Kamada. Als Kollektiv ist vor allem die Passgenauigkeit eine der großen Stärken, wenn nicht sogar die herausragende Qualität. Japan kann in Partien gegen asiatische Nationen häufig den Ball lange halten und das Pressing mit geschickten linienbrechenden Anspielen aushebeln. Diese Stärke muss auch unter dem Druck von gegnerischem Pressing während der WM zum Tragen kommen. Sowohl Deutschland als auch Spanien werden enorm intensives Gegenpressing anwenden und den japanischen Ballverteilern keine Zeit und auch nur selten offenen Passwege geben. Japan hat die Handlungsschnelligkeit und Präzision, um dagegenzuhalten.
Schwächen des Teams
Zunächst wäre da die physische Unterlegenheit der Japaner. Es mag wie ein Klischee klingen, aber Japan gehört mit einer durchschnittlichen Körpergröße von unter 1,80 Meter zu den kleineren Teams bei der WM. Diese Unterlegenheit hat sich schon des Öfteren nachteilig ausgewirkt. Abgesehen davon bereitet vor allem die Stürmerfrage große Sorgen. Moriyasu entschied sich dafür, Kyogo Furuhashi von Celtic sowie den routinierten Yuya Osako nicht zu nominieren. Die logischen Optionen für die Mittelstürmerposition im 4-2-3-1 sind deshalb: Takuma Asano, Ayase Ueda und Daizen Maeda. Der treffsicherste der Drei, Asano, hat allerdings letztmalig am 10. September ein Pflichtspiel für den VfL Bochum absolviert. Insgesamt kommen die drei genannten Angreifer nur auf 56 Spiele und 8 Tore im Nationaltrikot.
Es kann deshalb sehr gut sein, dass Takumi Minamino als nomineller Stürmer ausprobiert wird, aber in der Realität so eine Art driftende Neuner-Rolle ausfüllt. Ein klassischer Zielspieler ist der technisch beschlagene 27-Jährige in jedem Fall nicht.
Schlüsselspieler
Gerade aufgrund seiner Abschlussqualitäten, die er in Diensten von Eintracht Frankfurt in der Hinrunde unter Beweis stellte, ist Kamada der offensive Schlüsselspieler dieses Teams. Hinzu kommt, dass er auf der Zehnerposition nicht nur Ballbesitzphasen ins letzte Drittel bringen soll, sondern auch in Umschaltangriffen als essenzieller Ballverteiler fungiert.
Daneben ist Arsenals Takehiro Tomiyasu in der Defensive ein wichtiger Akteur. Er bringt die notwendige Physis mit, um auch in der Luft dagegenzuhalten, kann aber ebenso als Rechtsverteidiger sein Team über die Außenbahn nach vorn treiben und fast schon als eine Art verkappter Spielmacher agieren.
Wie muss Deutschland gegen Japan spielen?
Zunächst wird es für die DFB-Elf darum gehen, das japanische Tempospiel zu unterbinden. Ein Kniff hierbei könnte darin bestehen, das Gegenpressing ein wenig anzupassen. Normalerweise versucht Deutschland, nach Ballverlusten die Mitte zu verdichten und keine Pässe in diesem Spielfeldbereich zuzulassen. Die Gefahr lauert bei Japan aber vor allem auf den Flügeln. Deshalb könnte das DFB-Team den Gegner in diesem Fall sogar bewusst durch die Mitte leiten und Pässe auf die Seiten nicht zulassen. (Siehe Grafik.)
Sollte es lange Unentschieden oder sogar noch schlechter für Deutschland stehen, wäre Niclas Füllkrug aufgrund seiner Kopfballstärke natürlich eine Option in Halbzeit zwei. Wenngleich Innenverteidiger wie Maya Yoshida und Hiroki Ito ähnlich groß wie Füllkrug sind, so haben sie beim Timing leichte Nachteile gegen den Bremer Stürmer, der die eine oder andere Flanke verwerten könnte. Es wäre die Variante Brechstange, aber die braucht es gegen knifflige Gegner wie Japan gelegentlich.
Quelle: ntv.de