EM-Gruppe E unter der n-tv.de-Lupe Alle auf Ibrahimovic, die Iren singen
06.06.2016, 14:39 Uhr
"Eine WM ohne mich, die ist es nicht wert, dass man sie sich anguckt": Zlatan Ibrahomovic. Bei der EM nun sind er und seine Schweden dabei.
(Foto: imago/Bildbyran)
Grundsätzlich geht an Italien auch bei dieser Fußball-EM kein Weg vorbei. Oder? Die Belgier und ihr Kampfschwein sind gewappnet, die Iren haben ihr Liedgut und tragen die Hoffnung in ihren Herzen und die Schweden haben ihren Superstar.
Gestatten, Schweden
Hatten wir erwähnt, dass Zlatan Ibrahimovic Schwede ist? Ach, wussten Sie schon? Na gut. Dann nur ein kurzes Zitat des 34 Jahre alten Stars: "Wenn unsere U21 Europameister werden kann, können wir das auch." Es ist seine letzte Chance. Zum fünften Mal in Folge sind die Schweden bei einer EM, zum vierten Mal mit Ibrahimovic. Nur 2004 in Portugal kamen sie über die Vorrunde hinaus, im Viertelfinale war gegen die Niederlande Schluss. Ibrahimovic kann auch seiner eigenen, an Rekorden nicht armen Karriere ein Kapitel hinzufügen.
Montag, 13. Juni
18 Uhr, St. Denis: Irland - Schweden
21 Uhr, Lyon: Belgien - Italien
Freitag, 17. Juni
15 Uhr, Toulouse: Italien - Schweden
Samstag, 18. Juni
15 Uhr, Bordeaux: Belgien - Irland
Mittwoch, 22. Juni
21 Uhr, Lille: Italien - Irland
21 Uhr, Nizza: Schweden - Belgien
Sechs EM-Tore hat er erzielt, 2004, 2008 und 2012 jeweils zwei. Mehr haben nur der Franzose Michel Platini (9) und der Engländer Alan Shearer (7) auf dem Konto. Ansonsten setzt Trainer Erik Hamrén auf Akteure, die zwar allesamt kicken können, aber in Ibrahomovic' Schatten stehen: auf Torhüter Andreas Isaksson von Kasimpasa Istanbul, der es allerdings am Rücken hat, Mittelfeldspieler Kim Källström von den Grasshopper Zürich, Jungstar John Guidetti von Celta Vigo zum Beispiel. Aus der Bundesliga gehören Emil Forsberg von RB Leipzig und Albin Ekdal vom Hamburger SV zum Aufgebot. Aber am Ende heißt es dann doch: Alle Bälle auf Ibrahimovic. An ihm führt eben kein Weg vorbei. "Er ist Gott. Er ist der König Schwedens", sagte Mittelfeldspieler Jimmy Durmaz nach der Qualifikation. Trainer Hamrén schien gar kurz davor, seinen Star zu adoptieren: "Er gehört nicht zu meiner Familie, aber ich liebe ihn."
Nützliches Wissen für Ahnungslose: Apropos Ibrahimovic. Bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien war Schweden nicht dabei. Und Zlatan sprach: "Eine Sache ist klar - eine WM ohne mich, die ist es nicht wert, dass man sie sich anguckt." Welch' ein Glück, dass er in Frankreich spielt.
Gestatten, Belgien
Obacht, hier kommt der Geheimfavorit! Das Problem könnte nur sein, dass das alle schreiben, seit mindestens einem Jahr. Und dann ist es ja mit dem geheim nicht mehr so weit her. Also streichen wir das und einigen uns auf: Trainer Marc Wilmots, einst auf Schalke unter dem Label Kampfschwein erfolgreich, ist mit seinen Belgiern bei der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich einiges zuzutrauen. Deshalb lautet die aktuelle Sprachregelung auch: Mitfavorit. Jean-Marie Pfaff, Ex-Torhüter und einst beim FC Bayern unter Vertrag, ist sich sicher: "Wir kommen wie 1980 ins Endspiel gegen Deutschland. Und diesmal gewinnt Belgien." Gut, ist das geklärt. Ansonsten ist es so, dass die Belgier in der Tat eine gute Mannschaft haben, als da sind: der Ex-Wolfsburger Kevin De Bruyne, im vergangenen Jahr für 75 Millionen Euro zu Manchester City gewechselt; Marouane Fellaini von Manchester United; Eden Hazard vom FC Chelsea; Axel Witsel von Zenit St. Petersburg); und Supertalent Romelu Lukaku vom FC Everton. Abwehrchef und Kapitän Vincent Kompany von ManCity fehlt allerdings, weil an der Leiste verletzt. Wilmots aber will von dem Favoritengerede nichts hören: "Wir sind Außenseiter, ich sehe uns auf einer Stufe mit Portugal. Favoriten sind Frankreich, weil sie zu Hause spielen. Dazu Deutschland und Spanien. Wenn mir einer sagt, dass wir den Titel holen, sag ich ihm: Bleib ruhig. Wenn wir ins Halbfinale kommen, heißt das, dass wir in den letzten vier Jahren hervorragend gearbeitet haben."
Nützliches Wissen für Ahnungslose: Die Belgier sind bei der WM 2014 in Brasilien im Viertelfinale gegen Argentinien ausgeschieden, mithin gegen die Mannschaft, die dann im Endspiel gegen die DFB-Elf verlor. Bei einer EM waren sie zuletzt vor 16 Jahren dabei, als Gastgeber neben den Niederlanden im Jahr 2000 - und scheiterten, wie auch die deutsche Mannschaft, bereits in der Vorrunde. Nun soll alles besser werden, Trainer Wilmots hat einen Plan: "Die Dinger kann ich nicht mehr sehen! Wenn sie aus dem Bus steigen, haben meine Spieler ihre Kopfhörer abzusetzen. Das ist eine Frage des Respekts! Ich will, dass sie die Leute grüßen, die im Stadion stehen. Die für die Sicherheit zuständig sind. Die, die für den Rasen zuständig sind." Allerdings: "In der Kabine dürfen sie sie dann wieder aufsetzen, um sich zu konzentrieren."
Gestatten, Italien
Hat irgendjemand Italien auf der Rechnung? Joachim Löw und die DFB-Elf bestimmt. Nicht nur, dass sie bei der EM 2012 in Polen und der Ukraine im Halbfinale der Squadra Azzurra unterlagen. Sie dürfen sich auch auf ein Wiedersehen freuen: Falls die Deutschen ihre Gruppe gewinnen und die Italiener auch, könnten sich beide Teams im Viertelfinale treffen. Aber da sind ja die Belgier vor. Und: Im Testspiel Ende März in München gewann die Löw'sche Auswah mit 4:1. Ansonsten aber gilt: Mit den Italienern um Torwartlegende Gianluigi Buffon und den Abwehrrecken Leonardo Bonucci, Andrea Barzagli sowie Giorgio Chiellini ist bei einem großen Turnier immer zu rechnen. Punkt. Dafür wird Trainer Antonio Conte schon sorgen, der nach diesem Turnier zum FC Chelsea geht und, wie die "Zeit" schrieb, "nicht nur wegen seiner Haartransplantation so etwas wie der italienische Jürgen Klopp" sei. Er klagt: "Man hat mir versprochen, dass ich mit der Mannschaft ausreichend arbeiten kann. Aber ich konnte nicht das tun, was ich wollte. Für mich ist es schwierig, die Füße stillhalten zu müssen." Und er versucht sein EM-Glück ohne Mario Balotelli, der seit dem blamablen Vorrundenaus bei der WM in Brasilien nicht mehr für sein Land gespielt hat; und ohne Altmeister Andrea Pirlo, der sich als Frührentner in New York verdingt. Für alle Freunde der gepflegten Coolness ist das dennoch ein herber Schlag. Was die Tifosi erwartet, kündigte Chiellini vom italienischen Meister Juventus Turin so an: "Unser Fokus muss auf der Stabilität liegen, wir dürfen nicht viel zulassen. Wir sollten unsere Spiele 1:0 oder 2:0 gewinnen, nicht 4:3."
Nützliches Wissen für Ahnungslose: Falls Sie einen neuen Arbeitgeber suchen, versuchen Sie es doch mal bei der Federazione Italiana Giuoco Calcio. Der italienische Verband sucht nämlich für die Zeit nach der EM noch einen Nationaltrainer. Und der Job scheint nicht sonderlich beliebt zu sein. Der Haken an der Sache: Der Neue soll nur noch die Hälfte von dem als Gehalt bekommen, das der Alte erhält. Also höchstens 3,5 Millionen Euro im Jahr, allerdings netto. Zwar soll Giampiero Ventura, bisher beim FC Turin unter Vertrag, die Nachfolge Contes antreten, aber unterschrieben ist noch nichts. Zuvor hatte Starcoach Fabio Capello dankend abgesagt.
Gestatten, Irland
Sie haben es wieder geschafft, die Boys in Green. Und was Frankeich erwartet, konnte Europa beim Turnier in Polen und der Ukraine erleben. Das Lied heißt "Fields of Athenry". Und wohl selten sangen es die Fans derart leidenschaftlich wie an jenem 14. Juni 2012 in Danzig. Die Iren verloren mit 0:4 gegen den späteren Europameister Spanien, das Spiel war in Sachen Fußball eine Demütigung, doch in Erinnerung bleibt, wie mehr als 20.000 irische Anhänger die inoffizielle Hymne ihrer Mannschaft sangen. Es war bewegend. Ansonsten ist es auch in diesem Jahr so, wie es im Sonderheft des "Kicker" steht: "Über herausragende Einzelspieler verfügt Irland nicht." Am bekanntesten ist einer, den Trainer Martin O'Neill eher als Joker auf dem Zettel hat: Kapitän Robbie Keane, 35 Jahre alt, Angreifer aus Dublin in Diensten von Los Angeles Galaxy. Er hat sich allerdings an der Wade verletzt, wird den Auftakt gegen Schweden wohl verpassen, sei aber "definitiv bereit" für die zweite Partie gegen Belgien. Und dann geht's ja noch gegen Italien. Also trägt die Hoffnung Grün. "Ich weiß echt nicht, womit wir das verdient haben", lamentiert der 72-malige irische Nationalspieler Ray Houghton über die "Group of Death". Houghton, seit seinem Siegtreffer zum 1:0 gegen die Engländer bei der EM 1988 ein Nationalheld, sagt deshalb: "Wir müssen realistisch sein." Er sagt allerdings auch: "Von den 24 Mannschaft scheiden ja nur acht aus, vielleicht ..." Genau: vielleicht. Immerhin gelang den Männern von der Insel in der Qualifikation gegen die DFB-Elf ein 1:1 in Gelsenkirchen; und das Rückspiel in Dublin gewannen sie mit 1:0.
Nützliches Wissen für Ahnungslose: Alles, nur kein Unentschieden. Dieses Motto gilt für die Iren nicht. Seit der EM 1988 in Deutschland nahmen sie an immerhin fünf großen Turnieren teil und absolvierten dabei 19 Partien. Und neun Mal gab's ein Remis. Drei Spiele gewannen, sieben verloren sie. Aber wie erwähnt: Schon ein Sieg in dieser Gruppe E könnte reichen, um das Achtelfinale zu erreichen - Grün ist die Hoffnung.
Auf diesen Spieler müssen Sie achten
Zlatan Ibrahimovic. Nein, eh klar, kleiner Scherz. Aber wie wär's mit Yannick Ferreira-Carrasco? Der Belgier verlor zwar mit Atlético das Finale der Champions League gegen den Hauptstadtrivalen Real. Aber der 22 Jahre alte Mittelfeldspieler ist ein Guter, das hat er in Mailand gezeigt. Nicht nur, weil ihm nach seiner Einwechslung der Ausgleich gelang, sondern auch und vor allem, weil er für mächtig Wirbel sorgte, schnell und trickreich wie er ist. Unser Tipp: Behalten Sie ihn im Auge.
Wie geht die Gruppe aus?
1. Belgien
2. Italien
3. Schweden
4. Irland
Quelle: ntv.de