WM-Helden wirbeln in Europa Als Topfavorit nach Belgien
03.09.2010, 12:39 UhrWenn Deutschlands Fußballer in Belgien in die EM-Qualifikation starten, geht es für das Team von Bundestrainer Joachim Löw um einen gelungenen Neustart nach der WM. Genau 55 Tage nach dem Sieg im Spiel um Platz drei gegen Uruguay und eine Kapitänsdebatte später soll es so weitergehen, wie es in Südafrika aufgehört hat.

Auf ein Neues: Thomas Müller und Miroslav Klose beim Viertelfinalsieg gegen Argentinien.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ja, ist denn schon wieder Weltmeisterschaft? Nein, ist es nicht. Sondern Qualifikation für die Europameisterschaft. Ohne Vuvuzelas. Die hat der Europäische Fußballverband Uefa verboten. Aber immerhin beginnt Deutschlands Nationalmannschaft heute ab 20.45 Uhr die Partie in Brüssel gegen Belgien mit zehn Fußballern, die bei der WM für Furore gesorgt haben.
Die EM findet vom 8. Juni bis zum 1. Juli 2012 in Polen und der Ukraine statt. Wenn die DFB-Elf da mitspielen will, muss sie sich in der Gruppe A gegen die Türkei, Österreich, Kasachstan, Aserbaidschan und eben Belgien durchsetzen. Belegt sie Platz eins, ist sie dabei. Als Gruppenzweiter hat sie die Chance, sich in zwei Alles-oder-nichts-Spielen gegen einen anderen Zweiten zu qualifizieren. Es sei denn, sie ist der Punktbeste aller neun Zweitplatzierten. Dann ist sie auch direkt dabei.
Doch so weit soll es gar nicht erst kommen. Oder um mit Philipp Lahm, Kapitän von Ballacks Gnaden, zu sprechen: "Natürlich sind wir in dieser Gruppe der Topfavorit." Das hört sich forsch an, ist es aber nicht. Dazu genügt ein Blick auf die Weltrangliste der Fifa. Die Türkei rangiert auf Platz 28 und ist so gesehen der dickste Brocken. Unsere Nachbarn aus Österreich belegen Rang 60, fünf Plätze hinter Mali, und auch Aserbaidschan (105) und Kasachstan (125) sind keine Gegner, die den Titel einer Fußball-Großmacht für sich beanspruchen dürfen.
Deutschland ist der Favorit
Und wer jetzt Rudi Völler zitieren möchte, kann das gerne tun. Der hatte während seiner Zeit als deutscher Teamchef zu Beginn des Jahrtausends mehrmals vehement darauf hingewiesen, dass es heutzutage keine kleinen Mannschaften mehr gebe. Geschenkt. Deutschland ist der Favorit. Das wissen die Spieler, das weiß der Bundestrainer, das wissen wir. Und wahrscheinlich weiß das auch Rudi Völler. Das liegt nicht nur daran, dass die deutsche Mannschaft auf Platz vier der Weltrangliste geführt wird, und auch nicht nur daran, dass sie bei der Weltmeisterschaft immerhin den dritten Platz erreicht hat. Sondern vor allem daran, dass sie in Südafrika richtig guten Fußball gezeigt hat, den besten seit Jahrzehnten, wie viele sagen.
Da trifft es sich gut, dass heute beim EM-Qualifikationsauftakt im Stadion "König Baudouin" zu Brüssel wie erwähnt gleich zehn deutsche Spieler in der Startelf stehen, die den Fans im Juli vor allem beim 4:1 gegen England in Achtelfinale und beim 4:0 gegen Argentinien im Viertelfinale so viel Freude bereitet haben. "Es ist mit keinen großen Veränderungen zu rechnen", kündigte Löws Assistent Hansi Flick an. Nur in der Abwehr fehlen die verletzten Jerome Boateng und nicht zuletzt Arne Friedrich, der so aber immerhin nicht Gefahr läuft, seinen frisch erworbenen Spitznamen Diego aufs Spiel zu setzten. Als wahrscheinlich gilt, dass Heiko Westermann mit Per Mertesacker in der Innenverteidigung spielt und Marcell Jansen auf der linken Seite verteidigt. Ansonsten bleibt alles, wie wir es aus Südafrika gewohnt sind.
Manuel Neuer steht im Tor, Lahm spielt auf der rechten Abwehrseite, Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira bilden die Doppelsechs, Miroslav Klose ist der einzige nominelle Stürmer, Thomas Müller und Mesut Özil sollen im offensiven Mittelfeld wirbeln. Und Lukas Podolski, auch das gehört dazu, darf sich auf der linken Seite vom 1. FC Köln erholen. Also doch wieder WM? Eher nicht. 55 Tage und eine Kapitänsdebatte später geht es für das Team von Joachim Löw um nicht mehr und nicht weniger als einen gelungenen Neustart mit dem erfolgreichen Personal.
Ein durchaus pfiffiger Bundestrainer
Philipp Lahm darf das tun, was er schon bei der WM gemacht hat und die Mannschaft als Kapitän aufs Feld führen. Er ist zwar offiziell nur Michael Ballacks Stellvertreter, doch so lange der nicht dabei ist, trägt Lahm die Binde des Spielführers. Und da niemand weiß, wann und ob Ballack nach seiner Verletzung wieder zu alter Stärke zurückfindet, wird Lahm das auch bis auf Weiteres tun. Insofern hat Löw da pfiffig entschieden, andere sagen salomonisch. Wieder andere sagen, er hat gar nicht entschieden.
Löws Aufgabe ist es nun jedenfalls, diese unselige, überhitzte und von ihm nicht verkürzte Diskussion um das Kapitänsamt zu den Akten zu legen und seine Mannschaft dazu zu bringen, sich aufs Spiel zu konzentrieren. Zumal er erkannt hat, dass die Spieler "noch nicht ihr hundertprozentiges Leistungsvermögen erreicht" haben. Also macht er das, was jeder Trainer in seiner Situation tun würde. Er lobt den Gegner und dämpft die Erwartungen. "Wir werden auf eine hochmotivierte belgische Mannschaft treffen, die sich im Unterschied zu uns in Ruhe vorbereiten konnte." Und ganz in Völlerscher Manier weist sein De-facto-Kapitän Lahm noch flugs darauf hin, niemand dürfe erwarten, dass die ersten Qualifikationsspiele "so werden können wie gegen Argentinien und England". Von wegen wieder Weltmeisterschaft.
EM-Qualifikation, Gruppe A
Belgien – Deutschland, 20.45 Uhr
Belgien: Bailly (Borussia Mönchengladbach/24/4) - Alsterweireld (Ajax Amsterdam/21/6), van Buyten (Bayern München/32/55), Kompany (Manchester City/24/32), Vermaelen (FC Arsenal/24/29) - Fellaini (FC Everthon/22/21), Simons (1. FC Nürnberg/33/74), Vertonghen (Ajam Amsterdam/23/22) - Hazard (OSC Lille/19/13), Lukaku (RSC Anderlecht/17/3), Dembélé (FC Fulham/23/28)
Deutschland: Neuer (FC Schalke 04/24/11) - Lahm (Bayern München/26/71), Mertesacker (Werder Bremen/25/69), Westermann (Hamburger SV/27/19), Jansen (Hamburger SV/24/35) - Khedira (Real Madrid/23/12), Schweinsteiger (Bayern München/26/81) - Müller (Bayern München/20/8), Özil (Real Madrid/21/17), Podolski (1. FC Köln/25/79) - Klose (Bayern München/32/101)
Schiedsrichter: Hauge (Norwegen)
Quelle: ntv.de