"Schlammschlacht" & "System Zwanziger" Amerell attackiert den DFB
01.03.2010, 13:55 UhrDer mit Belästigungsvorwürfen konfrontierte Ex-Schiedsrichter Manfred Amerell wirft seinem früheren Kollegen Franz-Xaver Wack eine gezielte "Hetzkampagne" gegen ihn vor. Zudem soll DFB-Präsident Theo Zwanziger, "die Öffentlichkeit mit falschen Informationen bedient" und Wack Einsicht in Untersuchungsakten gewährt haben. Der DFB weist das zurück und droht mit rechtlichen Schritten.

Volljurist und DFB-Boss Theo Zwanziger sieht sich harscher Kritik ausgesetzt. Es ist nicht das erste Mal in den vergangenen Monaten.
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Der Anwalt von Ex-Schiedsrichter Manfred Amerell, der von vier Fußball-Referees der sexuellen Belästigung bezichtigt wird, hat den DFB-Präsidenten Theo Zwanziger scharf angegriffen. "Es sind skandalöse Umstände, dass ein Herr Franz-Xaver Wack kommt, zum Präsidenten geht und die ganzen Protokolle bekommt, die wir bis heute nicht kennen", sagte Amerells Anwalt Jürgen Langer in München und sprach von einem "System Zwanziger".
Er ergänzte: "Wir fragen uns, wieso einem Unbeteiligten, der seit zwei Jahren keine Funktion beim DFB mehr hat, intime Details aus Vernehmungsprotokollen zur Einsicht bereitgestellt werden". Wack, der als externer Schiedsrichter-Betreuer beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) tätig ist, sei als "zentrale Figur an einer Verleumdungskampagne beteiligt". Dem DFB warf er vor, in der Affäre "vertuschen und verschleiern" zu wollen. Amerell bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe.
Nur Verlierer
Wack dementierte, Protokolle zur Einsicht bekommen zu haben. "Die Behauptung, dass ich im Fall Amerell in Besitz einer DFB-Akte sei, ist schlichtweg falsch. Der DFB hat mir weder eine Akte überlassen noch jemals Einblick in eine entsprechende Akte gegeben", ließ er über den DFB mitteilen. "Mein Wissen über die Vorgänge habe ich ausschließlich aus den Schilderungen der betroffenen Schiedsrichter, die sich an mich gewandt haben." Ein DFB-Sprecher erklärte: "Fakt ist, dass Herr Wack keinen Einblick in die DFB-Akten bekommen hat. Sollte Herr Langer dies behaupten, wird der DFB dagegen mit einer Unterlassungserklärung vorgehen."

Amerell fühlt sich von Ex-Referee Franz-Xaver Wack gezielt denunziert, damit Wack die Ämter Amerells übernehmen könne.
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Im Münchner Landgericht I ist für Donnerstag (13.00 Uhr) die Verhandlung über den Unterlassungsantrag Amerells angesetzt. Es geht dort auch um die Frage, ob der DFB weiter behaupten darf, "dass Herr Amerell in der Vergangenheit mehrere Personen bedrängt und/oder belästigt hat". Wie nun bekannt wurde, wird die Verhandlung in jedem Fall öffentlich sein. "Aus dieser Geschichte werden nur noch Verlierer herausgehen", sagte Anwalt Langer bei einer Pressekonferenz, an der auch Amerells Ehefrau Margit teilnahm.
Sie berichtete von einem Treffen mit Wack in Augsburg am frühen Samstagmorgen, auf das der Zahnarzt gedrängt haben soll. Wack habe behauptet, "mittlerweile die Vernehmungsprotokolle des DFB gelesen zu haben". "Er hat gesagt, dass er mir jetzt die Wahrheit erzählen muss, dass alles ganz fürchterlich ist", erklärte Margit Amerell. Von insgesamt bis zu zehn Schiedsrichtern sei die Rede gewesen, die Anschuldigungen gegen ihren Mann erhoben hätten. Wack selbst hatte im Fall Amerell am Sonntag von einem "so komplexen Netzwerk" gesprochen, "wo wir selbst noch nicht wissen, ob das schon das Ende ist".
Amerells "Lieblinge" klagen an
Nach der neuesten Medien-Offensive der Amerell-Seite sprach Michael Kempter, der als erster Schiedsrichter Amerell öffentlich belastet hat, von einer "Schlammschlacht". "Die Fakten sind klar", meinte Kempter. Amerell drehe "jetzt alles anders hin". Nach Kempter waren am Sonntag vier weitere junge Referees in die Offensive gegangen, hatten Kempters Behauptungen bestätigt und alle eidesstattliche Versicherungen unterzeichnet. Drei fühlten sich sexuell von Amerell belästigt, ein Vierter will Derartiges auf einem Lehrgang beobachtet haben. Alle wollten anonym bleiben. "Herr Amerell möchte denjenigen in die Augen sehen, die ihn hier beschmutzt haben", sagte Langer. Die Freundschaft zwischen Amerell und Wack war 2005 zu Bruch gegangen, als sich Wack erstmals über Amerell beim DFB beschwert hatte. Vor zweieinhalb Jahren hatte Wack seine Karriere beendet.

Michael Kempter hatte sich im Dezember 2009 mit den Belästigungsvorwürfen gegen Manfred Amerell an den DFB gewandt.
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Obmann Amerell habe sich "die Lieblinge so geschaffen, wie er wollte. Er hat sie auch als Lieblinge bezeichnet gegenüber anderen Schiedsrichtern. Der hat einem das Leben so dermaßen kaputt gemacht und stellt sich jetzt als Opfer hin", hatte ein Referee am Sonntag berichtet. Kempter, der die Causa Amerell ins Rollen gebracht hatte, könnte schon am Freitag wieder auf den Fußballplatz zurückkehren. Der 27-Jährige wurde nach längerer Pause vom DFB für die Zweitliga-Partie zwischen Fortuna Düsseldorf und Greuther Fürth angesetzt. Allerdings ist Kempters Einsatz nach den jüngsten Turbulenzen äußerst fraglich. Zu seiner eventuell bevorstehenden Rückkehr schon in Düsseldorf sagte Kempter: "Ich weiß es nicht, da müssen Sie den DFB fragen."
In der vergangenen Woche waren auch gegen Kempter Belästigungsvorwürfe laut geworden. Er soll sich einem jungen Referee, der in der 3. Liga als Linienrichter aktiv ist, im Mai 2009 in einem Hotel "aktiv mit deutlichen Absichten" genähert haben. Kempter bestreitet das. Er habe mit dem betreffenden Kollegen nach dem Spiel lediglich ein Bier getrunken.
Quelle: ntv.de, cwo/sid/dpa