Schlammschlacht, nächste Runde Amerell will Rache und Geld
06.03.2010, 19:29 UhrDer frühere Schiedsrichterfunktionär Manfred Amerell meldet sich nach seinem Fernsehauftritt am Donnerstag erneut zu Wort – und wiederholt seine Vorwürfe gegen Referee Michael Kempter und den DFB. Dass er auch selbst Fehler gemacht und Pflichtverletzungen begangen hat, erwähnt er am Rande.

Rollentausch: Manfred Amerell ist mittlerweile der Kläger, der die Öffentlichkeit sucht.
(Foto: dpa)
Die Botschaft, die Manfred Amerell über die "Osnabrücker Zeitung" verbreiten will, ist eindeutig: Nach dem Bekanntwerden seiner wie auch immer gestalteten Beziehung zu Referee Michael Kempter möchte Amerell, dass nicht nur seine eigene Laufbahn beim DFB beendet ist, sondern auch die des 27-jährigen Kempter. Und das möglichst für immer. Amerell formuliert das so: "Man muss wissen, wann ein Spiel vorbei ist."
Um den öffentlichen Druck auf den DFB und Kempter zu erhöhen, hat der Augsburger Hotelbesitzer im Privatfernsehen die Glaubwürdigkeit und auch die Unparteilichkeit des jungen Referees mit privaten E-Mails gezielt in Frage gestellt. Für alle, die das Anliegen seines extrem professionellen Auftritts bei Johannes B. Kerner trotzdem nicht richtig verstanden haben, legte Amerell nun in der "Osnabrücker Zeitung" nach. Zu Kempters Karriereaussichten als Schiedsrichter sagte er dem Blatt: "Angesichts seiner Lügen kann ich mir eine Rückkehr nicht vorstellen."
"Die notwendige Distanz verloren"
Diese Einschätzung hat Amerell keineswegs exklusiv. Kempter muss inzwischen mehr erklären, als sich in einem gewöhnlichen "Bild"-Artikel unterbringen lässt. Fraglich ist nur, warum die Öffentlichkeit Amerells Meinung dazu interessieren sollte. Diesem ist offenbar entgangen, dass er jene Glaubwürdigkeit, die er Michael Kempter je nach Medium mehr oder weniger offen abspricht, auch selbst längst verloren hat. Denn jene E-Mail aus dem April 2007, in der sich Kempter auf das Ausscheiden des FC Bayern aus der Champions League freut und die nun den Rekordmeister, den DFB und die DFL alarmiert hat, ist Amerell seit April 2007 bekannt. Gestört hat das den früheren Schiedsrichter-Beobachter nicht, so lange er sich als Teil einer einvernehmlichen und nicht-öffentlichen Beziehung zwischen ihm und Kempter betrachten konnte.
Dass Amerell Opfer seiner Libido geworden ist, räumte er gegenüber der "Osnabrücker Zeitung" offen ein. Er habe "irgendwann die zwingend notwendige Distanz verloren", meinte Amerell und ging dann milde mit sich ins Gericht: "Ich habe in meiner Funktion versagt, weil ich einer menschlichen Schwäche nachgegeben habe." Mittlerweile könne er jedoch wieder in den Spiegel schauen und zumindest sagen: "Mir ist etwas passiert, was nicht hätte passieren dürfen, und ich habe die Konsequenzen gezogen."
Erzwungener Rücktritt
Die Konsequenz, von der Amerell spricht, ist sein Rücktritt von allen Funktionen. Diesen Rücktritt hatte der DFB allerdings mit seiner in jeder Hinsicht inakzeptablen Öffentlichkeitsarbeit erzwungen. Nun erneuerte Amerell seine Kritik am Deutschen Fußball-Bund, der sich zuvor gegen dessen Erpressungsvorwurf verwahrt hatte: "Der DFB hat doch das Grundrecht auf den Schutz des Privatlebens und der Intimsphäre mit Füßen getreten, als er ohne jede Rechtsgrundlage und ohne Information des Betroffenen diese Vorwürfe öffentlich gemacht hat."
In Kempters Vorgehen glaubt Amerell eine Methode zu erkennen: "Vielleicht hat die Nominierung zum FIFA-Schiedsrichter den Ausschlag gegeben, denn der zeitliche Zusammenhang ist auffällig. Am gleichen Tag, als er von diesem entscheidenden Karrieresprung erfahren hat, hat er um den Gesprächstermin beim Schiedsrichter-Ausschussvorsitzenden Volker Roth gebeten." Kempter hatte Schiedsrichter-Obmann Roth am 17. Dezember 2009 von den angeblichen Belästigungen unterrichtet, der DFB die Angelegenheit Wochen später öffentlich gemacht.
Kempter soll zahlen
Amerells Anwalt Jürgen Langer erklärte unterdessen, man werde Kempter auf Schadenersatz verklagen. "Es geht um die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Michael Kempter hat schlicht die Unwahrheit gesagt. Er hat eine Lawine ins Rollen gebracht, in dessen Ergebnis Herrn Amerell ein Riesenschaden entstanden ist", sagte der Münchner Anwalt. Die Streitsumme könne er noch nicht beziffern, auch der Zeitpunkt der Klage-Einreichung müsse "geprüft werden".
Derweil berichtet die "Süddeutsche Zeitung" von einem versuchten Einbruch in die Kanzlei Paproth, Metzler und Partner, die Amerell vertritt. Unbekannte hätten in der Nacht versucht, sich unter Einsatz eines Brecheisens Zutritt zur zu verschaffen, scheiterten aber dabei. "Es gibt hier zwei Türen. Die erste wurde geknackt und die zweite schafften sie nicht", sagte Lutz Paproth: "Es war kein sehr professioneller Versuch."
Diese Einschätzung lässt sich nahtlos auf das Verhalten aller Beteiligten im Fall Amerell/Kempter/DFB übertragen. Dort gibt es, so scheint es, nur Verlierer - und keine Opfer.
Quelle: ntv.de