Ausfälle auf der Tribüne Antisemitismus-Eklat bei Union-Spiel
01.10.2021, 07:33 Uhr
Über dem Olympiastadion wehen in der European Conference League ausnahmsweise die Fahnen von Union Berlin.
(Foto: picture alliance/dpa)
Beim European-Conference-League-Spiel von Fußball-Bundesligist Union Berlin kommt es offenbar zu antisemitischen Aktionen gegenüber Anhängern des israelischen Vereins Maccabi Haifa. Die Gäste loben die "große Gastfreundschaft" der Berliner, die Vorfälle im Stadion sorgen derweil für Ärger.
Nach dem Europapokalspiel in der Conference League zwischen dem 1. FC Union und Maccabi Haifa (3:0) hat das Junge Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft antisemitische Aktionen von Anhängern des Berliner Fußball-Bundesligisten beklagt. "Im gemischten Block wurden wir von Union-Fans bedroht, mit Bier beworfen und unter anderem als 'Scheiß Juden' beleidigt", hieß es am späten Abend bei Twitter. Der "Tagesspiegel" berichtet unter Berufung auf "mehrere Zeugen" von "permanenten Pöbeleien". Daraufhin habe die betroffene Gruppe den Block verlassen.
"Vier Leute von uns sind allerdings im gemischten Block geblieben, einer davon hatte eine Papp-Israelfahne dabei. Ein Union-Fan hat dann versucht, diese anzuzünden", berichtet das Junge Forum bei Twitter weiter. Dies sei durch das Einschreiten von Zivilpolizisten verhindert worden. Zugleich hätten sich andere Berliner Fans gegen das antisemitische Verhalten ausgesprochen, hieß es beim Jungen Forum. Der 1. FC Union Berlin reagierte auf die Vorfälle auf seinem Twitter-Account und forderte die Nennung von Block- und Sitzplatznummern zur Identifizierung der betreffenden Zuschauer. Die Berliner Polizei erklärte, ein "Ermittlungsverfahren wegen Inbrandsetzens einer Handfahne in Verbindung mit Verstoßes gegen § 104 (Beschädigung einer ausländischen Flagge)" eingeleitet zu haben. "Vorhandenes Videomaterial wurde gesichert und wird im Zuge der Ermittlungen ausgewertet."
Wie die Polizei weiter mitteilte, "hat ein Mann nach Beendigung des Spiels mehrfach "Sieg Heil" gerufen. Ihm wurde vorläufig die Freiheit entzogen. Nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen konnte er seinen Weg fortsetzen und muss sich nun wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verantworten."
Das Gastspiel von Maccabi Haifa war der erste Auftritt einer israelischen Fußball-Mannschaft in dem von den Nationalsozialisten anlässlich des für die Olympischen Spiele 1936 erbauten Berliner Olympiastadions. Union Berlin darf wegen UEFA-Regularien zu Zuschauerkapazitäten seine Heimspiele nicht im eigenen Stadion an der Alten Försterei im Stadtteil Köpenick bestreiten.
Maccabi lobt "tolle Gastfreundschaft"
Maccabi Haifa äußerte sich zu den Vorwürfen noch nicht, lobte aber die generell friedliche Atmosphäre. "Vielen Dank für die tolle Gastfreundschaft. Es war ein aufregendes Spiel vor eurem und auch vor unserem Publikum und auch in diesem Stadion, das seine Bedeutung hat. Vielen Dank und auf ein Wiedersehen in Israel", schrieb der israelische Meister bei Twitter.
Während der Partie herrschte unter den 23.324 Zuschauern eine überwiegend euphorische Stimmung. Rund 1000 Haifa-Fans feuerten ihr Team ebenso leidenschaftlich an, wie die Union-Fans ihre Mannschaft. Am Spieltag hatte eine hochrangige Delegation der Eisernen die Gäste aus Israel im eigenen Stadion empfangen. Am Mittwoch hatten Vertreter von Maccabi Haifa das Holocaust-Mahnmal in Berlin besucht und einen Kranz niedergelegt.
Das Junge Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft forderte im Nachgang des Spiels ein klares Vorgehen gegen antisemitische Vorfälle in Fußball-Stadien gefordert. "Vielen Dank für die Welle der Solidarität online und an die Union-Fans, die sich im Stadion mit uns solidarisiert haben! Der Großteil der Unioner hat Maccabi freundschaftlich empfangen und mit ihnen den Fußball gefeiert. Wir erwarten aber auch, dass gegen #Antisemitismus im Stadion konsequent vorgegangen wird, damit dies auch weiterhin möglich ist. Für diskriminierungsfreien Fußball!", teilte die Organisation bei Twitter mit. Union Berlin kündigte für im Laufe des Tages eine Stellungnahme zu den Vorfällen an. Man suche den Kontakt zu den betroffenen Personen, hieß es von Vereinsseite. Auch die Berliner Polizei wollte sich noch zu den Ereignissen äußern.
Quelle: ntv.de, ter/dpa