Fußball

Härtefall Kevin Kuranyi Auch Max plädiert für Gnade

Seit dem Torhüter-Duell zwischen Oliver Kahn und Jens Lehmann hat keine Personalie in der Nationalmannschaft derartige Debatten ausgelöst wie jetzt die um Kevin Kuranyi. Dabei haben solche Diskussionen Tradition. Das weiß auch Martin Max, der einst als Torschützenkönig nicht zur WM durfte - und sich jetzt für Kuranyi ausspricht.

Martin Max wurde von Rudi Völler einst schmählich verschmäht, obwohl er Bundesliga-Torschützenkönig war.

Martin Max wurde von Rudi Völler einst schmählich verschmäht, obwohl er Bundesliga-Torschützenkönig war.

(Foto: dpa)

Lothar Matthäus, Mehmet Scholl und Martin Max - diese drei Fußballprofis waren in der jüngeren Vergangenheit die größten Streitfälle, als es darum ging, einen EM- oder WM-Kader aufzustellen. Der Grund: im Fußball sind die Leistungen - im Gegensatz zu Sportarten wie Schwimmen oder Leichtathletik - oft nur schwer messbar. Und selbst wenn sie messbar sind, beispielsweise bei Stürmern an Toren, muss das noch nicht viel heißen. Keiner weiß das besser als Martin Max. Mit bescheidenem Talent gesegnet, dafür aber mit einem ausgeprägten Torriecher, gewann Max 2002 mit 18 Toren gemeinsam mit Dortmunds Marcio Amoros die Torschützenkrone in der Bundesliga.

Dem damaligen Bundestrainer Rudi Völler lieferte er somit eine eine handfeste Bewerbung für die WM in Japan und Südkorea. Völler erbarmte sich dann auch,  den Stürmer von 1860 München gegen Argentinien vorspielen zu lassen, für acht Minuten. Bei der Nominierung ließ er ihn dann wieder links liegen. Der Teamchef zog Null-Tore-Stürmer Carsten Jancker vom FC Bayern vor und erklärte damals: "Martin war logischerweise ein Härtefall aufgrund seiner Tore. Aber ich bin von Carstens Fähigkeiten und Qualitäten überzeugt."

Beinlich, der Trottel

Vor der EM 2000 hieß der große Verlierer in der Offensiv-Abteilung Oliver Neuville: Erich Ribbeck strich den Leverkusener ebenso aus dem Kader wie seinen Vereinskollegen Stefan Beinlich. "Ich war so geschockt, dass ich noch nicht einmal gefragt habe, warum ich nicht dabei bin, ich Trottel", sagte der perplexe Beinlich damals.

Das Gefühl kennt auch Kuranyi: Er wurde 2006 nicht für die Heim-WM nominiert - und war am Boden zerstört. Mit 17 Treffern führt der gebürtige Brasilianer jetzt die Bundesliga-Torschützenliste an, hat aber nach seiner Ausreißaktion beim WM-Qualifikationsspiel im Oktober gegen Russland schlechte Karten. Soll ihn Löw entgegen seiner ursprünglichen Ankündigung doch wieder aufnehmen?

Im Moment keine Männerfreunde: Jogi Löw und Kevin Kuranyi.

Im Moment keine Männerfreunde: Jogi Löw und Kevin Kuranyi.

(Foto: dpa)

Seit Tagen wird dies an Stammtischen, in Kommentaren und Fußballstadien diskutiert. Franz Beckenbauer ist gegen "lebenslang": "Wenn Jogi Löw über seinen Schatten springt, verdient er vollsten Respekt und keine Kritik. Das wäre kein Umfallen, sondern eine weise Entscheidung", meinte der "Kaiser". Martin Max sieht es ähnlich: "Löw würde doch Größe zeigen, wenn er ihn mitnimmt." Er ist überzeugt: "Kuranyis Leistung spricht für sich. Ich würde ihn mitnehmen."

Schweinsteiger ist pessimistisch

Bastian Schweinsteiger sieht jedoch wenig Chancen für ein Südafrika-Ticket für Kuranyi: "Ich glaube nicht, dass der Bundestrainer sich da ändern wird von seiner Entscheidung, die er getroffen hat", sagte der Nationalspieler des FC Bayern im Bayerischen Fernsehen. Der Bundestrainer schweigt sich aus. Diesmal steht Löw alleine in der Verantwortung: Vor der WM in Deutschland erlebte und entschied er mit, als Jürgen Klinsmann Oliver Kahn degradierte und Jens Lehmann zur Nummer eins im deutschen Tor machte.

Heiß diskutiert war 2006 auch der Fall Mehmet Scholl. Der Dribbelkünstler, so viele Experten, hätte der Nationalmannschaft spielerische Impulse verleihen können. Doch Verletzungen stoppten das Riesentalent auch diesmal. "Wir freuen uns über Mehmet Scholls Spiele, die er beim FC Bayern macht. Aber für uns haben die Spieler Priorität, die auch hier bei dem Fitnesstest dabei sind", sagte Bundestrainer Jürgen Klinsmann schon vor der Nominierung und erteilte den öffentlichen Forderungen eine Absage. Und so ist Scholl zwar gemeinsam mit Kahn der einzige Spieler, der achtmal deutscher Meister war. Bei einer WM durfte er jedoch nie vorspielen. Anders hatte sich 2000 Ribbeck entschieden, als er beim 34 Jahre alten Spielmacher Thomas Häßler eine Rückholaktion startete.

Das Resultat ist bekannt: Deutschland schied mit einem Punkt und 1:5 Toren in der Vorrunde aus. Erich Ribbeck und sein Hütchenaufsteller Uli Stielike wurden fortan nicht mehr gesehen.

Quelle: ntv.de, dpa

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