Trainer Keller kämpft gegen ein Phantom Auf Schalke regiert nur noch der Frust
11.12.2013, 15:53 Uhr
Schalke-Coach Jens Keller nach der Niederlage in Gladbach. Der Frust über die Leistungsschwankungen des Teams hat sich aufs Schalker Gemüt gelegt.
(Foto: dpa)
Statt sich zu freuen, dass es für sie in der CL noch um etwas geht, ist die Laune bei eher mau. Zu groß ist die Angst, im selbstverschuldeten Endspiel gegen Basel das Achtelfinale zu verpassen. Jens Keller gilt längst als Trainer auf Abruf, Thomas Schaaf als möglicher Nachfolger.
FC Schalke: Fährmann - Uchida, Höwedes, Santana, Kolasinac - Matip, Neustädter - Farfán, Boateng, Draxler - Szalai
FC Basel: Sommer - Voser, Schär, Iwanow, Xhaka - Serey Dié - Salah, Elneny, Frei, Stocker - Streller
Schiedsrichter: Paolo Tagliavento
Fußball auf Schalke scheint derzeit eine freudlose Angelegenheit zu sein. Dabei spielen die Gelsenkirchener doch (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) gegen den FC Basel um den Einzug ins Achtelfinale der Champions League. Ein mit mehr als 54.000 Zuschauern ausverkauftes Stadion, Flutlicht, der Sieger darf sich zu den 16 besten Mannschaften Europas zählen und bekommt obendrein viereinhalb Millionen Euro - eigentlich ist das eine prima Sache. Doch beim FC Schalke 04 herrscht eher Angst davor, dass es im durch das blamable 0:0 in Bukarest selbst verschuldeten Endspiel nicht zum Sieg gegen den Meister aus der Schweiz reicht. Der hat in Gruppe E zweimal den FC Chelsea besiegt und einen Punkt mehr auf dem Konto. Bei einem Unentschieden oder einer Niederlage würde es für die Schalker im kommenden Jahr nur in der Europaliga weitergehen.
Und für Trainer Jens Keller womöglich gar nicht mehr. Exakt 360 Tage nachdem er das Amt von Huub Stevens übernommen hat, gilt er als angezählt. Es ist die traurige Geschichte eines glücklosen Mannes, der besser ist, als er sich verkauft. Einer, der vom Fußballspielen viel versteht, aber ganz bestimmt kein Entertainer ist. Der mit dem FC Schalke in der vergangenen Saison Platz vier erreichte und sich über die Ausscheidungsspiele gegen PAOK Saloniki für die Königklasse qualifizierte - und dennoch vom ersten Tag an als Trainer auf Abruf galt.
Heldt überschreitet die Grenze
Fast scheint es so, als habe er sich daran gewöhnt. Er will sich nichts anmerken lassen und gibt sich tapfer: "Ich versuche, den Fokus auf die Mannschaft zu legen und mir keine Energie rauben zu lassen." Immer klappt das nicht - wie Manager Horst Heldt bei der Pressekonferenz vor dem Spiel ungefragt und ohne es mit Keller abzusprechen berichtete. "Sein Sohn ist in der letzten Woche in der Schule in eine Rangelei geraten, weil seine Mitschüler nicht zwischen privat und Beruf unterscheiden konnten. Das schockiert einen, da wird eine Grenze überschritten."
Der Manager selbst kann dagegen ganz gut zwischen Arbeit und Privatem trennen. Auch er dürfte erkannt haben, dass Keller es nie geschafft hat, auf Schalke so etwas wie eine positive Stimmung zu erzeugen. Und der sich jetzt fragen lassen muss, was sein Plan mit einer Mannschaft ist, die konstant inkonstant spielt und beinahe jedem einigermaßen guten Spiel ein schlechtes folgen lässt. Was insofern für heute ein schlechtes Omen ist, als dass sich die Schalker bei der 1:2-Niederlage in Mönchengladbach am Wochenende zumindest nicht blamiert haben. Nationalspieler Julian Draxler hat das Dilemma im "Kicker" so beschrieben: "Im Prinzip kriegen wir das hier ja schon seit Jahren nicht in den Griff."
Thomas Schaaf gilt als Kandidat
Aus dem DFB-Pokal sind die Schalker in peinlicher Manier gegen die TSG Hoffenheim ausgeschieden, in der Bundesliga stehen sie auf Rang sechs mittlerweile sieben Punkte hinter dem anvisierten Platz vier, der zur Qualifikation zur Königsklasse berechtigt. Die Diskussion über Kellers Nachfolger läuft. Die "Bild"-Zeitung will erfahren haben, dass Thomas Schaaf ein Kandidat ist. Der ehemalige Meistertrainer des SV Werder Bremen ist seit dem 15. Mai dieses Jahres interimsweise im Ruhestand, mit 52 Jahren aber viel zu jung, um es dabei bewenden zu lassen. Schaaf schweigt natürlich, die Schalker sagen dazu auch nichts.
Sportvorstand Heldt, der Keller vor einem Jahr vom B-Jugendtrainer zum Chef befördert hatte, hatte sich nur eine allenfalls halbherzige Jobgarantie abringen lassen: "Wir werden alles daran setzen, um erfolgreich zu sein, und dann werden wir sehen, wie die Situation nach dem Nürnberg-Spiel ist.“ Die Bundesligapartie beim Tabellenvorletzten am 21. Dezember ist die letzte in diesem Jahr. Vor der Alles-oder-Nichts-Partie gegen Basel mochte er nichts Konkretes sagen: "Zu Worst-Case-Szenarien äußere ich mich erst, wenn sie eintreten. Was wäre wenn ist jetzt vor dem Spiel kein Thema." Benedikt Höwedes nahm den Ball brav auf. "Natürlich ist die Trainerdiskussion auch in der Mannschaft ein Thema. Aber wir wollen mit Jens Keller in das Achtelfinale einziehen." Der Kapitän versprach: "Wir wissen, was zu tun ist. Der Trainer wird uns richtig einstellen. Egal wie, ob wir schön spielen oder nicht - wir müssen weiterkommen."
Heldt gibt sich wohl auch deshalb so zurückhaltend, weil er ganz genau weiß, auf wen die Schalker Misserfolge auch zurückfallen. Schließlich hat er nicht nur Keller protegiert, sondern auch 25 Millionen Euro in Spieler investiert, die nicht das hielten, was sie sich in Gelsenkirchen von ihnen versprochen hatten. Kevin-Prinz Boateng gilt zwar als einer, der die Mannschaft mitreißen kann, nur ist er wegen seiner Probleme mit dem linken Knie selten richtig fit. Angreifer Adam Szalai hat trotz seiner fünf Tore in der Liga noch nicht richtig Fuß gefasst, Christian Clemens und Felipe Santana enttäuschen, wenn sie denn spielen. Und Bochums Jahrhunderttalent Leon Goretzka sitzt meist auf der Bank. Kurzum: Auch für den Manager wäre ein Sieg gegen Basel wichtig. Alles andere wäre eine freudlose Angelegenheit. Und würde nur für noch mehr Schalker Frust sorgen.
Quelle: ntv.de