"Für immer Westfalenstadion"? BVB-Sponsor wütet gegen Fans auf der Südtribüne
19.04.2023, 16:30 Uhr
Wie nennen die Dortmunder Fans ihr Stadion?
(Foto: picture alliance / firo Sportphoto)
Der moderne Fußball hat schon allerhand Witze produziert. Unvergessen der vom Hamburger Stadion, das immer die "AOL-Arena" bleiben wird. Die Namensrechte der Bundesligastadien sind längst fast alle verkauft. Nur die Fans erinnern sich an die alten Namen. Ein BVB-Sponsor will das nicht mehr ertragen.
Ohne die Südtribüne wäre Borussia Dortmund nicht denkbar. Die gigantische, schwarzgelbe Wand ist ein Welterbe des Fußballs. Ihr sind Dokumentationen, Bücher und unzählige Texte in allen Sprachen gewidmet. Die Südtribüne ist ein Sehnsuchtsort des Fußballs. Aber es ist gänzlich unklar, wo sie überhaupt steht. Im Westfalenstadion oder im Signal Iduna Park? Über diese Frage ist dieser Tage ein riesiger, ein skurriler Streit entbrannt. Der Auslöser: Eine seit weit über einem Jahrzehnt jährlich dargebotene Choreografie der Fans auf eben jener Südtribüne.
Die Dortmunder Fans hatten vor dem Spiel gegen Union Berlin Anfang April unter dem Motto "Für immer Westfalenstadion" an die offizielle Eröffnung des Stadions am 2. April 1974 erinnert. Eine Dortmunder Tradition. Eine Tradition, die Jahr für Jahr über die Sozialen Medien bis in den letzten Winkel der Fußballwelt strahlt und den Namen auch dadurch weiterleben lässt. Es ist aber auch eine Tradition, die nun dem Vorstandsvorsitzenden der Signal Iduna, Ulrich Leitermann, sauer aufgestoßen ist. "Für uns war das ein einziges Ärgernis", erklärte der Versicherungsboss in den Dortmunder "Ruhr Nachrichten": "Man darf die mediale Wirkung einer solchen Choreografie nicht unterschätzen. Das lief sogar in der Tagesschau."
Immerhin nicht der FC Dortmund im Beate-Uhse-Stadion
Fakt ist: Das Dortmunder Westfalenstadion wurde für die Fußball-Weltmeisterschaft 1974 gebaut und dann im Zuge der drohenden Insolvenz der Borussia im Jahr 2005 in Signal Iduna Park umbenannt. Zumindest offiziell. Es waren dringend benötigte Einnahmen, die dem Verein das Überleben sicherten. Die Fans der Borussia freuten sich über die Rettung, waren vielleicht sogar glücklich über den neuen Namen. Nicht, weil er ihnen so gut gefiel, sondern weil rund um den Verkauf der Namensrechte ganz andere Sponsoren- und auch Vereinsnamen genannt wurden.
So hatte der damalige Investor Florian Homm Pläne, Borussia Dortmund in den FC Dortmund umzubenennen und diesen Verein dann im Beate-Uhse-Stadion spielen zu lassen. Dazu kam es nicht. Das lokale Versicherungsunternehmen wurde zu einem der Retter der Borussia, sorgte sogar dafür, dass die blauweißen Farben der Versicherung nicht am Stadion selbst zu sehen sind. Seither heißt das Westfalenstadion nun also zumindest offiziell Signal Iduna Park, doch die Fans bewahren die Erinnerungen an den alten Namen, sorgen dafür, dass der nicht in Vergessenheit gerät. Die eigentlich friedliche Koexistenz beider Namen stellt Leitermann jetzt jedoch infrage. Er hat, wie man im Ruhrgebiet sagt, den Kaffee auf.
"Wir haben Rücksicht genommen auf die Fans damals", sagt Leitermann und spricht von einem "heftigen Rückschlag" für die Bemühungen des Unternehmens, "weil diese Darstellung auch wieder Bilder erzeugt in den Köpfen der Menschen." Beinahe verzweifelt wendet er sich an die, die sich an den offiziellen Namen auch nach über 17 Jahren nicht gewöhnen wollen. Noch hat er Hoffnung: "Ich kann nur an die Fans appellieren, und ich weiß, es ist ja gar nicht die gesamte Südtribüne: Akzeptiert doch die Verhältnisse, die wir haben."
Signal-Iduna-Boss unversöhnlich
Bis 2031 ist Signal Iduna mindestens noch Namensgeber für das Dortmunder Stadion, das nicht mehr Westfalenstadion heißen soll. Zudem ist die Versicherung mit rund sechs Prozent an der KGaA der Borussia beteiligt und zählt somit zu den großen Sponsoren des Bundesligisten. Vorerst sind die Fronten zwischen dem Unternehmen und den Fans des BVB jedoch verhärtet. Einen "Traditionsspieltag" mit dem Namen Westfalenstadion werde es gewiss nicht mehr geben, schimpft Leitermann. "Diese Chancen haben sich die Fans genommen, dieser Tag ist verbrannt."
Das Interview in den "Ruhr Nachrichten" löste bei den Dortmunder Fans und auch denen anderer Vereine Kopfschütteln aus. Ist es doch auch zum Beispiel für Anhänger von Werder Bremen oder die Fans des VfL Bochum eher unvorstellbar, ihre Heimspielstätten mit anderen Namen als Weser- oder Ruhrstadion zu benennen. Wie das Dortmunder Stadion stehen auch sie an ihrem ursprünglichen Ort und wurden weit vor dem Verkauf der Namensrechte zu einer echten Heimat für die Fans der Vereine.
Am kommenden Samstag spielt Borussia Dortmund im heimischen Stadion gegen Eintracht Frankfurt, deren altes Waldstadion seit Jahren immer wieder neue Namen trägt, die sich kaum jemand merken kann oder will. Es muss davon ausgegangen werden, dass die gigantische gelbe Wand im Süden des sogenannten Signal Iduna Parks den ursprünglichen Namen des Stadions mehrfach nennen wird. Vorstandsboss Leitermann sollte besser nicht in Richtung der Tribüne schauen, sonst würde es ihm einen weiteren Tag verhageln.
Denn schlechte Laune hat er in den letzten Wochen womöglich ohnehin zuhauf. Erst kürzlich wurde bekannt, dass das Dortmunder Stadion, um die Verwirrung perfekt zu machen, während der Europameisterschaft 2024 "BVB Stadion Dortmund" heißen wird. Weil die UEFA, wie auch die FIFA, keine Namen mit Erwähnung eines Werbepartners erlaubt. "Das ist eine Frechheit", wütete Leitermann. "Was bilden sich UEFA und FIFA eigentlich ein? Ich weiß, die haben ihre eigenen Verträge. Aber sie nehmen keinerlei Rücksicht." Immerhin, atmete der Versicherungsboss auf, bleibe der Name des Klubs erhalten.
Quelle: ntv.de